0047 - Der Alptraum-Garten
das Wasser gleiten. Und da sah er es.
Rechts von ihm geriet die graugrüne Brühe in Bewegung. Strudel bildeten sich, schäumten hoch und warfen dicke Blasen, die sehr schnell wieder zerplatzten.
»Bill!« rief Suko. »Da – rechts…«
Die nächsten Worte verschluckte er, denn wo sich eben noch der Strudel befunden hatte, tauchte der riesige Schädel einer gewaltigen Seeschlange auf…
***
Mit einem nicht zu überhörenden Knall wurde die Tür hinter mir zugeworfen. Allein stand ich auf der Treppe.
Und gefesselt.
Vor mir sah ich den gepflegten Park mit all seinen Standbildern und Denkmälern. Sie waren jetzt meine Todfeinde!
Mit wie vielen von ihnen ich es zu tun hatte, wußte ich nicht. Mir war nur klar, daß sie mir ans Leben wollten.
Aber noch war ich nicht tot. Und ich hatte es, verdammt noch mal, gelernt zu kämpfen.
Doch bevor ich mich mit den gefesselten Fäusten verteidigte, mußte ich meine Lage durchdenken. Vielleicht konnte ich den steinernen Monstern durch List und Tücke entweichen, ihnen sozusagen einen Streich spielen.
Wo war ich vor ihnen sicher?
Im Wald. Aber bis ich dort war, hatten mich die Ungeheuer schon längst entdeckt. Also nichts.
Wichtig war vor allen Dingen, daß ich meine Fesseln loswurde. Allein mit gebundenen Händen schnell zu laufen, ist schon schwierig genug, geschweige denn, sich zu verteidigen.
Ich warf einen Blick zurück und sah das haßverzerrte Gesicht der Frau hinter einer Fensterscheibe.
Sie hatte gut lachen.
Langsam schritt ich die restlichen Stufen hinunter. Interessant war auch das Boot, mit dem wir gekommen waren. Wenn ich das erreichen konnte, hatte ich die halbe Miete kassiert.
Die Seeschlange oder das Seeungeheuer fiel mir wieder ein. Ich glaubte der Frau aufs Wort, daß es so etwas gab. Der Schwarze Tod war immer in der Lage, die schlimmsten Geschöpfe entstehen zu lassen.
Und dann hörte ich das Knirschen.
Über mir.
Ich warf einen Blick nach oben, sah plötzlich, wie sich am Dach etwas bewegte, und im nächsten Moment rutschte unterhalb der Dachrinne ein vorhängender Steinkoloß aus dem Gefüge und fiel zu Boden.
Ich flog förmlich nach vorn. Wenn der Stein mich erwischte, war es aus.
Den letzten Satz hechtete ich vor und genau in ein Gebüsch hinein, wo die wippenden Zweige mich auffingen.
Hinter mir krachte der Stein zu Boden und hinterließ einen regelrechten Krater, solch eine Aufprallwucht hatte er.
Mir wurde nachträglich noch angst und bange.
Das also war die erste Warnung. Mit Hilfe der Schwarzen Magie ließ sich alles machen, sogar tonnenschwere Steine aus dem Gefüge reißen. Ein harter Zweig wischte an mir vorbei. Ich hatte nicht viel abgekriegt, lag aber in einer unbequemen Stellung im Gebüsch.
Und die Hände weiterhin gefesselt.
Wie ein Tier strampelte ich mich frei, wollte aufstehen, blieb wieder hängen und fiel hin.
Mein Fluch war nicht druckreif. Wenn das so weiterging, war ich schon verloren, bevor die heiße Jagd begonnen hatte.
Wären nur die verflixten Fesseln nicht gewesen. Ich zerrte und riß wie ein Besessener an den Stricken, doch der Erfolg war gleich Null.
Ich drehte mich wieder, und zwar so, daß ich das Haus und auch den heruntergefallenen Stein sehen konnte.
Das Gesicht hinter dem Fenster war verschwunden, wahrscheinlich besprach sich Lydia La Grange jetzt mit dem Schwarzen Tod. Mir war es egal, mich interessierte plötzlich etwas anderes.
Der Stein.
Er war nicht zerbrochen, sondern lag in seiner ursprünglichen quaderartigen Form vor dem Haus.
Und er hatte Kanten.
Scharfe Kanten.
Die Idee durchzuckte mich wie ein Blitzstrahl! Wenn ich es schaffte, die Stricke an einer der Kanten durchzureiben, war dies eine fantastische Sache.
Ich arbeitete mich aus meiner unbequemen Lage hervor und lief gebückt auf den Stein zu.
Ich ließ mich auf die Knie fallen, rutschte ein Stück vor, drehte mich dann so, daß mein Gesicht zum Kantenwinkel hinzeigte, hob die Arme etwas an und brachte die gefesselten Hände in die Nähe der Steinkante.
Dann begann ich zu reiben.
Es waren keine groben Seemannsstricke, die leicht zu durchscheuern waren, sondern feine, mehrmals gedrehte Bänder, die tief in die Haut schnitten.
Aber für mich gab es kein Halten. Ich mußte die Fesseln loswerden, wollte ich eine Chance im Kampf ums Überleben haben.
Hin und her rieb ich die zusammengebundenen Hände. Klar, daß ich mir dabei auch die Haut aufriß, aber ich unterdrückte die Schmerzen und arbeitete verbissen weiter.
Es ging
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