0038 - Die Horror-Reiter
Stierkampfplakate zeigten an, daß wir es mit einem Spanier zu tun hatten. Als Lampe diente ein Wagenrad. Auf ihm steckten zwölf Kerzen.
»Haben Sie keinen Strom?« fragte ich.
»Nein.« Juan Ortega lachte verbissen. »Es ist so. Wir sind hier eine spanische Minderheit dicht an der Grenze. Eigentlich gehören wir zu Frankreich, aber die Einwohner wollen nicht. Und die Spanier kümmern sich auch nicht um uns. Das alles läuft schon Hunderte von Jahren so. Niemand hat sich bisher darum gekümmert, daß dieser Zustand geändert wird. Ich habe den ersten Versuch unternommen. Wir, das heißt der Bodegero und ich, wollen aus Los Albas ein Touristenzentrum machen. Ich habe an das spanische und das französische Ministerium geschrieben. Antworten stehen noch aus.«
»Und was sagen die Einwohner dazu?«
»Die sind natürlich dagegen!« Juan Ortega lachte bitter auf. »Die sind gegen jeden Fortschritt. Aber das sind nicht Ihre Probleme. Bitte, lassen Sie uns hineingehen. In meinem Arbeitszimmer ist es gemütlicher.«
»Sie wohnen allein hier?« fragte ich.
»Ja.« Er lächelte verschmitzt. »Hin und wieder kommt Carmen, meine Verlobte. Sie werden Sie noch kennenlernen. Wenn Sie wollen, können wir auch in Ihrer Heimatsprache reden. Ich habe mich während meines Studiums oft genug mit englischen Kommilitonen unterhalten.«
Der junge Mann wurde mir immer sympathischer.
Im Arbeitszimmer sah man vor lauter Büchern die Wände nicht mehr. Ich überflog einzelne Titel. Philosophie, Rechtswissenschaft und Ökonomie waren wohl die Hobbys des jungen Mannes.
»Langeweile haben Sie nicht«, bemerkte ich.
Er schüttelte den Kopf und lachte. »Nein, ganz und gar nicht.«
Die Sessel waren aus stabilem Rohr gefertigt. Sitzkissen förderten die Entspannung.
»Möchten Sie etwas trinken?« fragte Juan, nachdem wir Platz genommen hatten.
Ich entschied mich für einen spanischen Weinbrand, während Suko Mineralwasser trank.
Ich verzog das Gesicht. »Damit erinnerst du mich an Powell.«
»Schließlich muß ja einer auf dich achtgeben«, konterte mein Freund.
Juan Ortega zündete mehrere dicke Kerzen an. Im Kamin knisterte das Holz. Die Stimmung wurde urgemütlich. Der junge Mann hatte sich eine Flasche Wein geholt und trank. Der dunkelrote Wein war rot wie Blut und funkelte in dem Pokal.
Er hob sein Glas. »Trinken wir darauf, daß es uns auch in den nächsten Jahren noch gibt.«
Er lächelte. »Das ist ein alter Spruch hier aus den Bergen. Die Menschen haben immer mit den Widrigkeiten der Natur zu kämpfen gehabt und deshalb eine eigene Philosophie entwickelt.«
Der Weinbrand war mild und brannte nicht im Gaumen. Ich sah, wie Juan Ortega genußvoll die Augen verdrehte.
»Ein wunderbares Getränk, Señores. Sie sollten es auch einmal probieren. Es heißt bei uns Teufelsblut.« Er lachte. »Wenn Sie einige Gläser davon getrunken haben, dann steckt Ihnen wirklich der Teufel im Leib.«
Juan Ortega wußte, was sich gehörte. Wir redeten erst über allgemeine Themen, bevor wir auf den eigentlichen Grund unseres Besuches zu sprechen kamen. Ortega wurde schlagartig ernst.
»Von meinem Vater weiß ich, daß es in dem Kloster nicht mit rechten Dingen zugeht. Die Mönche haben sich im Laufe der Zeit verändert. Und vor allen Dingen der Abt, Don Alvarez, ist vom Glauben abgefallen und dient nun dem Teufel.«
»Welches Ereignis hat das bewirkt?« wollte ich wissen.
»Das kann ich nur vermuten. Irgendwo unterhalb des Klosters muß es im Berg eine Stelle geben, an der sich die Macht des Bösen manifestiert hat. Dort hockt etwas, das so schaurig und grausam ist, daß man kaum Worte dafür findet.«
»Hat Ihr Vater das Geheimnis gelüftet?«
Juan Ortega schüttelte den Kopf. »Nein, er nicht, aber Pater Emilio, den ich nach England gebracht habe. Doch sein Geist war verwirrt. Er stammelte sinnlose Worte, Sätze, aus denen keiner schlau wurde. Ein Schock mußte ihn getroffen haben.«
»Was ist mit Aeba?« erkundigte ich mich.
Der Mann hob überrascht die Augenbrauen. »Sie – Sie kennen Aeba?«
»Kennen ist zuviel gesagt. Ich habe davon gehört. Pater Emilio hat davon gesprochen.«
Ortega nickte eifrig. »Ja, das stimmt. Er hat auch während der Reise fast nur dieses eine Wort gesagt.«
»Was es bedeutet, wissen Sie nicht?«
»Nein, Señor Sinclair. Dieses Rätsel habe ich nicht lösen können. Es muß aber mit dem Berg zusammenhängen. Oder anders gesagt: Aeba ist das Rätsel des Klosters.«
»Hat Pater Emilio noch mehr
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