0036 - Die Nacht des Feuergottes
noch nicht alles gewesen sein. Das war erst der Beginn gewesen. Der Dämon hatte unser Boot erst einmal manövrierunfähig gemacht, und nun würde er in den nächsten Minuten erneut zuschlagen.
Mit größerer Gewalt – das war zu befürchten.
Ich hörte meinen Freund husten und spucken und sah erst jetzti daß der Platz am Steuer verwaist war.
Suko war über Bord gegangen!
Der Chinese schwamm in einer Entfernung von etwa zehn Yard. Plötzlich machte ich eine Wahrnehmung, die mir das Blut in den Adern gerinnen ließ…
Ein grauer Schatten schoß durch die Fluten. Genau auf meinen Freund zu. Der gefährliche Schatten war mehr als zwei Meter lang.
Ich hatte noch nie einen Nicaragua-Hai gesehen. Dennoch wußte ich sofort, daß das einer war…
***
Zehn Yard! Eine entsetzlich weite Entfernung für den Chinesen. »Suko, paß auf!« schrie ich meinem Partner zu. »Rechts von dir! Ein Hai!«
Suko versuchte nicht erst, vor der tödlichen Bestie zu fliehen. Er wußte, daß er nicht schneller als der Hai schwimmen konnte. Blitzschnell wandte er sich um. Er zückte sein Springmesser, pumpte die Lungen mit Luft voll und tauchte. Mit kraftvollen Schwimmzügen arbeitete er sich unter der Wasseroberfläche vorwärts. Er schwamm dem hungrigen Scheusal entgegen.
Der Hai wich noch einmal aus. Aber dann griff er unvermittelt an. Gewandt sauste er auf den Chinesen zu. Das Maul mit den schrecklich spitzen Zähnen war weit aufgerissen.
Sukos Bewegungsfreiheit war im Wasser schwer beeinträchtigt. Dennoch gelang es ihm, sich vor dem bleich schimmernden Haigebiß in Sicherheit zu bringen. Der blutgierige Hai verfehlte ihn nur knapp.
Suko stieß mit dem Messer zu.
Die blitzende Klinge bohrte sich hinter dem Kopf des Hais tief in den Leib. Blut färbte das Wasser. Peitschend flog der Schwanz der Bestie hin und her. Die Gischt spritzte hoch.
Wassertropfen klatschten mir ins Gesicht. Ich hatte längst meine Beretta gezogen. Es wäre nicht nötig gewesen, auf den Hai mit geweihten Silberkugeln zu schießen, denn in ihm wohnten keine Kräfte des Bösen. Aber es war keine Zeit, die Waffe mit normalen Kugeln zu laden.
Der verletzte Hai warf sich kraftvoll herum.
Es bestand Gefahr, daß ich Suko traf, wenn ich in diesem Augenblick abgedrückt hätte, deshalb zögerte ich. Bange Sekunden verstrichen.
Der gefährliche Nicaragua-Hai schnappte abermals nach meinem Freund. Suko gelang es, dem hungrigen Killer eine zweite Verletzung beizubringen. Der Hai drehte sich blitzschnell um die eigene Achse.
Er bot Suko für einen kurzen Augenblick seinen hellen Bauch. Der Chinese stach sofort wieder zu. Das Tier peitschte das Wasser. Es kam wie eine Rakete aus dem See geschossen.
Ich richtete die Beretta auf den glitzernden Leib und feuerte. Die Kugel saß unter der Rückenflosse. Der Hai krümmte sich und tauchte im nächsten Moment wieder ins Wasser.
Sein Biß zerfetzte Sukos Hemd.
Der Chinese quittierte diesen Angriff mit einem weiteren Messerstich. Mehr und mehr Blut rötete das Wasser. Ich deutete Suko, er solle zur Seite schwimmen.
Ich zielte im Beidhandanschlag auf den verletzten Mörder, hatte seinen flachen Kopf genau im Visier – und drückte ab. Noch einmal bäumte sich die gefährliche Kreatur auf.
Sie jagte aus dem Wasser, überschlug sich rücklings und versank dann. Suko beeilte sich, zum Boot zu kommen. Das Blut des getöteten Hais konnte sehr schnell andere Haie anlocken.
Ich zerrte meinen Freund keuchend ins Boot. Er sank klatschnaß auf den Boden und versuchte sich zu sammeln. »Meine Güte«, stieß er heiser hervor. Er schüttelte überwältigt den Kopf. »Das wäre fast ins Auge gegangen.«
»Du hast dem Hai einen hervorragenden Kampf geliefert.«
Suko feixte. »Das mußte ich wohl. Oder hatte ich eine andere Chance?«
Ich war froh, daß mein triefnasser Freund seinen Humor wiedergefunden hatte. Doch dann meldete sich mein Mißtrauen wieder. Ich fragte mich, warum der Dämon seine Angriffe nicht fortsetzte.
Genügte es ihm etwa, unser Motorboot manövrierunfähig gemacht zu haben? Hatte er uns nur mal gründlich demonstrieren wollen, wie gefährlich es war und wie wenig ernst er uns beide als Gegner nahm?
Die Schüsse hatten die Fischer alarmiert. Sie steuerten mit ihren Kuttern auf uns zu, nahmen uns an Bord und unser Motorboot ins Schlepptau.
Als ich ihnen von Sukos Kampf mit dem Nicaragua-Hai erzählte, schauten sie mich ungläubig an. Sie hielten mich für einen Angeber. Ich konnte es ihnen nicht
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