0036 - Die Nacht des Feuergottes
befindet.«
»Wo?« wollte ich sofort wissen.
Jean-Claude Fraval wies auf den See hinaus. »Im Krater des Momotombito.«
»Das haben wir vermutet«, sagte ich.
»Die Öffnung befindet sich hinter einem Felsen, der das Aussehen einer grinsenden Teufelsfratze hat«, sagte der Hotelbesitzer. »Sie müssen sich schnellstens dorthin begeben, Sinclair! Sie haben keine Zeit zu verlieren!«
Fraval hätte mir das nicht zu sagen brauchen. Das wußte ich selbst.
Er fuhr aufgewühlt fort: »Alicia und ich haben für Sie bereits alles vorbereitet. Wir wollten Sie nun von Toc Tyzacks Kaffeeplantage zurückholen…«
»Als Sie – beziehungsweise Ihr Geist – in der Welt des Feuergottes waren, haben Sie da Jewesbury und McNally gesehen?« fragte ich den Franzosen.
»Nein. Aber ich weiß, daß die beiden noch heute sterben sollen. Der Dämon wird sie aufs Flammenrad flechten lassen.«
»Großer Gott«, murmelte ich. »Hoffentlich können wir ihnen das noch ersparen!«
»Wir haben ein schnelles Boot für Sie gemietet«, sagte Jean-Claude Fraval. »Die Custodia befindet sich bereits an Bord. Wohlbehalten, versteht sich.«
Suko warf mir einen ungeduldigen Blick zu. »Worauf warten wfr noch?«
»Auf nichts mehr«, erwiderte ich und holte meinen Spezialkoffer. Ich brachte an dem schnittigen Kahn eine Vielzahl von magischen Sicherungen an. Bannzeichen an Heck und Bug bildeten den Abschluß der Vorbereitungen.
Danach besprühte ich das gesamte Fahrzeug auch noch mit meinem magischen Spray. Fertig.
Wir waren gewappnet.
Nun würde sich der Feuergott an uns die Zähne ausbeißen. Es würde ihm nicht mehr möglich sein, uns von seinem Vulkan fernzuhalten.
Alicia Montilor und Jean-Claude Fraval wünschten uns Hals- und Beinbruch für unser gefährliches Unternehmen.
Ich ließ die kräftigen Zwillingsmotoren an. Alicia und der Hotelbesitzer blieben auf der Kaimauer zurück. Sie winkten uns so lange, bis wir den Hafen verlassen hatten.
Neben mir stand die Custodia. Eingehüllt in weichen Schaugummi. Ich brannte voller Ungeduld darauf, diese Wunderwaffe gegen den Dämon einsetzen zu können.
Eine neue Fahrt zum Vulkan Momotombito. Ich dachte an den Zwischenfall, der unserer ersten Fahrt ein Ende gesetzt hatte. Sukos Kampf gegen den Nicaragua-Hai war mir noch in allerbester Erinnerung.
Diesmal würde uns der Feuergott nicht aufhalten können, dafür hatte ich gründlich gesorgt.
Managua lag bereits weit hinter uns. Suko beobachtete das Wasser. »Wie wird er uns diesmal empfangen?« brummte mein Partner. »Bestimmt nicht wieder auf dieselbe Art. So einfallslos ist er nicht.«
»Was er auch immer anstellt, wir stehen unter einem besonderen Schutz«, sagte ich ernst.
Im selben Augenblick wollte uns der Dämon das Gegenteil beweisen. Ein ohrenbetäubendes Geheul brauste über uns hinweg. Der Lago de Managua schien auf eine rätselhafte Weise zu erstarren.
Wir sahen Wellen, die sich nicht mehr bewegten. Sie sahen aus, als wären sie fotografisch festgehalten worden. Wir fuhren mitten durch ein riesiges Bild. Und dieses Bild bekam auf einmal einen gewaltigen Riß.
Der See spaltete sich. Ein schwarzer, tiefer Abgrund tat sich vor uns auf. Er drohte uns zu verschlingen. Sukos Hände krampften sich um die Relingstange. Er warf mir einen gehetzten Blick zu.
Seine Augen fragten mich, ob ich in diesem Tempo weiterrasen wollte, aber sein Mund sprach diese Frage nicht aus.
Ich drosselte die Geschwindigkeit nicht im mindesten, denn ich vertraute auf den Schutz der Weißen Magie, mit der ich unser Boot umgeben hatte. Es konnte uns eigentlich nichts passieren. Es durfte uns nichts geschehen, wenn die Kraft des Guten den verderblichen Einflüssen des Bösen standhielt.
Ich gebe zu, es war eine gewagte Kraftprobe, auf die ich mich da einließ, aber ich mußte dieses Risiko auf mich nehmen. Es gab keine andere Möglichkeit, an den Vulkan heranzukommen.
Ich hörte keinen Vorwurf von Suko.
Egal, was ich tat – er stand hundertprozentig hinter mir.
Vermutlich sagte er sich jetzt: John weiß schon, was er tut.
Ich hoffte, daß ich es wußte. Mit unverminderter Geschwindigkeit raste ich auf den gähnenden Abgrund zu. Würde er sich im allerletzten Augenblick wieder schließen?
Oder würde er uns und unser Boot einfach verschlingen? Nur noch wenige Yards bis zum Abgrund. Mein Magen krampfte sich zusammen. Mein Herz schlug schneller. Aber ich gab nicht auf.
Ich preßte meine Kiefer fest zusammen und hielt stur auf den Abgrund zu. Er
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