0036 - Die Nacht des Feuergottes
hatte sie geschlossen. Vielleicht Alicia, die nicht wußte, daß sich Fraval hier unten im Keller aufhielt?
Der Hotelbesitzer liebte die Dunkelheit nicht. Er hatte schon als kleiner Junge immer Angst vor der Finsternis gehabt, und daran hatte sich bis zum heutigen Tage nichts geändert.
Wenn er die Hand nicht vor den Augen sehen konnte, beschlich ihn immer noch ein flaues Gefühl.
Die Urangst vor der Dunkelheit, die sich in jedem Menschen befindet, war in Fraval besonders ausgeprägt.
Er strich sich mit einer fahrigen Handbewegung über das Haar. Er konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, daß die Finsternis eine. Vielzahl von Gefahren in sich barg.
Deshalb beschloß er, den Keller augenblicklich zu verlassen und erst zurückzukehren, wenn das Licht wieder funktionierte.
Obwohl er schon ungezählte Male hier unten gewesen war, stolperte er nun durch die Dunkelheit, als wäre ihm die Örtlichkeit nicht im mindesten vertraut.
Plötzlich strich ihm etwas über den Nacken. Heiß!
Er zuckte mit einem heiseren Aufschrei herum und sah, daß er von einem glühenden Augenpaar angestarrt wurde. Wie von Furien gehetzt rannte Jean-Claude Fraval los.
Sein Herz schien mit einemmal hoch oben im Hals zu schlagen. Panik explodierte in seinem Kopf. Kalter Schweiß brach ihm aus allen Poren.
Teufel, er hatte sich so sicher gefühlt, seit Sinclair die Dämonenbanner angebracht hatte.
So sicher, daß er auch hier unten mit ihrer Wirkung gerechnet hatte.
Er war schrecklich enttäuscht worden!
Verzweifelt suchte der Hotelbesitzer seinen Weg zur Kellertreppe zu finden. Er stolperte über einen Eimer, der klappernd umfiel. Jean-Claude Fraval landete hart auf dem Betonboden.
Er schlug sich die Stirn blutig, zog die Beine zitternd an, wagte sich nicht umzublicken, sprang wieder auf und lief weiter.
»Hilfe!« schrie er, so laut er konnte. »Hilfe! Hiiilfeee!«
Doch das Böse sorgte dafür, daß das Geschrei oben nicht zu hören war.
Abermals fiel Fraval.
Seine Hände ertasteten einen Besen. Sofort umklammerte er den Stiel. Auf diese Weise bewaffnet, schnellte er keuchend heran. Er wollte sich verteidigen. Die Glutaugen kamen langsam näher.
Jean-Claude Fraval stieß mit dem Besen zu. Er traf die leuchtenden Punkte. Der Besen ging sofort in Flammen auf. Er verkohlte innerhalb weniger Sekunden.
Fraval wich Schritt um Schritt zurück. »Nein!« stöhnte er verzweifelt. »Nein! Um alles in der Welt…«
Er rang die Hände, doch all sein Flehen um Schonung nützte nichts.
Der Feuergott machte auch ihn zu seinem Diener. Nachdem dies geschehen war, erhielt Fraval den Befehl:
»Töte Sinclair!«
Der Hotelbesitzer nickte langsam. »Ja, Meister. Ich werde es tun. Du hast mich zu deinem Diener gemacht. Und ich werde John Sinclair für dich töten!«
***
Wir brachten die Custodia wie eine unbezahlbare Kostbarkeit in unser Hotel. Ich legte das Gefäß auf mein Bett. Es war ein prachtvoller Behälter. Die weißen Topase schienen milchig zu strahlen. Allein die Berührung des Gefäßes stärkte uns und unseren Mut. Der Anblick der wertvollen Custodia machte uns zuversichtlich, daß wir mit dem Feuergott fertigwerden würden.
Wir zweifelten keine Sekunde daran, daß wir den Dämon besiegen konnten. Diese Zuversicht pflanzte uns jene seltsame Waffe ins Herz, die uns Mark van Pallandt überlassen hatte.
Nun mußten wir uns seines Vertrauens würdig erweisen.
Ich wies auf einen Stuhl und sagte zu Suko: »Setz dich. Wir müssen über die nächsten Schritte beraten.«
Doch dazu kam es nicht. Suko saß noch nicht einmal, da hämmerte jemand ungestüm mit der Faust an die Zimmertür.
»Ja, bitte?« rief ich.
Die Tür wurde aufgerissen, und Alicia Montilor kam hereingestürmt. Angst und Entsetzen entstellten ihr attraktives Gesicht. Sie befand sich hart am Rand der Hysterie.
Ihr unruhiger Blick fiel auf die Custodia. Dann platzte es aus ihr heraus: »Mein Gott, Mr. Sinclair, Sie müssen helfen! Es… es ist etwas Schreckliches passiert…«
Suko hatte sich längst wieder erhoben. »Ist Jean-Claude Fraval etwas zugestoßen?«
»Ja«, stöhnte die junge Frau. »Sie müssen ihm helfen. Der… Dämon… hat… ihn… zu… seinem Diener gemacht!«
Sukos schmale Augen verengten sich noch mehr. »Er ist dem Bösen zum Opfer gefallen?«
»Leider ja.«
Suko schaute mich an.
»Wie ist das möglich, John? Die Dämonenbanner…«
»Wo ist es passiert?« fragte ich Alicia Montilor.
»Im Keller«, antwortete die junge Frau
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