0039 - Ich jagte den Mörder meines Freundes
einen G-man kein Problem. Zu seiner Ausrüstung gehört nicht nur ein Schießinstrument, sondern auch ein S-Dietrich. Ich trug ihn am Schlüsselbund, weil ich das krumme Ding schon mal verloren hatte.
Die Tür öffnete sich, Phil und ich standen in einem kleinen Flur. Noch vier verschlossene Türen, davon ging eine auf den Korridor. Die drei Türen waren nicht verschlossen. Sie führten zu einem Schlafzimmer, einer Küche und einem Wohnzimmer. Alles war so eingerichtet, als hätte ein Ausstattungsgeschäft die Sachen gerade erst gebracht. Es fehlte nichts, vom Staubsauger bis zum Eierbecher. Und dennoch mußte noch kein Gegenstand benutzt worden sein.
Wir öffneten die Tür zum Korridor und stellten fest, daß die Wohnung zu einem Mietshaus in der 15. Straße gehörte. Es war ein altes Gebäude, jenseits des Korridors befand sich ein Sargmagazin, dessen Eingang an der Straßenfront lag. Eine vom Korridor zum Magazin führende Tür war vermauert, wie man unschwer erkennen konnte. Ein Schild hing an der Wand: »Hausverwalter 1. Etage rechts.«
»Erst mal die komische Wohnung genauer unter die Lupe nehmen«, sagte ich, und wir machten uns an die Arbeit.
Die Fenster waren verschlossen, die Vorhänge zugezogen. Obwohl erst kürzlich die Wohnung mit dem Staubsauger gereinigt worden sein mußte, konnten wir durch unsere Lupen — ebenfalls ein unentbehrliches Requisit unseres Handwerks — noch Fußspuren entdecken.
»Jerry, komm mal her!«
Phil zeigte auf eine Stelle im Wohnzimmer. Die Stelle befand sich zwischen Teppich und Wand. Ich blickte durch meine Lupe und sah deutlich den Abdruck eines Damenschuhs. Die winzigen Absätze, deren Kleinheit und Form, ließen keinen Irrtum zu.
»Na, du ungläubiger Thomas — was sagst du nun?« triumphierte mein Kollege.
»Dadurch wird deine verrückte Theorie, eine Frau wäre der Mörder, noch lange nicht beweiskräftig«, knurrte ich zurück. »Hillingcote hat eine Freundin oder ist .verheiratet,«
»Um so besser für meine Theorie«, konterte Phil. »Eine verheiratete Frau oder eine Freundin, die geheiratet zu werden wünscht, sind die verschwiegensten Komplicen. Und Männer, die in ihre Frauen oder Freundinnen bis über beide Ohren verliebt sind, sind die ergebensten Diener. Womit ich sagen will, daß unser Pärchen in schönster Harmonie arbeitet. Etwa so: Sie war der Boß — wie meistens im Leben —, er deckte ihr den Rücken. Sie zog das Rauschgiftgeschäft mit Peyotl auf, er spielte den Geschäftsführer.«
Diese Unterhaltung wurde zwischen uns geführt, während wir nach deutlicheren Abdrücken suchten. Endlich fand ich einen. Und zwar konnte man durch die Lupe die Umrisse eines Männerschuhabdruckes erkennen. Ich rollte mein kleines Zentimetermaß auf und notierte mir Länge, Breite und so weiter.
Dann ging es weiter. Jetzt war wieder Phil an der Reihe. Er fand in der äußersten Ecke der Tischlade Hornbrille, Perücke und Bart. Der Bart ausgefranst, wie ihn Existentialisten tragen, und er und die Perücke grau. Zweifellos genau das, was die Leute in der Hálle übereinstimmend bei ihren Beschreibungen angegeben hatten.
Wir schlugen uns gegenseitig auf die Schultern. Dieser Fund war unbezahlbar.
»Haben die Burschen nicht behauptet, der Geschäftsführer wäre etwa vierzig bis fünfzig Jahre alt, seine Haut aber noch auffallend glatt? Also ist der Bursche bedeutend jünger, Jerry.«
Roy tauchte in der Öffnung auf. »Was gefunden?« fragte er und kam hochgeklettert.
Phil hatte seinen Fund in die Tasche gesteckt. Das rechnete ich ihm hoch an. Damit war für mich wieder einmal der Vorsprung da.
Wir erzählten Roy nur von den Fußspuren. Mehr war in der Wohnung nicht zu holen. Wir trommelten den Hausverwalter aus den Federn. Der arme Kerl bekam bald den Schlag, als er das Wort Polizei um diese nächtliche Stunde hörte. Wir fragten ihn in seiner Wohnküche aus. Seine Frau wollte Kaffee machen, wir dankten der freundlichen Dame. Die Zeit war zu kostbar.
Seit einem halben Jahr habe Mr. Hillingcote die Wohnung unten gemietet, bekamen wir zu hören. Er sei viel auf Reisen. Vertreter oder so was. Ich fragte, ob er als Hausverwalter davon unterrichtet wäre, daß sich ein unterirdischer Gang von der Wohnung bis zu einem Gebäude in der 16. Straße befände. Das wollte der Mann nicht glauben. Wir nahmen ihn mit und zeigten ihm die Geschichte. Er war total perplex. Bis er sich entsann, daß noch kurz vor dem Einzug des Mieters auf dessen Kosten .fast einen Monat lang
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