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0041 - Das Amulett des Sonnengottes

0041 - Das Amulett des Sonnengottes

Titel: 0041 - Das Amulett des Sonnengottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Wunderer
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als ich eintrat. »Wenn mein Chefkassierer beschwört, daß hunderttausend Pfund fehlen und daß ich ihn dazu überredet habe, sie mir auszuhändigen, dann wird es schon stimmen. Dieser Mann ist absolut ehrlich, sonst wäre er nicht mein Chefkassierer. Aber ich weiß nichts von dem Geld. Ich weiß nicht einmal, daß ich in der Bank war. Ich kam von einem Tennisspiel nach Hause und badete. Abends wollte ich mit meiner Partnerin ausgehen. Ich habe es nicht getan, sondern mich früh schlafen gelegt. Sie hat mich heute morgen ziemlich wütend angerufen, weil ich ihr nicht einmal abgesagt habe.«
    »Und was haben Sie den ganzen Nachmittag über getan?« fragte Inspektor Kendall.
    Schweigen. Der Bankdirektor zuckte hilflos die Achseln.
    »Sind Sie erpreßt worden? Bedroht?« Kendall beugte sich über den Schreibtisch. »Ein Geständnis kann Ihnen helfen. Sind Sie gezwungen worden, das Geld diesem Unbekannten zu übergeben?«
    »Nein«, versicherte Ernest Hemming. Es klang ehrlich. »Nein, ganz bestimmt nicht.«
    Ich wechselte in das Nachbarbüro über. Kendall folgte mir. Er schüttelte den Kopf.
    »Verstehe ich nicht«, sagte er auf dem Korridor. »Der Mann redet sich um Kopf und Kragen. Warum bleibt er nicht bei seiner Version, die er dem Chefkassierer gegeben hat? Dann wäre er aus allem heraus.«
    »Und wie lautet diese Version?« erkundigte ich mich.
    Zwei Minuten später erfuhr ich sie aus dem Mund des Chefkassierers, eines stocksteifen Gentleman, der tatsächlich einen Bowler und einen Regenschirm mit sich herumschleppte. Er trug Schwarz, als käme er soeben von einer Beerdigung.
    »Mr. Hemming rief mich gestern um vier Uhr nachmittags an, ich solle mit meinem Tresorschlüssel in die Bank kommen«, erzählte der Mann, dessen Namen ich mir nicht gemerkt hatte. »Es ginge um Leben und Tod. Und ich durfte nicht darüber sprechen. Ich fuhr hin. Mr. Hemming erklärte mir, daß er allein mit seinem Schlüssel den Tresor nicht öffnen könne. Er werde erpreßt. Jemand drohe damit, Hemmings vierjährige Nichte zu ermorden, wenn Mr. Hemming nicht sofort hunderttausend Pfund bezahle.«
    »Hemming hat gar keine Nichte«, warf Kendall ein. »Weder eine vierjährige, noch eine vierzigjährige.«
    »Das wußte ich nicht«, rief der Chefkassierer, als müßte er sich verteidigen. »Ich habe gemeinsam mit dem Direktor den Tresor geöffnet und das Geld gezählt. Und ich habe mir den Betrag von Mr. Hemming quittieren lassen.«
    Ich starrte den Kassierer fassungslos an. »Eine Quittung?« rief ich.
    Kendall zeigte sie mir. »Einwandfrei Hemmings Handschrift«, bestätigte er. »Das ist ja das Rätselhafte.«
    »Ich habe gesehen, wie Mr. Hemming das Geld einem Mann übergab, der vor der Bank wartete«, fuhr der Kassierer fort. »Ich kann diesen Mann aber nicht beschreiben und ihn auch nicht wiedererkennen. Ich habe ihn nur flüchtig gesehen. Sein bleiches Gesicht ist mir aufgefallen. Das ist alles.«
    Mehr war nicht zu erfahren. Ich aber wußte, daß Superintendent Powell recht hatte. Wenn Hemming kein ganz raffinierter Verbrecher war, hatte ich einen zweiten Fall am Hals.
    Und da war noch etwas, ein dummer Zufall vielleicht, aber es gab mir zu denken.
    An einem Tag zweimal ein Zwischenfall mit einem Bankdirektor. Zuerst Callanians rätselhafte Ermordung, dann Hemmings rätselhafte Aktion.
    Diesen Mann mußte ich mir noch einmal ansehen. Mr. Hemming sollte mir noch ein paar Fragen beantworten.
    ***
    Das Verhör des Bankdirektors ging pausenlos weiter. Eine Weile hörte ich nur stumm zu. Hemming blieb eisern bei seiner Version, sich an nichts zu erinnern. Er tat es mit solcher Überzeugungskraft, daß ich ihm glaubte. Bei Hemming konnte ich es mir erlauben, meinen Gefühlen nachzugeben. Es war nicht mein Fall. Bei Inspektor Kendall war das etwas anderes. Er mußte nach Beweisen suchen.
    Zwischendurch wechselte ich noch einmal in das Nebenbüro, wo der Chefkassierer ebenfalls seine Version der Geschichte beschwor.
    Aussage gegen Aussage, und ich war zuletzt überzeugt, daß beide recht hatten. Hemmings Gedächtnislücke erinnerte michan Jane Collins, die am Samstag etwas Ähnliches erlebt hatte. Dennoch gab es einen Unterschied. Jane hatte sich nach ihren eigenen Worten hinterher wieder daran erinnern können, warum sie unter die Dusche gestiegen war. Bei Hemming fehlte jede Erinnerung.
    Um zehn Uhr vormittags war Inspektor Kendall mit seiner Weisheit am Ende. Er lehnte sich hinter seinem Schreibtisch zurück und seufzte tief.
    »Was

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