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0039 - Das Todesmoor

0039 - Das Todesmoor

Titel: 0039 - Das Todesmoor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Tenkrat
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Garten.
    Das Glück darüber, daß Alex wieder zurückgebracht worden war, jagte ihr kühle Schauer über den Rücken. Sie blieb kurz stehen und lauschte. Im Moment war nichts zu hören.
    Aber Ellen Turman fühlte mit jeder Faser ihres Körpers, daß sie ihrem Jungen ganz nahe war.
    »Alex?« rief sie zaghaft in die Dunkelheit hinein.
    Der Wind zerzauste mit seinen Luftfingern die Goldregensträucher.
    »Alex, wo bist du? Komm her! Komm zu deiner Mami.«
    Nichts. Stille.
    »Alex!« Diesmal kam es gepreßt über die vollen Lippen der Frau. Zweifel meldeten sich.
    Hatte sie sich geirrt? Hatte sie vorhin gar nichts gehört? Hatten ihr ihre überreizten Sinne lediglich einen gemeinen Streich gespielt? War Alex’ Stimme bloße Einbildung gewesen? Weil sie sich so sehr danach gesehnt hatte, seine Stimme wieder zu hören?
    »Alex, ich bitte dich, antworte deiner Mutter!« sagte die Frau flehend. »Wo steckst du, Junge?«
    Plötzlich ein helles Kinderpiepsen. Es kam vom Ende des Gartens. Ellen Turmans Herz trommelte ungestüm gegen die Rippen. Sie eilte auf die dichte Ligustergruppe zu, hinter der sie ihren Sohn vermutete.
    Je näher sie der Buschgruppe kam, desto zögernder setzte sie ihre Schritte. Sie hatte Angst, enttäuscht zu werden. Wenn sie Alex nicht hinter dem Liguster finden würde…
    Sie wagte diesen Gedanken nicht fertigzudenken.
    Ein dünner Schweißfilm glänzte auf der Stirn der Frau. Die nächsten Sekunden würden darüber entscheiden, ob das lange Leiden weiterging oder endlich zu Ende war.
    Sechs Schritte noch.
    Ellen Turmans Gesicht sah aus wie eine bleiche, starre Maske. Sie fürchtete sich vor einer großen, schmerzhaften Enttäuschung. Ihre Augen glänzten wie im Fieber.
    Sie war so furchtbar aufgeregt, daß sie taumelte. Sie preßte die Fäuste gegen ihren Busen und flehte den Himmel um Hilfe an.
    Fünf Schritte.
    »Alex! Alex! Mein lieber, armer Junge! Daddy und ich werden dafür sorgen, daß dir so etwas Schreckliches niemals wieder zustoßen kann. Ich verspreche dir, daß wir in Zukunft besser auf dich aufpassen werden. Du wirst bei uns schlafen. In unserem Schlafzimmer. Damit wir ganz in deiner Nähe sind und dich besser beschützen können…«
    Vier Schritte. Drei, zwei, einer…
    Der letzte Schritt war beinahe ein Sprung. Die aufgewühlte Mutter schnellte sich buchstäblich vorwärts. Aber da war Alex nicht!
    Die Frau stieß einen verzweifelten Schrei aus. Ihr Gesicht verzerrte sich, als müsse sie schlimme Schmerzen ertragen.
    »Alex! Oh, Alex, wo bist du?« schluchzte Ellen Turman.
    Und abermals vernahm sie einen Kinderlaut. Er lockte sie auf die Straße, und sie folgte ihm, ohne zu überlegen…
    ***
    Ted Turman wurde von einer Stimme geweckt. Er setzte sich im Bett auf. Der Platz an seiner Seite war leer. Er hatte Mitleid mit seiner Frau, die wieder einmal nahezu die ganze Nacht durchwachte.
    Wieder vernahm er Ellens Stimme.
    Nicht im Haus, sondern draußen. Seine Frau lief durch den Garten. Sie sprach dabei. Turman seufzte geplagt.
    Es wird immer schlimmer mit ihr! dachte er.
    Hastig stand er auf. Er eilte zum Fenster und öffnete es. Er glaubte, seine Frau den Namen ihres Jungen sagen zu hören. Sie suchte Alex im Garten. Eine Eishand legte sich um Ted Turmans Herz.
    Mußte es auch noch dazu kommen? Mußte – nachdem man ihm den Sohn geraubt hatte – auch noch seine Frau verrückt werden?
    Ellen lief auf die Ligustergruppe zu.
    »Ellen!« rief Ted Turman mit lauter Stimme. »Ellen, was machst du da draußen? Komm zurück! Komm wieder ins Haus! Du erkältest dich sonst!«
    Ellen hörte nicht. Sie schien sich in ihren Wahn so sehr hineinzusteigern, daß sie um sich herum nichts mehr wahrnehmen konnte.
    »Mein Gott, was macht sie denn?« stieß Ted Turman erschrocken hervor. Seine Frau hatte einen verzweifelten Schrei ausgestoßen, als sie die Ligustergruppe erreicht hatte.
    Und nun verließ sie den Garten…
    Turman wandte sich hastig um. Er riß sich den Pyjama vom Leib, schlüpfte in die Jeans, die über dem stummen Diener hingen, und streifte sein weißes T-Shirt über.
    In der Diele sprang er in seine Slipper. Dann jagte er aus dem Haus. Er überlegte kurz, ob er Ellen mit dem Wagen nachfahren sollte, doch er hatte keine Geduld, erst das Garagentor zu öffnen und sich in dem engen Raum in das Fahrzeug zu zwängen.
    Mit langen Sätzen lief Turman durch den finstern Garten.
    Als er die Straße erreichte, bog Ellen gerade um die nächste Ecke. Sie lief, als wäre der Teufel hinter

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