0037 - Panik in Tokio
mitnehmen. Mein mit Reliefzeichen versehenes Kreuz, das ich üblicherweise an einer Kette um den Hals trug, sollte mit dem Einsatzkoffer an Bord der ›Wako‹ bleiben.
Suko war mit dem silbernen Dolch mit dem kreuzförmigen, geweihten Griff bewaffnet. Weitere Waffen wollte er nicht, er verließ sich lieber auf seine Karatefäuste und -füße.
Tomoe trug ein kurzes silbernes Schwert an der Seite. Wasserdichte Stablampen wollten wir auf jeden Fall mitnehmen. Schwimmwesten waren ohnehin am Gestell der zerlegten Drachengleiter befestigt, die im Segelboot verstaut waren.
Zwanzig Seemeilen von Sumisu entfernt hievten die Matrosen das Segelboot mit dem Ladebaum über Bord. Die Maschinen waren abgestellt, nur das schrille Quietschen der Ladebaumwinde unterbrach die Stille.
Die Mannschaft der ›Wako‹ verabschiedete uns mit Verbeugungen. Auch der alte Eisai Kaoru verneigte sich tief vor uns, und wir grüßten ihn auf die gleiche Weise.
»Ihr werdet mich nicht lebend wiedersehen«, sagte er mit tiefer Überzeugung. »Doch wo im Jenseits ich auch immer bin, im entscheidenden Moment beim Kampf gegen Professor Hakato wird mein Geist bei euch sein. Lebt wohl, meine Kinder, der große Buddha leite und führe euch, er erfülle eure Herzen mit Weisheit, Güte und Stärke, bis eure Seelen dereinst ins Nirwana eingehen.«
Wir kletterten über die schwankende Strickleiter hinab ins Boot. Die Wellen schlugen gegen das Schiff, unser Segelboot schwankte. Wir lösten die Leinen des Ladebaums, zogen das Segel auf und legten mit Hilfe des Außenborddiesels ab.
Der Motor tuckerte matt, acht Knoten waren nicht gerade viel. Doch Tomoe verstand zu segeln, und auch ich hatte einige Ahnung davon. Suko allerdings konnte ein Segel gerade von einem Betttuch unterscheiden und würde auf See keine große Hilfe sein.
Wir legten von der ›Wako‹ ab, die bald Fahrt aufnahm, und segelten zügig mit günstigem Nordwestwind der Insel Sumisu zu, unserem Schicksal entgegen.
***
»Es ist soweit«, sagte Eisai Kaoru, als die Mitternachtsstunde herangerückt war. »Setzt mich im Rettungsboot über Bord.«
Der Kapitän der ›Wako‹ protestierte, aber Kaoru ließ es sich nicht ausreden. Er wußte, daß Professor Hakato inzwischen manches herausgefunden haben mußte. Die größte Sorge der Männer und der Frau an Bord der ›Wako‹ war es gewesen, daß der Rote Dämon schon in Tokio wüten könnte.
Voll Bangen hatten sie die Rundfunknachrichten verfolgt, doch da war nichts davon zu hören gewesen. Auch jener Zwischenfall mit dem Geishahaus, der Mamasan Toda Kasiki, einer jungen Geisha und dem Hausburschen das Leben gekostet hatte, war nicht an die japanische Öffentlichkeit gedrungen.
Die Regierung wollte keine Panik. Professor Hakatos Forderungen hatten verblümte, aalglatte Drohungen enthalten. Hätte die Bevölkerung davon erfahren, so hätte eine Massenflucht aus den Millionenstädten Japans eingesetzt.
Gogen Kishi, der Führer des größten Verbrechersyndikats, war spurlos verschwunden und würde nie mehr auftauchen. Die Mitglieder der Verbrechersyndikate glaubten, sie würden vom Roten Dämon verschont, obwohl das gar nicht möglich war. Deshalb wiegten sie sich in Sicherheit. Professor Hakato hatte sie angelogen.
***
In London sorgte sich der Superintendent Powell um seinen besten Mann John Sinclair, von dem er schon tagelang nichts mehr gehört hatte. Seit Sinclairs Abflug nach Japan, um genau zu sein. Am Montag abgeschickte Fernschreiben an die Kempetai-Zentrale und den Polizeipräsidenten von Tokio waren in einer Form beantwortet worden, die Powell überhaupt nicht gefiel.
Da hieß es nämlich, vom Einsatz eines ausländischen Agenten sei nichts bekannt. Ein Mann namens John Sinclair wäre nie in Japan angekommen. Die betreffenden Dienststellen wollten offiziell von nichts mehr wissen, während der Kreis der Informierten auf einen Erfolg von John Sinclairs Mission hoffte.
Sonst würde Japan nicht länger das Reich der aufgehenden Sonne sein, sondern das der Dämonendämmerung.
***
»Meine Stunde ist gekommen«, sagte Eisai Kaoru zu dem Kapitän der ›Wako‹. »Professor Hakato wird wieder eine rote Wolke losschicken, einen Teil des Roten Dämons, der anscheinend noch nicht stark genug ist, um einer ganzen Stadt gefährlich werden zu können. Es genügt, wenn ich sterbe.«
»Sensei«, sagte der Kapitän erschüttert. »Überlegt es Euch.«
Doch da gab es nichts mehr zu überlegen. Die Mannschaft ließ das Rettungsboot mit dem
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