0038 - Die Horror-Reiter
peitschte hinter ihm die Stimme des Abts. »Sie warten auf dich. Renn auf das Tor zu. Es soll dich verschlingen!« Ein letzter Stoß.
Gulio Ortega wurde nach vorn geworfen. Mit den Händen wollte er sich irgendwo festhalten, doch es gab nichts, woran er sich klammern konnte.
Die Reiter standen bereit.
Eine behandschuhte Hand packte ihn am Hals. Der Reiter mit dem großen A auf der Brust riß Ortega hoch. Mit einer spielerischen Leichtigkeit schleuderte er ihn über seinen Kopf, hielt ihn weiterhin fest, gab plötzlich seinem Gaul die Sporen und verschwand mit ihm in der Unendlichkeit der Dimensionen.
Der Abt aber lachte. Don Alvarez wußte genau, was mit dem Kalfaktor geschah. Mit ihm zusammen würde der Reiter in der sichtbaren Welt auftauchen, um dort das erste Zeichen der Vernichtung zu setzen…
***
Himmel, hatten wir eine Fahrt hinter uns! Bis Paris waren wir mit dem Jet geflogen. Dort hatten wir dann zwei Stunden Aufenthalt und waren anschließend mit einem Propellerflugzeug weiter bis Perpignan geflogen. Und dort wurde es dann kritisch. Mit grünen Gesichtern stiegen wir aus der Maschine, da die Luftturbulenzen mit dem Metallvogel einiges angestellt hatten.
Am Flughafen nahmen wir einen Leihwagen. Einen Mercedes Diesel. Und der brachte uns über Prades und Mont Louis in die Pyrenäen. Die Straße führte dann weiter nach Süden zur Grenze hin. Wir aber fuhren nach Westen, Richtung Andorra zu.
Suko spielte den Führer, suchte Straßenschilder und fand die Straße, die nach Los Albas führte. Als Straße hätten sie nur Optimisten bezeichnet. Für mich war es eine bessere Piste. Aber unser Diesel tat seine Pflicht. Zwar nicht schnell, aber dafür brachte er uns sicher nach Los Albas. Und hier war der Hund begraben. Der Ort lag ziemlich hoch. Als wir das warme Wageninnere verließen, um uns nach Juan Ortegas Haus zu erkundigen, biß der kalte Frostwind in unsere Gesichter.
Wir fanden das Haus und ließen den Wagen langsam ausrollen. Als er stand, riß das Stahlseil der Handbremse. Ich legte den ersten Gang ein, fluchte und stieg mit Suko aus. Das Haus, in dem Juan Ortega wohnte, war einstöckig, hatte eine braungelbe Fassade und stieß mit der Hinterseite gegen den nackten Fels. So etwas hatte ich mal in der Schweiz gesehen, in einem dieser engen Täler, in denen man Platzangst bekommen konnte.
Suko verzog das Gesicht, als er seine Blicke über die Hausfront gleiten ließ. »London ist mir lieber!« meinte er.
»Wem sagst du das?«
Ich wollte auf die Eingangstür zugehen, als mir ein Radfahrer auffiel, der die Straße herabfuhr und winkte. Suko meinte: »Du bist aber auch überall bekannt.«
»Ich kann meinen Ruhm kaum tragen!«
Der Fahrer stieg ab. Die letzten Yards schob er seinen Drahtesel. Ich ging dem jungen Mann ein Stück entgegen. Für einen Spanier war er ziemlich groß, hatte breite Schultern, ein offenes Gesicht, dunkle Augen und welliges, pechschwarzes, nach hinten gekämmtes Haar. Der junge Mann lehnte sein Rad gegen die Hauswand. »Wollen Sie zu mir?« fragte er.
Er sprach französisch, und ich antwortete ihm in derselben Sprache. »Wenn Sie Juan Ortega sind ja.«
»Bin ich.«
Ich stellte Suko und mich vor. Juan Ortega staunte. »Aus London kommen Sie?«
»Ja.«
Er rieb sich sein Kinn. »Dann hat sich meine Reise also doch noch gelohnt.«
Suko hatte inzwischen den Einsatzkoffer aus dem Wagen geholt. »Sollten wir nicht ins Haus gehen?«
»Entschuldigen Sie.« Juan Ortega breitete die Arme aus. »Aber ich war im Moment zu überrascht, um an die Pflichten eines Gastgebers zu denken.«
Er ging vor und schloß die Tür auf. Ich warf einen Blick zum Himmel. Noch lag er wie ein hellblaues Tuch über den schneebedeckten Gipfeln, aber schon bald würden die langen Schatten der Dämmerung herankriechen. Die Sonne war ein verwaschener, weißgelber Fleck ohne wärmende Kraft.
Dann sah ich das Kloster. Es stand auf einer Bergspitze, war vom Schnee befreit, nur um das Gebäude herum lag die ewig weiße Pracht. Häßlich stachen die Mauern von dem hellen Schnee ab. Auf mich wirkte das Kloster wie eine Drohung, und ich fragte mich, wie wir dort je hinaufkommen sollten. Aber das Problem stellte sich im Augenblick noch nicht. Juan Ortega, der Einheimische, würde sicherlich Rat wissen. Er hielt uns die Tür auf.
Wir betraten ein Haus, in dem die einzelnen Zimmer alle von einer Vordiele abzweigten. Der Boden war mit Fliesen ausgelegt. Schmiedeeiserne Wandleuchter, Teppiche und
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