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0041 - Die Treppe ins Nichts

0041 - Die Treppe ins Nichts

Titel: 0041 - Die Treppe ins Nichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franc Helgath
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sagend.
    Ja, das war es: nichts sagend. Dabei musste Nana Nicole erkannt haben. Professor Zamorras Sekretärin hatte ihr einmal eines ihrer Kleider geschenkt, denn sie hatten ähnliche Figuren. »Was ist mit Ihnen?«, fragte Nicole besorgt. »Was ist mit Ihrem Vater?«
    Das Mädchen öffnete die Lippen. Was sie sagte, klang wie auswendig gelernt. Die Worte flossen nur zäh, wie bei einem Kind, das zum ersten Mal spricht. »Ich kann Sie zu ihm bringen«, sagte Nana und schaute dabei geistesabwesend an Nicole vorbei. »Kann ich einsteigen?«
    »Aber natürlich.«
    Nicole riss den Wagenschlag auf. Sie war vorher darübergeklettert.
    Nanas Augen huschten über die Armaturen, als würde sie so etwas zum ersten Mal sehen. Sie rückte zur Mitte weiter, so dass Nicole gerade noch Platz hatte.
    »Das ist Nana«, erklärte Nicole knapp. »Eines der Mädchen, das vor kurzem verschwunden ist.«
    Rigo Velasques nickte gottergeben. »Sind Sie sich wirklich so sicher?«, fragte er und starrte das fremde Mädchen mit einem seltsam forschenden Blick an.
    »Sie hat einen Schock davongetragen«, antwortete Nicole nur. »Ist das nicht verständlich? Das arme Mädchen. Was müssen Sie durchgemacht haben. Erzählen Sie!«
    Die letzten Worte hatten wieder dem Mädchen gegolten.
    Aber Nana sagte nichts. Sie schaute dumpf über die lange Motorhaube auf die Straße. »Geradeaus weiter«, kam es nach einer Weile tonlos. »Wir müssen geradeaus fahren.«
    Der Motor war beim Abbremsen abgestorben. Rigo Velasques ließ ihn wieder an. Als er an den Ganghebel der Mittelkonsole fasste, berührte er versehentlich die nackten Knie des Mädchens. Sie waren eisig kalt, obwohl es jetzt zu dieser Stunde mindestens 35 Grad im Schatten hatte. Seine Hand zuckte zurück.
    »Was ist?«, fragte Nicole. »Warum fahren Sie nicht weiter? Sie hörten doch! Geradeaus.«
    Velasques schnaubte grimmig. »Geradeaus in die Hölle. Wie Sie es befehlen, Señorita.«
    Wieder berührte er Nanas Knie. Sie schien von dieser Berührung nichts zu bemerken. Die Haut fühlte sich hölzern an. Wie poliert.
    Und eiskalt. Rigo Velasques stieß den ersten Gang ins Getriebe und ließ die Kupplung kommen. Der rote Wagen schoss mit einem Satz nach vorne.
    »Ist Ihnen kalt?«, wollte Nicole jetzt besorgt wissen. Endlich hatte auch sie bemerkt, welch unheimliche Temperaturen von diesem Mädchen ausgingen. Geradeso, als wäre es eben einer Tiefkühltruhe entstiegen.
    »Nein«, kam klar die Antwort. Sonst nichts.
    Velasques hatte wieder die vorherige Geschwindigkeit erreicht.
    Ihm war jetzt alles egal. Eine Art Fatalismus hatte von ihm Besitz ergriffen. Für ihn war der Ausgang dieses Unternehmens von Anfang an klar gewesen. Die Fahrt konnte kein gutes Ende nehmen. Das fremde Mädchen neben ihm war kalt wie eine – Leiche…
    Ein Spuk. Keine Wirklichkeit.
    Velasques raste weiter. Die Raserei lenkte ihn ab. Sie zwang ihn, sich auf die Straße zu konzentrieren. Und an etwas anderes wollte er nicht denken. Nur nicht denken in dieser Situation.
    Dann konnte auch keine Angst aufkommen.
    Wieder eine Kehre. Er nahm sie fast auf zwei Rädern. Das Heck des Wagens schlitterte zur Straßenmitte. Velasques steuerte dagegen, gab Gas und fing ihn ab. Haarscharf am Abgrund auf der anderen Seite vorbei. Die Reifen quietschten gequält. Rigo Velasques starrte verbissen auf das graue Band der engen Straße, die wie eine zu schnell geschaltete Rolltreppe unter ihnen hinwegschoss.
    Trotz aller Konzentration spürte er den Griff an seiner Schulter. Es war ein eiskalter Griff. So viel Kraft konnte das Mädchen gar nicht haben. Er wollte aufschreien vor Schmerz. Die Schulter tat ihm weh.
    Nicole erging es ähnlich, als Nana plötzlich beide Hände erhoben und sie auf ihrer beiden Schultern gelegt hatte.
    Velasques kurbelte am Steuer. Wie wild. Doch er konnte drehen, wie er wollte. Die Reifen reagierten nicht auf den Ausschlag. Sie rasten weiter, wild wirbelnde, silberne Speichen.
    Der Wagen schoss auf den Abgrund zu. Nicole schrie auf.
    Dann röhrte der Alfa über die Straße hinaus, hing einige Augenblicke in der Luft wie ein Turmspringer über dem Wasserbecken. Jetzt senkte sich die rote Schnauze.
    Doch unter ihnen war kein Wasser. Und wenn: Es hätte ihnen auch nichts genutzt. Die Schlucht war hier fast zweihundert Meter tief. Niemand überlebt so einen Sturz.
    Rigo Velasques spürte das Fahrstuhlgefühl im Magen. Es ging abwärts. Sie wurden aus den Sitzen gehoben. Der Wagen fiel unter ihnen davon.
    Aber

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