0038 - Die Horror-Reiter
erzählt? Ich meine, er muß doch von seinen Tagen, seiner Zeit im Kloster berichtet haben. Über den Tagesablauf, zum Beispiel.«
»Natürlich, Señor. Aber sobald die Sprache auf Aeba kam, war die Angst da. Ich hatte das Gefühl, daß eine geistige Barriere ihn davon abhielt, weiter darüber zu reden.«
»Wie hat er die Fahrt nach England überstanden?«
»Gut. Auch den Flug. Obwohl er zum ersten Mal in seinem Leben geflogen ist. Er schien wieder normal zu werden. Und als ich ihn zu Father Hackmann brachte und ihm die Geschichte erzählte, da erwähnte der Father sofort Ihren Namen, Señor. Deshalb war ich nicht überrascht, Sie und Ihren Freund hier in Los Albas zu finden. Father Hackmann hat mir einiges über Sie erzählt. Ich wollte ja erst in London auf Sie warten, aber ich werde hier gebraucht.«
»Ist klar«, sagte ich. »Sie wissen demnach nicht, wer oder was Aeba ist«, murmelte ich. »Es bleibt uns also nichts anderes übrig, als es selbst herauszufinden. Mit anderen Worten, wir müßten dazu in das Kloster hinein.«
Suko meldete sich. »Es wird schwer sein, John. Hast du dir die Lage schon mal angesehen?«
Juan Ortega nickte heftig. »Ihr Freund hat recht, Señor. Das Kloster ist eine Festung. So gut wie uneinnehmbar. Da sind schon Armeen vergeblich gegen angerannt.«
»Okay, aber rein müssen wir.« Ich trank mein Glas leer. »Mit dem Wagen kommen wir ja nicht bis dort oben hin. Das ist klar. Wie kommt denn Ihr Vater immer dorthin?«
»Auf einem Esel«, antwortete Juan Ortega.
Ich lachte. »Ist ja phantastisch. Warum sollen wir nicht auch auf einem Esel reiten?«
Suko räusperte sich. »Warum schaust du mich dabei so an?«
»Keine Angst, ich reite schon nicht auf deinem Rücken.«
Juan Ortega blieb ernster. »So lustig wie Sie finde ich das nicht«, erklärte er.
»Sie werden sich wundern, über welche Wege und Geländeformen Sie reiten müssen. Und dann noch in das Kloster hineinzukommen, das ist auch nicht einfach. Die Mönche lassen niemanden zu sich herein, Señores.«
»Bei uns müssen sie eine Ausnahme machen«, sagte ich.
Suko stand plötzlich auf.
»Was ist?« fragte ich.
Mein chinesischer Freund und Partner wandte sich an Juan Ortega. »Erwarten Sie Besuch, Señor Ortega?«
»Wieso? Ich…«
»Da ist jemand an der Tür.« Suko hielt plötzlich seine Waffe in der Hand, glitt ein paar Schritte zur Seite und verschwand hinter einem Mauervorsprung.
Auch ich war aufmerksam geworden, während Juan Ortega blaß wurde.
Und dann druckte jemand die Tür auf.
Im nächsten Augenblick schrie der junge Spanier auf.
»Carmen!« rief er und rannte auf ein Mädchen zu, das am Ende seiner Kräfte stand…
***
Das junge Mädchen taumelte in den Raum. Es konnte sich kaum auf den Beinen halten. Der lange Fellmantel war schmutzig und zum Teil zerrissen. Das lackschwarze Haar klebte ihr im Gesicht. Sie machte ein, zwei taumelnde Schritte in das Zimmer hinein, dann gaben ihre Knie nach, und sie brach zusammen.
Juan Ortega konnte sie im letzten Augenblick auffangen, sonst wäre sie schwer gestürzt.
Er nahm sie auf die Arme und trug sie zu einer Couch. Ich machte ihm Platz.
Suko trat wieder hinter dem Mauervorsprung hervor. Er steckte seine Pistole weg.
Juan zog dem jungen Mädchen den Mantel aus. Carmen war nicht ohnmächtig. Ihr Atem ging stoßweise, die Augen hatte sie weit aufgerissen. Die Lippen zitterten.
»Carmen!« flüsterte Juan. »Carmen, was ist?« Er beugte sich über sie und streichelte die blassen Wangen.
»Wer ist dieses Mädchen?« fragte ich.
»Carmen Valdera, meine Verlobte«, antwortete er tonlos.
»Geben Sie Ihr einen Schluck.«
»Ja.« Juan Ortega nahm ein Glas, schenkte Weinbrand ein und setzte es ihr an die Lippen.
Das Mädchen schluckte automatisch. Ihr Blick wurde klarer, und langsam kehrte die Farbe in ihr Gesicht zurück.
Juan stellte das Glas weg. Mit den Fingerspitzen strich er über Carmens Wangen. »Was ist denn, Carina? Rede doch, bitte…«
Carmen versuchte ein Lächeln, als sie in das Gesicht ihres Verlobten schaute, doch dann wurde ihr Blick wiederängstlich. »Es – es war so schrecklich…« Sie verstummte.
Ich hielt mich zurück. Es war nicht gut, wenn Carmen jetzt einen Fremden sah und mit ihm sprach. Sie mußte Schreckliches erlebt haben, und ich fand es besser, wenn sie jetzt mit einer ihr bekannten Person redete.
»Was war schrecklich?« hakte Juan Ortega nach.
»Ich – ich habe ihn gesehen«, flüsterte das Mädchen. »Ich wollte zu
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