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005 - Die Melodie des Todes

005 - Die Melodie des Todes

Titel: 005 - Die Melodie des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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Stuhl, setzte sich auf den Bettrand und beglückte den Bräutigam mit kritischen Bemerkungen.
    »Übrigens«, sagte er plötzlich, »habe ich gestern Ihren alten Freund wiedergesehen.« Gilbert blickte sich um. »Sie meinen Springs, den Musiker?«
    Der andre nickte. »Er spielte für eine lustige Gesellschaft nach dem Theater - ein feiner alter Kerl.«
    »Ja, das ist er«, sagte Gilbert zerstreut.
    Er unterbrach seine Toilette, nahm einen Briefumschlag vom Tisch und reichte ihn dem andern. »Soll ich das lesen?« fragte Leslie. Gilbert nickte.
    »Eigentlich ist nichts darin zu lesen«, sagte er; »es ist das Hochzeitsgeschenk meines Onkels.«
    Der junge Mann öffnete den Umschlag und zog einen Schein heraus. Er schaute auf die Zahl und pfiff leise.
    »Einhundert Pfund«, sagte er. »Großer Gott! Davon können Sie nicht lange leben. Ich nehme an, Sie haben Frau Cathcart unterrichtet?«
    Gilbert schüttelte den Kopf.
    »Nein«, entgegnete er kurz. »Ich hatte die Absicht, es ihr zu sagen, habe es aber dann doch nicht getan. Ich bin fest überzeugt, Leslie, daß wir ihr Unrecht tun. Sie hat ihre Anschauungen über Geld so nachdrücklich geäußert. Und schließlich bin ich ja kein armer Teufel«, sagte er lächelnd.
    »Sie sind schlimmer dran als ein Armer«, sagte Leslie ernsthaft; »ein Mann mit sechshundert Pfund im Jahr!«
    »Wieso?«
    »Sie werden Ihre Bedürfnisse nie unter zweitausend herunterschrauben können und werden Ihr Einkommen nie über sechshundert bringen - dazu Ihre Stellung im Auswärtigen Amt, das sind nur weitere sechshundert.«
    »Arbeit«, sagte der andere.
    »Arbeit!« entgegnete Leslie spöttisch. »Sie können sich nicht durch Arbeit Geld erwerben. Man kommt zu Geld durch Spekulationen und dadurch, daß man seine Mitmenschen ausnutzt. Sie sind zu gutherzig, um Geld zu machen, mein Sohn.«
    »Es scheint, daß Sie es verstehen«, sagte Gilbert mit einem leichten Lächeln.
    Leslie schüttelte energisch den Kopf.
    »Ich habe nie in meinem Leben einen Pfennig verdient«, gestand er mit einer gewissen Befriedigung. »Nein, ich erfreue mich einiger sehr tatkräftiger, nüchterner Seniorteilhaber, die das ganze Geld produzieren. Ich heimse nur zu bestimmten Terminen meine Dividenden ein. Aber ich hatte eben Glück. Übrigens, wie haben Sie Ihr Geld angelegt?«
    Gilbert war im Begriff, seine Krawatte zu binden. Er blickte mit einem leichten Stirnrunzeln auf. »Was meinen Sie damit?« fragte er.
    »Ich meine, besteht es in sicheren Papieren - wird es auch nach Ihrem Tod noch vorhanden sein?« Die leichte Falte zwischen Gilberts Brauen vertiefte sich. »Nein«, sagte er kurz. »Nach meinem Tod wird kaum so viel dasein, daß es hundertfünfzig im Jahr einbringt. Ich beziehe nur eine Lebensrente aus diesem Kapital.« Leslie pfiff leise vor sich hin.
    »Nun, ich hoffe, alter Knabe, daß Sie gut versichert sind.« Gilbert machte keinen Versuch, Leslie zu unterbrechen, als dieser mit großer Beredsamkeit und Geschicklichkeit sich über die Pflichten und die Verantwortung eines Familienoberhauptes verbreitete und seine Ansichten über Versicherte und Unversicherte zum besten gab.
    »Manche Leute sind so unvorsichtig«, erklärte er. »Ich kannte einen Mann -«
    Er hielt plötzlich inne, da er Gilberts Gesicht im Spiegel erblickte. Es sah abgehärmt und verzerrt aus, wie das Gesicht eines Mannes in tödlichem Schmerz. Leslie sprang auf.
    »Um Himmels willen, was ist los mit Ihnen, lieber Freund?« rief er, eilte an seine Seite und legte ihm die Hand auf die Schulter.
    »Oh, es ist nichts - nichts, Leslie«, sagte Gilbert. Er fuhr mit der Hand über seine Augen, als wolle er ein häßliches Bild verjagen.
    »Ich fürchte, ich bin ein ziemlich leichtsinniger Kerl gewesen. Sie begreifen, ich habe mich zu sehr auf das Geld meines Onkels verlassen. Ich sollte mich doch versichern lassen.«
    »Das kann Sie doch nicht so aufregen?« fragte der andre verwundert.
    »Es regt mich schon ein bißchen auf«, sagte Gilbert schwermütig. »Man kann nie wissen, nicht wahr -«
    Nachdenklich stand er mit den Händen in den Taschen da und schaute den ändern an.
    »Ich gäbe viel darum, diese Hochzeit wäre aufgeschoben worden!«
    Leslie lachte.
    »Es ist höchste Zeit, daß Sie heiraten«, sagte er. »Was für ein nervöser Kauz sind Sie!«
    Er schaute auf seine Uhr.
    »Sie würden besser daran tun, sich zu beeilen, sonst werden Sie noch um Ihre Braut kommen. Überhaupt, das ist nicht der richtige Tag für schwarze Gedanken, es

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