0043 - Der Vampir von Manhattan
Schatten.
»Ob wir sie erwischt haben?« fragte Phil Roscoe.
Da drang es wie ein nebelartiges Gas durch den Türspalt auf der Seite des CoPiloten. Binnen Sekunden entstand eine Nebelwolke, in der glimmende Funken tanzten. Aus der Nebelwolke materialisierte sich ein kräftig gebauter Mann mit schwarzer Lederjacke.
Er hockte neben dem CoPiloten, den er von seinem Platz verdrängte. Er hielt Phil Roscoe gepackt. In seinem aufgerissenen Mund unter der Hakennase bleckten lange, dolchspitze Eckzähne.
Der CoPilot wehrte sich verzweifelt. Doch seine Faustschläge erzielten keine Wirkung, der Vampir war stärker als er. Phil Roscoe schrie aus Leibeskräften.
»Stuart, Stuart, so hilf mir doch! Er beißt mich! Er… ahhhh!«
Sein Schrei brach mit einem Gurgeln ab, das jählings verstummte. Stuart Andrews konnte dem Unglücklichen nicht helfen. Jetzt rächte es sich, daß die Hubschrauberpiloten wie auch das Gros der übrigen eingesetzten Sicherheitskräfte nur ungenaue Informationen erhalten hatten.
An Bord des Hubschraubers befanden sich weder ein Kreuz, noch ein Vampirpflock, Weihwasser oder Knoblauch. Dem Piloten brach der kalte Schweiß aus. Er wollte seine Maschine so schnell wie möglich landen, auf dem Dach des nächsten Wolkenkratzers, der über einen Hubschrauberlandeplatz verfügte.
Doch während der Sikorsky-Helikopter durch die Lüfte dröhnte, war es um den CoPiloten schon gesehen. Der Biß des Vampirs hatte ihn in eine willenlose Kreatur verwandelt, die dem Blutsauger Untertan war.
Auch auf der andern Seite zischte jetzt ein Nebel mit darin tanzenden Funken herein. Ein zweiter Vampir entstand, er lag halb über dem Piloten. Stuart Andrews brüllte vor Entsetzen, als er den Steuerknüppel loslassen mußte. Der Helikopter begann zu wackeln und senkte sich rasch.
Er steuerte genau auf den Fernsehsendemast auf dem Dach des Empire State Buildings zu. Doch da ergriff der CoPilot über die Simultansteuerung die Initiative. Er legte das Höhenruder um, gab Gas und packte den Steuerknüppel. Im letzten Moment gelang es ihm, dem Sendemast auszuweichen, er zog den Helikopter steil nach oben.
Stuart Andrews, der Pilot, war bereits nicht mehr bei klarem Bewußtsein. Der Vampir hatte ihn überwältigt. Andrews und Roscoe waren zwei der ersten Opfer von Montagues und Asenaths Schar.
Die beiden hatten sich getrennt. Montague flog in Gestalt einer Riesenfledermaus über den Wolkenkratzern von Manhattan quer über die Upper Bay nach Richmond hinüber. Er ließ sich vom Nachtwind tragen, er hatte Zeit. Montague war wie berauscht. Er fühlte sich bereits als Sieger, nichts konnte ihn aufhalten.
Ihm schwebte etwas besonders Teuflisches vor. Er wollte sich an seinem Nachfahren Frank Harper rächen, weil er bei John Sinclair und Suko geplaudert hatte. Zwar konnte Frank nichts dazu, doch das interessierte Montague nicht. Der junge Mann sollte leiden, schlimmer denn je.
Montague erreichte die Nervenklinik am Huguenot Park. Er schraubte sich tiefer, mit untrüglichem Instinkt spürte er, in welchem Gebäude sich Frank Harper aufhielt. Lautlos schwebte die riesige Fledermaus vor das Fenster. Der Vampir hielt sich außerhalb des Lichtbereiches.
Frank Harper lag auf dem Bett und rauchte eine Zigarette. Linda Maitland saß neben ihm und beugte sich über ihn. Die jungen Leute hatten das Licht eingeschaltet, den Rolladen aber nicht heruntergelassen. Montague konnte leicht ins Zimmer sehen.
Die Eisengitter vor dem Fenster hätten ihn nicht abgehalten, wohl aber das Kreuz und die Knoblauchzehen. Das Zeichen des Guten ließ den Vampir erbeben, er unterdrückte einen wütenden Aufschrei.
Doch er fand rasch eine Möglichkeit, seinen Plan in die Tat umzusetzen. Er hatte gehofft, daß Linda Maitland bei Frank Harper geblieben wäre.
Montague flog höher und schwebte über den Klinikgebäuden. Er sah alles, was sich auf dem Gelände abspielte. Er sah auch, wie ein große, hagere Frau das Verwaltungsgebäude verließ und zum Parkplatz ging. Es war Miß Tippington, die Vorzimmerdame und Sekretärin des Klinikleiters, die ihren Dienst beendet hatte.
Miß Tippington trug kein Kreuz bei sich, entgegen der Anordnung von Dr. Ruben Lorrimer. Doch Audrey Tippington war eine überzeugte Atheistin. Sie sah in der Anweisung ihres Chefs lediglich eine Überspanntheit. Dr. Lorrimer hatte sich dem Klinikpersonal gegenüber nicht klar genug ausgedrückt.
Von Vampiren erzählen mochte er nicht. Er hatte lediglich von ungewöhnlichen Umständen und
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