0036 - Die Nacht des Feuergottes
prallte gegen einen Stalaktiten. Er spreizte die Arme, um nicht zu fallen. Seine Hand berührte dabei einen der Tropfsteine. Erschrocken riß er sie sofort wieder zurück.
Der Stein war nicht mehr hart und kalt.
Er war weich. Und er war von unheimlichem Leben durchpulst.
Marion McNally erreichte den Freund. Schweiß rann ihm über das Gesicht. Er wollte nicht sterben. Er hatte noch so viele Pläne.
Ein Zischen erfüllte mit einemmal das bizarre Geisterreich. In der nächsten Sekunde schossen aus den Tropfsteinen spindeldürre Arme. Sie waren bleich und gehörten keinen Menschen, obwohl Jewesbury und McNally schmale Hände mit dünnen, klauenartigen Fingern bemerkten.
Ehe sie sich des Zugriffs entziehen konnten, wurden die Schriftsteller von einer Vielzahl von Händen gepackt.
Jewesbury und McNally bäumten sich schreiend auf. Ihre Gesichter waren von unmenschlicher Anstrengung verzerrt. Sie versuchten sich aus der scheußlichen Umklammerung herauszuwinden, doch je mehr sie sich anstrengten, desto fester griffen die Geisterhände zu.
Bald blieb den beiden Männern keine Bewegungsfreiheit mehr.
Ihr Herz trommelte gegen die Rippen. Sie starrten dem Feuergott entsetzt entgegen, als er mit langen Schritten auf sie zukam.
Ein triumphierendes Grinsen lag um seinen grausamen Mund.
»Dies ist der Beginn eures Sterbens!« sagte der Dämon gehässig.
Kevin Jewesbury ließ resigniert den Kopf hängen – und Marion McNally wünschte sich in diesem schrecklichen Augenblick, diesen Bericht in den Mystery News niemals gelesen zu haben.
Es wäre ihnen vieles erspart geblieben…
***
Wir fuhren mit dem Wagen, so weit es ging. Die Laguna de Nejapa ist ein Mineralwassersee. Er liegt in einer romantischen Gegend, in der man den Frieden mit vollen Lungen einatmen kann. Auch dieser schöne, idyllische Ort würde vom Bösen vergiftet werden, wenn wir nichts dagegen unternahmen.
Alicia Montilor hatte uns den Weg zu Mark van Pallandt haargenau beschrieben. Wir gingen ihn, als wären wir nicht zum erstenmal hier. Alicias Angaben stimmten bestens.
Sie hatte zunächst mit uns zu dem greisen Missionar gehen wollen, aberdann hatte sie eingesehen, daß es nicht gut gewesen wäre, den alten Mann so zahlreich zu überfallen.
Er war so viel Besuch bestimmt nicht gewöhnt. Wir wollten ihn auf keinen Fall verärgern. Schließlich waren wir auf seine Hilfe angewiesen. Während wir durch den dichten Wald schritten, fragte ich mich, was für eine Art von Waffe der holländische Missionar in seinem Besitz hatte.
Wenn es uns gelang, sein Vertrauen zu gewinnen, würde er uns die Waffe bestimmt überlassen, denn wir hatten die Absicht, sie in seinem Sinne zu verwenden.
Wir hatten in der Stadt Wein und Essen eingekauft, um nicht mit leeren Händen zu dem alten Mann zu kommen.
Der Pfad, den wir im Kraterwald entlangeilten, stieg nun steil an und wurde merklich schmäler. Wir konnten nicht mehr nebeneinander gehen. Ich übernahm die Führung.
In den Zweigen eines mächtigen Baumes schlug ein Vogel an. Er bekam Antwort, die von weither kam.
Da wir ziemlich schnell marschierten, keuchten wir. Der Pfad verwandelte sich vom ursprünglichen Spazierweg zur beschwerlichen Klettertour. Mark van Pallandt hatte sich wirklich in den entlegensten Winkel dieses weiten Kraters zurückgezogen.
Eine Stunde verging. Ich wischte mir den Schweiß vom Gesicht und blieb einen Moment stehen. Ich wandte mich zu Suko um. Auch er schwitzte.
»Jetzt kann es nicht mehr weit bis zu van Pallandts Hütte sein«, sagte ich.
»Vielleicht sind wir daran schon vorbeigelaufen«, maulte der Chinese.
Ich schüttelte den Kopf. »Wir sind noch nicht an der Quelle vorbeigekommen, von der Alicia gesprochen hat.«
»Angenommen, die Quelle ist kürzlich versiegt.«
»Das wollen wir doch nicht hoffen.«
Ich ging weiter, und Suko blieb mir dicht auf den Fersen.
Kurz darauf erreichten wir die Quelle. Wir wuschen uns das Gesicht und tranken von dem kühlen, erquickenden Wasser. Von da an hatten wir noch fünf Minuten zu gehen.
Dann hatten wir unser Ziel erreicht.
Die Bretterhütte war zwischen Bäume eingekeilt, damit sie nicht umfallen konnte. Sie lehnte sich an den Hang. Vor dem Eingang hing ein struppiges Ziegenfell.
Ich schlug an den rissigen Türrahmen und rief den Namen des Missionars. Da ich leidlich holländisch spreche, redete ich in der Muttersprache des greisen Mannes, um ihn mir auf Anhieb gewogen zu machen.
Das Fell wurde zur Seite gedrückt, und ein
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