Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0037 - Panik in Tokio

0037 - Panik in Tokio

Titel: 0037 - Panik in Tokio Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Appel
Vom Netzwerk:
Pkw am Seil einen am Flugdrachen hängenden Menschen durch die Lüfte zog. Durch die Aufwinde an der Steilwand konnten wir ein ganzes Stück aufs Meer hinausgelangen. Schwimmwesten, eine Leuchtpistole und ein Walkie-talkie gehörten gleichfalls zu der Ausrüstung, die wir an der Steilwand deponieren wollten, bevor wir in Professor Hakatos Unterwelt vorstießen. Tomoe sollte per Leuchtpistole oder Funkspruch verständigt werden und uns mit dem Segelboot aufnehmen, sobald wir unsere Aufgabe gelöst hatten.
    Mitsamt dem Shinto-Schrein sollte sie uns aus dem Meer fischen. Ein Schnellboot der japanischen Marine würde uns anschließend an Bord nehmen. Ein Flugzeugträger sollte in die Nähe von Sumisu gebracht werden und mit Transporthubschraubern die Inselbevölkerung evakuieren, damit der Taifun-Dämon richtig loslegen konnte.
    Unser Plan enthielt eine Menge Risiken. Doch das war nicht zu ändern. Das alles in die Wege zu leiten, war nicht einfach gewesen, da eine strikte Geheimhaltung erforderlich war.
    Und trotzdem fürchteten wir einen Anschlag von Seiten Professor Hakatos oder des Verbrechersyndikats. Zweimal hatten wir unser Quartier gewechselt, bevor wir am Sonntagmorgen noch vor Sonnenaufgang in Osakas altem Fischereihafen an Bord des Kutters gingen. Die ›Wako‹ – das hieß Pirat – war ein alter Kasten und alles andere als kriegerisch.
    Im Laderaum hatte man das Segelboot untergebracht, mit umgelegtem Mast. Die ursprüngliche Farbe des Schiffes ließ sich nicht mehr erkennen.
    Es stank nach Bilgenwasser und Dieselöl. Der Kapitän war ein stämmiger Japaner mit schwarzen Zahnstummeln, die er ständig grinsend zeigte.
    Die Besatzung bestand aus seinem Vetter, der Miteigner des Kahns und Steuermann war, und vier schweigsamen Matrosen. Dann war noch ein Koch an Bord, ein Kerl von der Statur eines Sumoringers.
    Eisai Kaoru ging mit uns an Bord. Für ihn war der Boden in Japan zu heiß geworden. Er war über mehrere Ecken mit dem Kapitän der ›Wako‹ verwandt, der auch zur Kamikaze-Bruderschaft zählte und es sich als eine hohe Ehre anrechnete, Kaoru auf seinem Schiff zu befördern. Kaoru blieb wie Tomoe, Suko und ich unter Deck, bis wir das offene Meer erreicht hatten.
    Endlich konnten wir uns hervorwagen. Die Luft war nach dem dumpfen Brodem unter Deck herrlich frisch. Eine steife Brise wehte. Im Osten tauchte die Sonne aus dem Meer wie ein roter, feuriger Ball, sandte Lichtspeere über den Horizont, die den Himmel in Brand setzten, und färbte die Wolken rot, rosa und blau.
    Möwen jagten schreiend über uns hin in der Hoffnung, Abfälle als Nahrung zu erhaschen. Das Kielwasser brodelte in fluoreszierenden Farben, und die Küste war nur noch eine ferne, dunkle Linie.
    Eisai Kaoru setzte sich aufs Deck nieder, um zu meditieren. Ganz in sich versunken saß er da, eine majestätische Erscheinung, die fernöstliche Weisheit und Geistesstärke verkörperte. Die wahre Natur allen Seins zu erkennen, das war der Sinn und der Zweck des Zen-Buddhismus.
    Meditation war der Weg hierzu. Das Gehirn durfte nicht in der üblichen Weise denken, sondern es konzentrierte sich auf Sinnsprüche, Koan genannt, die von den Aussprüchen berühmter Zen-Meister herleiteten. Sie stellten Aufgaben.
    Das vielleicht berühmteste Koan stammte vom großen Dogen persönlich und lautete: Wenn man beide Hände zusammenschlägt, entsteht ein Geräusch. Lausche dem Geräusch nur einer Hand.
    So sollte der Meditierende zu einer höheren Wahrheit finden. Ich persönlich lauschte lieber einer guten Soulplatte oder dem Klingen der Eiswürfel in meinem Whiskyglas, wenn ich mich in London in meiner Wohnung entspannte.
    Ich fragte mich, was Eisai Kaoru an jenem Morgen wohl meditierte. Sein Gesicht verriet nichts. Der Mönch und Zen-Meister war der einzige an Bord, der einen Kimono trug. Die Besatzung hätte dieses Kleidungsstück bei ihrer täglichen Arbeit nicht gebrauchen können. Suko und ich trugen westliche Kleidung, und Tomoe hatte ihren schwarzen Dreß angezogen, den gleichen wie bei unserem ersten Zusammentreffen in dem Ryokan in Tokio.
    Ihr langes schwarzes Haar flatterte offen im Wind. Tomoe war schön, in ihrem Wesen vereinte sie die Unterwürfigkeit einer Japanerin, die ihrem Mann bedingungslos diente, mit Unabhängigkeit. Ihr Charakter war stark, darüber täuschte mich ihr sanftes Lächeln nicht hinweg.
    Wir frühstückten mit der Mannschaft an Deck. Domburi, ein bekanntes Reisgericht mit Fisch. Um den Reis ›saftiger‹ zu machen,

Weitere Kostenlose Bücher