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0039 - Ich jagte den Mörder meines Freundes

0039 - Ich jagte den Mörder meines Freundes

Titel: 0039 - Ich jagte den Mörder meines Freundes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ich jagte den Mörder meines Freundes
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wirkte erstaunlich. Sechs oder sieben der finsteren Gestalten schoben ihre Gläser beiseite und machten mir den Weg frei.
    Sam reichte mir seine Hand, die ich herzhaft schüttelte. »Wie geht’s uns denn noch, alter Sam?« rief ich lachend. »Saß in den Kneipen herum und dachte, besuche doch einmal den alten Big Sam, deinen Freund.«
    »Recht so, Mistah ' Cotton. Immer noch Kognak-Soda?«
    »Von dem Zeug hab’ ich genug, Alter. Mammy noch auf?«
    »Natürlich, Mistah Cotton. In Küche bei Arbeit.«
    »Dann werde ich Mammy selbst sagen, sie soll mir einen Kaffee brauen.«
    »Sarah sich viel freuen«, grinste Sam und öffnete eine Tür hinter seiner Schanze.
    Ich ging um die Theke herum und orientierte mich bei dieser Gelegenheit, wer alles da war. So vierzig bis fünfzig Jährchen Staatsgefängnis oder Ossining am Hudson mochten Zusammenkommen. Mehr Weiße als Neger. Kinder der Nacht, Abschaum, Menschen jenseits des Gesetzes.
    Mammy war genauso groß und auch so schwer wie ihr Mann. Sie stand am Herd und beschäftigte sich mit einem sonderbaren Gericht. Ihr schwarzes Gesicht glänzte von Schweiß. Wie ich sah, brutzelten fünf Küken in einer Pfanne.
    »Ah, Mistah Cotton — oh, ich nicht kann geben Ihnen meine Hand«, gurgelte Sarah. »Ich muß machen für eine Gast seine heimatliche Leibgericht.«
    »Was ist das denn?«
    »Sie nicht kennen? Das sein Tomale, eine mexikanische Leckerbissen. Huhnbaby gebacken in Olivenöl und gebadet in rotes Pfeffersauce.«
    Mich durchzuckte ein Gedanke. Doch gleich darauf hielt ich ihn für unsinnig. Mexikaner wimmelten im Schmelzofen New York haufenweise herum.
    »Der Gast ist wohl Mexikaner, Mammy?« fragte ich dennoch.
    »Mistah Paredes kommen jede Nacht um die gleiche Zeit, um zu essen seine heimatliche Leckerbissen.«
    »Ist er schon da?«
    »Ich nicht weiß, Mistah Cotton, das aber nichts machen. Wenn noch nicht da, er muß kommen jede Moment.«
    »Wie lange verzehrt dieser Mr. Paredes schon sein Tomale in der Royalty Bar?« fragte ich.
    »Schon sehr lange. Die genaue Zeit ich nicht kann sagen. Aber vier, fünf Monate bestimmt.«
    »Kommt er jede Nacht?«
    »Nein, Mistah Cotton. Nur, wenn er sein in New York.«
    »Ach so, er reist wohl zwischen seiner Heimat und New York hin und her?«
    »Ich annehmen.«
    »Macht er Geschäfte?«
    »Wie ich das kann wissen?«
    »Richtig, Mammy. Einen Gast fragt man nicht, was er treibt. — Ich möchte auch dem kleinen Bud mal guten Tag sagen. Wo steckt er?«
    »Weiß nicht, ob schon in seine Kammer.«
    »Ich sehe mal nach, Mammy. Mach mir einen Kaffee, aber stark.«
    »Wenn Tomale fertig, werde machen, Mistah Cotton.«
    Den Weg zu Bucls Bleibe kannte ich. Im Hinterhof hauste Bud Jinks in einem Verschlag neben der Waschküche. Bud sprang freudig vom Bettrand auf.
    Beim Schein einer an der Decke baumelnden Birne hatte er geschrieben. Wie ich feststellte, lernte er Stenografie.
    »Wo kommst du denn her, Jerry?« staunte er.
    »Von der Arbeit, Bud. Wie immer.« Ich setzte mich auf eine leere Kiste und legte die Zigarettenpackung auf das wackelige Tischchen. »So spät noch am Lernen, Bud?«
    »Man will doch weiterkommen«, sagte er. »Ich möchte auch mal Boß spielen und viel Dollar machen.«
    »Wie geht es King und Victor?«
    Sein bleiches Mausgesicht mit den flinken Augen leuchtete auf. Es verklärte sich direkt. Er zeigte auf vier an der Wand hängende Vogelbauer, die mit Lappen verhängt waren.
    »Sie schlafen, Jerry. Victor kann ich für fünfundzwanzig Dollar verkaufen. Ich tu’s nicht. Guck mal, was ich mir angeschafft habe.« Er lüftete eins der Tücher. In einem Bauer saß ein isabellenfarbener Vogel und schlief. »Weißt du, was das für einer ist?«
    Ich verneinte.
    »Ein Yorkshire Spangles, ein Weibchen. Acht Dollar habe ich für Sweet Katy bezahlt, zehn wollte der Halsabschneider von Händler dafür haben.«
    Ich drückte ihm eine Zehndollarnote in die Hand. »Sweet Katy soll ein Geschenk von mir sein, Bud«, sagte ich.
    Bud strahlte. »Bist ein feiner Kerl, Jerry.«
    Dieser Fünfzehnjährige war ein netter Junge. Ganz anders als die vielen, die im Sumpf vergiftet worden waren. Keine Eltern mehr. Der Vater saß lebenslänglich in Sing-Sing, die Mutter war verkommen, verschollen, vermutlich schon tot. Sam und seine Frau hatten den Heimatlosen aufgenommen.
    »Ich habe in der Zeitung gelesen«, begann er von selbst, was ich auf Umwegen erreichen wollte, »daß du mal wieder hinter einem her bist, Jerry. Sogar hinter einem, der

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