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0046 - Das Haus der Verfluchten

0046 - Das Haus der Verfluchten

Titel: 0046 - Das Haus der Verfluchten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Werder
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Barons führten den wegen Hexerei verurteilten Landwirt heran.
    Er wurde auf das Podest geschafft, und ein Soldat legte ihm die Schlinge um den Hals.
    Einer der Söhne des Barons hob die Hand. Als er sie fallen ließ, riss ein Soldat einen Balken zur Seite, und der Verurteilte fiel nach unten, in die Öffnung, die die Falltür freigegeben hatte.
    Er war sofort tot.
    Zamorra stand mit Lucille Renard immer noch neben der Schlosstreppe. Als sich jetzt wieder ein Nebel zu bilden begann und sich langsam das Gesicht des eben Gehenkten abzeichnete, zog der Professor das Mädchen in die Mitte des Hofes. Er schlang, genau wie in der vergangenen Nacht, die Kette des Amuletts um ihre Hände und wartete, bis die nebelhafte Erscheinung zu sprechen begann.
    Dann redete der Professor. Deutlich und akzentuiert sagte er einen Spruch auf, den niemand außer ihm verstand. Es war eine Sprache, die heute nirgendwo auf der Welt mehr gesprochen wurde.
    Aber der Erfolg war deutlich sichtbar.
    Das Gesicht zerfaserte und löste sich in einzelne Nebelfetzen auf.
    Ein leiser Schrei, wie aus unendlicher Ferne, wehte zu den Menschen, die auf dem Hof standen, herüber.
    Dann wechselte die Szene. Galgen, Mönche und Soldaten verschwanden. Dafür erschien eine Lichtung, rundherum von alten, massigen Bäumen umgeben.
    Mindestens achtzig Personen waren dort versammelt. Es brannten nur wenige Fackeln, die die Szene notdürftig erhellten.
    Ein alter Mann stand auf und ging in den Hintergrund der Lichtung. Jetzt erst sah Zamorra, dass sich dort eine winzige Hütte befand.
    Zamorra zog Lucille mit sich und folgte dem Alten.
    Die Hütte hatte kein Fenster, und die Tür bestand aus ein paar Fellen.
    Sie konnten deutlich hören, was gesprochen wurde.
    »Was sollen wir tun?«, fragte eine Stimme.
    »Ihr könnt euch nur so zur Wehr setzen, indem ihr alle Bradois tö- tet«, antwortete jemand.
    »Das ist auch nicht sehr sinnvoll, dann werden wir alle umgebracht!«
    »Bringt meinen Stuhl und den Tisch ins Freie«, klang die brüchige Stimme eines offenbar alten Mannes auf, »ich werde etwas aufschreiben.«
    Zamorra zog sich mit Lucille wieder zurück und wartete ab, was geschah.
    Fürsorglich von zwei jüngeren Männern gestützt, kam ein Greis aus der Hütte.
    Andere trugen einen einfachen Stuhl und einen Tisch heraus.
    Der Alte setzte sich und nahm eine Feder.
    »Wir werden die Bradois verfluchen. Jeder, der aus dieser Sippe ist und auf seinem Besitz weilt, wird sterben. Er wird so sterben, wie seine Vorfahren unsere Brüder und Schwestern sterben ließen. Der Fluch ist erst aufgehoben, wenn der letzte Spross dieser Familie tot ist. Ich schreibe diesen Fluch, seine Worte, hier in dieses Buch. Wir wollen nicht gnadenlos sein, sondern der Sippe Gelegenheit geben, ihre Untaten zu sühnen. Ist die Sühne erfolgt, wird der Fluch aufgehoben.«
    Feierlich schrieb der alte Mann einige Minuten in das Buch und streute dann Sand über die Seiten. »Nehmt dieses und versucht, es im Schloss unterzubringen«, sagte er und reichte den anderen den schweren Band.
    Dann segnete er die Menschen, und ließ Tisch und Stuhl wieder in die Hütte zurücktragen.
    »Wir werden gehorchen«, sagte einer der Männer, »aber wehren müssen wir uns trotzdem.«
    »Das sollt ihr auch, aber geht mit eurem Leben nicht leichtfertig um.« Die Stimme des alten Mannes wurde immer brüchiger. Er schien erschöpft zu sein.
    Nach wenigen Minuten kamen die Männer wieder aus der Hütte und gingen zu den anderen.
    »Wir wählen jetzt diejenigen aus, die das Buch in das Schloss bringen sollen. Meldet sich jemand freiwillig?«, fragte derjenige, der das Buch trug.
    Ein Pfiff drang durch die Nacht, dann klangen noch zwei schrille Pfiffe auf, und die Menschen waren in Sekundenschnelle hinter Bäumen und Sträuchern verschwunden.
    Keuchend lief ein Mann auf die Lichtung. Er blickte sich um, sah aber niemanden.
    Er ließ sich in das Gras fallen. Nur langsam kam sein Atem zur Ruhe. Schließlich kamen vier Männer hinter den Bäumen hervor.
    »Denis, was ist geschehen?«, fragte einer der vier.
    »Sie haben soeben Marcel, Hugo und Pierre umgebracht«, sagte der immer noch am Boden Liegende kraftlos.
    Dann berichtete er genau das, was Zamorra und die anderen auf dem Schlosshof gesehen hatten.
    Zornig fuhr ein Mann auf: »Das werden sie büßen! In der kommenden Nacht gehe ich, und dann habe ich das Buch bei mir. Jeder, der mir über den Weg läuft, wird umgebracht. Jetzt ist es aber genug.«
    Die anderen drei

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