005 - Gekauftes Glück
aus man einen atemberaubenden Blick auf das in der Dämmerung liegende Meer hatte. Man trank leichten, erfrischenden Wein aus schweren, juwelenbesetzten Silberbechern, die, wie Maria soeben erklärt hatte, ein Teil des Familienvermögens der Montefiori waren, das sie mit drei Villen und Hunderten von Hektarn an Weingärten von ihrem Jahre vorher gestorbenen Gatten geerbt hatte.
Patrick nickte nachdenklich. „Das erklärt dann alles. Ich hatte mich schon gefragt, warum die Leute im Dorf, mit denen wir geredet haben, nur von der Villa der Contessa sprachen. Mein Italienisch ist zwar nicht sehr gut, aber ich habe gemerkt, daß von einem Conte nicht die Rede war. Es tut mir leid, Maria. Wie ist er gestorben?"
Sie zuckte mit den Schultern, doch als sie antwortete, hatte sie einen traurigen, verlorenen Ausdruck in den Augen. „Gregorio starb im Krieg. Er war kein junger Mann mehr, aber Napoleons Absichten, ganz Europa an sich zu reißen, verfolgten auch den Zweck, seine Angehörigen auf italienische Throne zu setzen. Die Familie meines Mannes besaß ausgedehnte Ländereien in ganz Italien, nicht nur hier im Norden, und als mein Gatte versuchte, einem Cousin seiner Mutter zu Hilfe zu kommen, der im Begriff war, seinen Besitz an die Franzosen zu verlieren ..." Maria zuckte wieder mit den Schultern, als sei sie Unwillens, für sie schmerzliche Details zu erzählen. „Aber Gregorio und ich haben eine Reihe schöner Jahre miteinander verbracht. Unser einziger Kummer war, daß wir keine Kinder hatten." Plötzlich trat ein lebhafter Glanz in Marias Augen. „Natürlich habe ich mich bemüht, die für mich nach Gregorios Tod entstandene Leere durch etwas zu füllen. Doch ich schwatze zu viel", fügte sie energischer hinzu. „Ihr seid es, über die ich etwas hören möchte.
Erzählt von Anfang an, meine Kinder, und berichtet mir alles."
Und daher erzählte man, wobei zumeist Patrick sprach, der Contessa von den seltsamen Launen des Schicksals,
durch die Bruder und Schwester so viele Jahre getrennt gewesen waren. Man begann mit den dem Brand folgenden Ereignissen; Patrick schilderte seine in Amerika verbrachten Jahre und erzählte schließlich von der Ankunft in England.
Maria lauschte aufmerksam und warf hin und wieder eine gemurmelte Bemerkung des Bedauerns oder der Überraschung ein, doch als der Bericht schließlich bei dem unglaublichen Wiedersehen zwischen Patrick und Ashleigh angelangt war, verschlug es ihr vor Staunen eine Weile die Sprache. Nachdem sie sich gefaßt hatte, sagte sie mit vor Schreck weißem Gesicht: „Das hat Brett getan?" Ihre Augen schlossen sich, und ihre schlanke weiße Hand, in der sie den Weinkelch hielt, begann heftig zu zittern. Maria war genötigt, den Becher abzustellen.
Die drei ihr gegenübersitzenden Gäste tauschten ernste Blicke, ehe Ashleigh über den kleinen Tisch griff, der sie von der Gräfin trennte, und deren Hand ergriff. „Bitte, Contessa", sagte sie leise, „Sie dürfen mit Brett nicht zu hart ins Gericht gehen.
Verstehen Sie ..." Sie hielt inne und suchte nach den richtigen Worten. „Brett hat viele Jahre lang unter großem Druck gelebt. Ich denke, das hat etwas mit ... mit dem alten Duke zu tun und ... mit der Art, wie er von ihm aufgezogen wurde ..."
Ashleigh hatte eigentlich nicht die Absicht gehabt, zu der herzlichen, ihr gegenübersitzenden Frau ganz offen zu sein, doch nun hatte sie irgendwie das Gefühl, es sei angebracht, denn sie wußte, daß die frühere Mary Westmont und sie die gleiche Art von Last trugen, eine Last, die durch die Liebe zu dem Mann entstanden war, von dem die Rede war, während er diese Liebe aus Gründen mißachtete, die Ashleigh nur erahnen konnte, von denen sie jedoch wußte, daß sie klarer werden würden, wenn sie sich jetzt mit der Contessa unterhielt. Langsam und nicht gewillt, ein Detail auszulassen, durch das erklärt werden konnte, wie alles gekommen war, erzählte sie der Contessa von ihrer ersten Begegnung mit Brett, dann von dem seltsamen Arrangement, das Megan und sie mit ihm getroffen hatten, des weiteren von den in Ravensford Hall verbrachten Monaten und schließlich von den bizarren Umständen der Heirat und den der Hochzeit folgenden bitteren Erfahrungen. Und als sie schließlich mit dem zögernd vorgetragenen Eingeständnis, daß sie festgestellt habe, schwanger zu sein, ihren Bericht beendet hatte, rannen der Contessa die Tränen über die Wangen.
„Oh, mein liebes Kind", flüsterte Maria spröde, „ich darf gar
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