0044 - Wir kämpften nach drei Seiten
Kampf zwischen den fünf Burschen, alles breitschultrigen und anscheinend gut trainierten Leuten, die mit Sachlichkeit, aber auch mit einem gewissen Spaß an der Sache kämpften, und dem Personal der Bar.
Die Kellner, die Mixer und selbst der bullige Portier hatten keine Chance. Kein Tisch blieb stehen, kaum eine Flasche blieb ganz, und zwei der Raufbolde nahmen sich sogar die Zeit, die einzelnen Kellner auf den Kopf zu stellen. Was dabei an Kokain-Briefchen aus den Taschen fiel, nahmen sie an sich.
Genau sieben Minuten nach dem ersten Faustschlag war die Bar ein Trümmerhaufen, und die Steen-Männer verschwanden mit einem Auto, während der Geschäftsführer noch den Telefonhörer in der Hand hielt und sich nicht entschließen konnte, die Polizei anzurufen aus Furcht, sie könne irgendwo Kokain finden.
Ungefähr eine Stunde später wurde Red Frestone, eine schmierige Straßenhändlertype, die Kokain in kleinen, finsteren Kneipen oder auch in bestimmten Straßen anbot und verkaufte, von zwei Männern in eine dunkle Toreinfahrt gedrängt.
»Raus mit dem Koks«, sagte einer der Männer, und als Frestone sich zu wehren versuchte, warf der eine ihn zu Boden, während der andere mit schnellen Händen seine Taschen abtastete und das Lederetui mit den Briefen an sich nahm.
Frestone war nicht so vorsichtig wie der Geschäftsführer der Bar. Sobald er wieder Luft schnappen konnte, schrie er: »Hilfe! Überfall! Hilfe!«
Er hatte auch Erfolg mit seinem Gebrüll. Zwei Streifencops interessierten sich für ihn, aber die beiden Männer, von denen Frestone überfallen worden war, waren längst über alle Berge.
Lieutenant Torstsens Leute bekamen in der Nacht noch einiges zu tun. Je weiter die Nacht fortschritt, desto öfter heulten die Sirenen der Streifenwagen.
Zwei, drei Drugstores wurden heimgesucht, Fensterscheiben zerklirrten, Flaschenreihen stürzten aus den Regalen, Stühle und Tische polterten um.
Auch Frestone blieb nicht der einzige Kleinhändler, der in dieser Nacht seine Ware verlor. Noch vier andere sahen sich plötzlich in dunkle Ecken gedrückt. Schnelle Finger raubten ihnen die Ware, oft so schnell, dass sie sich kaum wehren konnten, und wenn sie sich wehrten, dann machten drei, vier gekonnte Griffe sie kampfunfähig. Rysdael, ein schwarzer Kokainhändler, erlebte seine unangenehme Überraschung genau in dem Augenblick, in dem er einem Kunden, einem Farbigen, der zerlumpt war und ausgehöhlt vom Rauschgift, einen Brief übergeben wollte, für den das Opfer seine letzten Dollar bezahlt hatte. Eine schwere Faust schlug Rysdaels Klaue nieder, dass der Brief zur Erde fiel, sich öffnete und die kostbaren Stäubchen des Giftes über das Pflaster wehten. Eine zweite Faust traf das Kinn des Händlers, und Rysdael sank an der Hauswand abwärts.
In seinem Fall war übrigens durch Zufall die Polizei so rasch zur Stelle, dass die Ware, die Rysdael bei sich trug, nicht in die Hände der Steen-Leute fiel, sondern in die der Polizei, was allerdings für den Händler kaum einen Unterschied machte, zumal, da er auf diese Weise auch noch hinter Gitter geriet und eine beachtliche Reihe von Gefängnisjahren vor sich sah. Den armen Teufel von Süchtigen brachten die Cops gleich in eine Entziehungsanstalt.
Den größten Schlag gegen die Verkaufsorganisation des Chefs führten die Steen-Leute, als es ihnen gelang, den Wagen von Armand Lechaud zu stoppen. Lechaud war ein Zwischenhändler in Harlem, ein Mann, der schon einen recht großen Bezirk belieferte und der bereits soviel verdiente, dass er sich eine Leibwache halten konnte. Natürlich hatte auch Lechaud keinen direkten Kontakt zum Chef, aber er hielt sich für einen Großen im Geschäft. Im Schutz seiner Gorillas nahm er die Verteilung der Ware selbst vor. In einem großen Cadillac fuhr er von Bar zu Bar, hatte Verabredungen mit den Kleinhändlern und belieferte auch einige Zwischengrossisten in anderen Stadtteilen.
Als Lechaud mit zwei seiner Wächter aus der Cito-Bar kam, wo er fünfzig Briefe verkauft hatte, fielen zwei Männer über die Leibwächter her und erledigten sie so prompt und sicher, dass keiner von den Burschen zur Pistole greifen konnte.
Gleichzeitig sprangen drei andere Männer den Cadillac an, schlugen den Chauffeur auf dem Sitz nieder und zerrten den dritten der Leibwächter aus dem Wagen und erledigten auch ihn. Dabei allerdings fiel ein Schuss, und einer der Angreifer griff sich mit einem unterdrückten Schmerzlaut an die Schulter.
Armand Lechaud
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