0039 - Ich jagte den Mörder meines Freundes
spricht Jack.«
»Kann ich Miß Winter sprechen?«
»Ach — du bist’s Stephen. Warum bist du nicht mitgekommen, alter Junge? Wieder mal ein toller Zauber. Deinen Rotkopf willst du haben? Deinen Feuersalamander? Der tanzt gerade mit Bill. Hast du soviel zu tun gehabt, Stephen? Jetzt hat es wohl keinen Zweck mehr, herzukommen. Die Nacht ist bald um, und wir sind durch die Bank blau.«
Ich stieß Phil in die Rippen, er sollte jetzt keine Dummheit machen. Er verstand.
»Höre mal, Jack«, sagte er, »es handelt sich um eine Überraschung. Ich habe eine gute Nachricht für Doris. Ihr bleibt doch noch ein Stündchen. Dann bin ich dort, und wir trinken noch einen. Tu mir aber den Gefallen, Jack, keinem von meinem Kommen etwas zu sagen. Wie schon erwähnt, soll es eine tolle Überraschung werden. Sorge dafür, wenn ich dreimal kurz schelle, daß du selbst die Tür öffnest. Noch Personal da?«
»Alles längst im Bett. Wir bedienen uns selbst.«
»Noch besser. Kann ich mich auf dich verlassen, Jack?«
»Sind wir Freunde, oder sind wir keine Freunde?«
»Dann bis gleich.«
»Okay, Stephen.«
Jetzt war ich an der Reihe. Roy wollte ich nicht wecken. Jedenfalls nicht früher, bis ich ihm als Morgengabe Zurufen konnte: Ich habe den Mörder!
»Ich hab’ eine Idee«, sagte Phil und sauste in den ersten Stock. Ich hinterher. »Wo befindet sich das Schlafzimmer des Frauenzimmers?«
Ich öffnete eine Tür. Phil trug mir auf, mit beiden Taschenlampen zu leuchten, und dann begann er etwas Erstaunliches. Vor dem großen Toilettenspiegel verwandelte er sich — in Jasper Hillingcote. Nicht den, wie ihn der Hausverwalter kannte, sondern in den Geschäftsführer des Skiffle Club. Er setzte die Perücke auf, fand unter den unzähligen Dosen, Flakons und Tuben etwas, womit er den Existentialistenbart ankleben konnte, und schminkte sich weiß mit dunklen Schatten unter den Augen. Er sah aus wie eine Wasserleiche.
»So, jetzt noch schnell aus dem Kleiderschrank ein dunkles Jackett und weißes Hemd!«
Ich sauste ’runter und fand sogar noch einen Smoking. In wenigen Minuten stand der Mann vor mir, der wie Jasper Hillingcote ausgesehen haben mußte, wenn er seine Gäste empfing.
Phil schmierte sich das schöne weiße Smokinghemd voll roter Schminke. Es sah aus wie mit Blut besudelt. Wir klemmten Phils Sachen unter den Arm und verließen das Haus über die Leiter.
Auf der Straße sahen wir zwei Cops, die ihre Runde machten. Ich rief sie herbei, legitimierte mich und sagte ihnen, was in dem Haus geschehen war. Und dann ging’s los nach Carlton Hill.
So schnell es nur eben ging, brausten wir zum Westsidö Express Highway und bogen nach Norden. Normalerweise brauchte man gute anderthalb Stunden für die Fahrt. Aber ich setzte mir in den Kopf, es in höchstens vierzig Minuten zu schaffen.
Dreimal folgten uns Streifenwagen der Verkehrskontrolle, aber dem Tempo meines Jaguar waren sie nicht gewachsen. Ich hängte sie ab.
Die Villa lag auf einem sanften Hügel und war von einem Park umgeben. Wir kletterten über die Mauer und standen vor der Tür. Es war ein flaches Gebäude im Bungalowstil. Fast alle Fenster waren erleuchtet und geöffnet. Johlen, Kichern, Lachen, Plattenspielermusik, Gläserklingen. Die Leutchen schienen schön beschwipst zu sein.
Ich klingelte dreimal, wie ausgemacht.
Das Licht flammte auf, die Tür öffnete sich. Bevor der Jüngling im Smoking etwas sagen konnte, ging er, nach Luft japsend, in die Knie. Wir fesselten ihn mit seinem schwarzen Seidenbinder und schleiften ihn in eine Ecke. Das Licht knipste Phil wieder aus.
»Mach’s richtig, Phil«, flüsterte ich und schob ihn vor mir her durch die Halle.
Aus einer geöffneten Tür kam der Radau. Wir traten ein und fanden uns in einem kleineren Raum, der durch eine Portiere von dem anderen getrennt war, in dem sich die lustige Gesellschaft befinden mußte.
Phil schob den Vorhang zur Seite. Der Krach brach ganz plötzlich ab. Nur der Plattenspieler krächzte weiter.
Ich blickte durch einen Spalt zwischen Vorhang und Türrahmen. Acht Menschen — drei Frauen und fünf Männer — saßen oder standen da wie zu Salzsäulen erstarrt. Ich sah sie, die Mörderin meines Freundes, mitten im Zimmer, ein Cocktailglas in der einen, die Zigarette in der anderen Hand. Das Glas fiel zu Boden, die Zigarette auch.
Das gedämpfte Licht war Phil bei seiner Vorführung behilflich. »Ich bin gekommen«, sagte Phil mit grabesdumpfer Stimme, »um von dir, Theresa Salcedo,
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