0046 - Wir deckten seine Karten auf
musste schnell wieder zurückzucken, als die Tür erneut geöffnet wurde. Im Türrahmen war ein großer, schlanker Mann zu sehen, der etwa vierzig Jahre alt sein mochte. Er trug einen gut geschnittenen Anzug und rauchte eine Zigarre. Sein Gesicht war im Grunde nichtssagend. Es wirkte hager, aber nicht kränklich. Der Mund dieses Mannes war schmal und verkniffen. Das fast viereckige Kinn verriet Brutalität.
Er ging sehr zielstrebig auf eine Eisentür zu, die sich am Ende des Korridors befand und die gerade noch von mir eingesehen werden konnte.
Der Mann, vielleicht handelte es sich um diesen Siworski, schloss die Eisentür auf und verschwand aus meinem Gesichtsfeld.
Jetzt hielt mich nichts mehr auf dem Treppenabsatz.
Ich huschte in den ersten Stock hinunter und pirschte mich an die Tür heran. Dann allerdings fiel mir das Zimmer ein, aus dem Tanzmusik drang. Nein, bevor ich diesem hageren Mann folgte, musste ich mich erst einmal vergewissern, dass mir keiner in den Rücken fallen konnte.
Vorsichtig peilte ich in das Zimmer hinein. In einem Sessel hing ein stämmiger Bursche, der den Mund geöffnet hatte und laut schnarchte.
Ich ließ ihn schlafen, um keine Zeit zu verlieren, aber ich zog die Tür doch vorsichtig zu, klinkte sie ein und schloss von außen ab. Wenn dieser Schläfer das Zimmer verließ, musste er einen gewaltigen Krach machen, der mich warnen konnte.
***
Ich stand vor der Eisentür und öffnete sie vorsichtig. Als der hagere Mann sie benutzt hatte, war ich schon dahintergekommen, dass sie nicht in den Angeln quietschte.
Hinter der Eisentür befand sich ein weiter Lagerraum, in dem es nach Staub, Moder und Leim roch. Weit hinten brannte eine einzelne Glühbirne, die einfach an einem Draht von der Decke herabhing. Zwischen den abgestellten Möbeln, den Kisten und Koffern erkannte ich eine Gasse, die ich benutzte.
Ich kam ungehindert durch die Lagerhalle und stand schließlich vor einer weiteren Tür, die nur angelehnt war. Als ich sie aufzog, begann dieses Ding infernalisch zu knarren, als würde es dafür bezahlt.
Ich schlüpfte durch den geschaffenen schmalen Spalt und befand mich in einem Treppenhaus und mit einer breiten aus Eisenbeton gegossenen Treppe. In der Mitte des Treppenschachtes befand sich der Lastenaufzug.
Jetzt war ich erst einmal mit meinem Latein am Ende.
Sollte ich nach oben gehen?
Nein, es war schlechthin unmöglich, anzunehmen, dass sich der Gesuchte selbst in einer Falle aufhielt. Und die oberen Stockwerke mussten für ihn wie eine Falle wirken, denn die Lagerschuppen standen isoliert und boten keine Möglichkeit, auf ein anderes Dach der benachbarten Häuser überzuwechseln.
Ich entschied mich also für den Abstieg.
Vorsichtig stieg ich über die Stufen nach unten. Ich war darauf gefasst, beschossen zu werden, aber es ereignete sich nichts.
Ich erreichte eine Tür, die in das untere Stockwerk des Schuppens führte. Auch sie war nur angelehnt. Als ich in die Lageretage sah, brannte auch hier eine trübe Glühlampe.
Diesmal brauchte ich nicht lange herumzurätseln, welchen Weg ich gehen sollte.
Stimmen waren zu hören, die miteinander stritten.
Sie kamen nicht aus der Lageretage, sondern unten aus dem Keller. Ich flitzte zurück zur Treppe und kletterte weiter nach unten. Durch einen Mauerdurchbruch konnte ich einen Aufenthaltsraum sehen, in dem roh getischlerte Tische und Bänke standen. In der linken Ecke dieses Raumes befand sich ein Glasverschlag, in dem Licht brannte.
Da die Scheiben aus Milchglas waren, ließen sich nur zwei Gestalten unterscheiden, die sich dicht gegenüberstanden. Ich hatte keine Bedenken, näher an diesen Glasverschlag heranzugehen.
Mir kam es darauf an, etwas von dem Gespräch aufzuschnappen.
Aber es war wie verhext, als ich die Box erreicht hatte, sprachen sie gerade nicht miteinander. Ich baute mich so auf, dass man mich von der Tür zum Aufenthaltsraum aus nicht sehen konnte. Ich hockte mich neben einen Tisch und sperrte die Ohren auf. Da, endlich, sie lagen sich wieder in den Haaren.
»Mit Feigheit hat das gar nichts zu tun«, sagte gerade eine mir unbekannte Stimme, »aber rechne dir doch selbst aus, Joe, wie der Hase läuft. Deine drei Jungs sind noch immer nicht zurückgekommen, da muss was passiert sein, verlass dich drauf.«
»Du hast früher schon immer schnell die Nerven verloren«, erwiderte der Mann, dessen Vorname Joe lautete.
Wahrscheinlich handelte es sich um Clargo, den ich suchte. Aber noch griff ich nicht ein,
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