0038 - Die Horror-Reiter
doch mal herumhorchen.«
Juan Ortega runzelte die Stirn. »Ich verstehe dich nicht, Manuel.«
»Ist doch ganz einfach, Hombre.« Der Bodegero beugte sich weiter vor. »Denk doch mal an dieses Touristenkloster Montserrat, wo die Busse mit den Urlaubern zu einer Sektprobe hinfahren. Das könnte man doch aus unserem Kloster auch machen.«
Juan tippte sich gegen die Stirn. »Kennst du die Mönche, die bei uns hier oben leben? Mann, die trinken doch nie in ihrem Leben einen Schluck. Außerdem…«
»Was ist mit außerdem?«
»Ach, nichts. Danke für den Schnaps. Wir sehen uns später.«
Juan knöpfte seine Jacke zu.
»Und grüß Carmen von mir«, sagte der Bodegero.
»Mach ich.«
Carmen war Juans Verlobte und ein rechtes Teufelsweib. Sie hatte ein Temperament wie nur wenige Frauen. Und in ihr steckte eine Leidenschaft, die nur mit einem Vulkanausbruch zu vergleichen war, wenn Juan mit Carmen im Bett lag.
Draußen packte ihn wieder der kalte Wind. Juan Ortega wickelte sich seinen Schal vor die untere Gesichtshälfte, stieg auf das Rad und fuhr los.
Bergab ging es schneller. Er bog in die Hauptstraße ein, führ um eine Kurve und sah plötzlich den Mercedes, der genau vor seinem Haus parkte.
Soeben stiegen zwei Männer aus.
Juan führ schneller. Er erkannte, daß es sich nicht um Einheimische handelte, und fragte sich, was die beiden Fremden von ihm wollten…
***
Gulio Ortega, der alte Kalfaktor, konnte nicht sagen, ob es Tag oder Nacht war. Sein Zimmer hatte, wie die der anderen, keine Fenster. Er hauste in ebenso einer Höhle wie die übrigen Mönche. Nur ging es Gulio etwas besser. Er hatte sich hin und wieder Dinge aus dem Dorf mitgebracht und sie in seiner Zelle versteckt.
Schnaps trank der alte Gulio immer. Er schleppte immer eine große Flasche von dem Selbstgebrannten mit hoch, und jedesmal, wenn er unten im Dorf war, wurde er gefragt, warum er denn wieder hochginge. »Da habe ich Ruhe vor euch Klatschmäulern«, lautete immer die Antwort.
Ortega ahnte nicht, daß er bald seine ewige Ruhe haben würde. Er war zwar seit einigen Tagen ziemlich unruhig schließlich hatte er Pater Emilio zur Flucht aus der Festung verholfen –, aber große Sorgen machte er sich deswegen nicht. Wer wollte ihm denn schon etwas beweisen? Wie üblich brachte er das Essen herum. Einen Fraß, den er selbst gekocht hatte.
Dünne Suppe und Weißbrot. Gulio gab zu, daß es im Zuchthaus besseres Essen gab. Doch die Mönche nahmen, aßen und schwiegen. Dann brachte Gulio den Kessel wieder zurück in die provisorische Küche. Er wusch den großen Topf dort aus und ging in seine Höhle.
Er brauchte kein Licht, um die Tür zu finden. Im Dunkeln tastete er nach den Zündhölzern, um eine Kerze anzuzünden. Da legte sich eine Hand auf seine Schulter! Gulio erschrak bis ins Mark. Seine Finger begannen zu zittern, er ließ die Zündhölzer fallen.
»Wer – wer bist du?« hauchte Gulio.
Er hörte das Lachen an seinem Ohr und wußte plötzlich, wer neben ihm stand. Don Alvarez, der Abt!
Gulio Ortega beruhigte sich wieder. Der Herzschlag normalisierte sich, und auch das Zittern hörte auf. »Haben Sie mich erschreckt, Don Alvarez«, hauchte Gulio.
Der Abt lachte wieder. Noch immer war es stockdunkel! Gulio Ortega spürte eine Klaue über seinen Rücken wandern. »Ich kann dir einen Wunsch erlullen, Kalfaktor.«
»Und welchen?« fragte Gulio leise.
»Laß dich überraschen. Du warst ja schon immer sehr neugierig.«
Gulio spürte den harten Griff des Abts an seinem Arm und dachte nicht an Widerstand. Aber tief in seinem Innern entstand plötzlich eine nie gekannte Angst. Und er fragte sich mit Bangen, ob er das Spiel nicht überreizt hatte. Diese Fluchthilfe konnte ihm schließlich das Genick brechen, wenn jemand merkte, daß er derjenige war, der dahintersteckte. Don Alvarez war schlau. Schlau und abgebrüht.
Im Dunkeln zog der Abt die Tür auf. Als Gulio Ortega das Knarren der Tür hörte, versteifte er sich.
»Ich – möchte lieber hierbleiben«, widersprach er.
»Nein. Du tust, was ich dir sage.«
»Aber warum, ich…«
Alvarez zog ihn kurzerhand weiter. Sein Griff war wie eine Klammer, aus der es kein Entrinnen gab. Stolpernd tauchte Gulio Ortega ein in die Finsternis des Gangs. In der tiefschwarzen Dunkelheit führte ihn der Abt weiter. Ortegas Angst wuchs.
Er hätte um Hilfe schreien können – seine Schreie wären auch gehört worden. Aber nicht erhört. Ihm wäre niemand zu Hilfe geeilt. Die Angst vor dem Abt
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