005 - Im Reich des Todes
es war nicht vorherzusehen, was passierte, wenn sich die Stuntmen ins Wasser wagten, und ich wußte nicht, wie wir die drei Männer vor Schaden bewahren sollten. Dort unten breitete sich das Reich des Todes aus.
Was stand den Stuntmen bevor? Sollten wir mit ihnen nach unten gehen?
Thornton Bowles wand sich wie ein getretener Wurm. Sein Computergehirn rechnete blitzschnell aus, wieviel ihn die Stuntmen kosteten, wenn er ihre Forderung akzeptierte, und er stellte diesem Betrag jenen gegenüber, der anfiel, wenn die Dreharbeiten verschoben werden mußten.
Die Gagenerhöhung war wesentlich weniger.
Dennoch versuchte Bowles den Preis zu drücken, und er schaffte es, Fassey auf hundertfünfzig Prozent festzunageln.
Damit waren Fassey, Miller und Brad einverstanden.
Man konnte mit den Unterwasseraufnahmen starten.
Niemand sprach von Roland Gwillim, dem Kameramann, der ebenfalls nach unten mußte. Die Unterwasserkamera war knapp außerhalb der Bucht postiert, und es wurde allgemein angenommen, daß sich der Kameramann somit auch außerhalb des Gefahrenbereichs befand.
Aber ich war mir dessen nicht so ganz sicher.
***
Gwillim ging als erster über Bord. Rücklings ließ er sich ins Wasser fallen. Er drehte sich und paddelte mit den großen Fußflossen in die Tiefe. Natürlich hatte er Angst, aber er war ein pflichtbewußter Mensch, deshalb erfüllte er seinen Vertrag und tat seinen Job ohne weiteres Murren. Auch er hoffte, sich außerhalb des unmittelbaren Gefahrenbereichs zu befinden. Mit den Stuntmen hätte er auf keinen Fall tauschen wollen.
Um ihn herum schillerte das Wasser. Grün, türkis, blau. Sonnenstrahlen stachen schräg in die Fluten und brachten sie zum Glitzern.
Glasklar war das Meer. Auf Felsen leuchteten rote Korallen. Algen und Schlinggewächse schwankten wie in Zeitlupe hin und her.
Obwohl Gwillim aufgeregt war, versuchte er regelmäßig zu atmen.
Das Atemgerät arbeitete zuverlässig.
Wie Glasperlen sahen die Luftbläschen aus, die nach oben strebten.
Ronald Gwillim erreichte die Unterwasserkamera. Er macht sie einsatzbereit und schickte dann ein Funksignal nach oben. Das Zeichen für Fassey, Miller und Brad, ins Wasser zu springen. Sobald sie untergetaucht waren, würde die Kamera sie erfassen und ihren Weg zum Meeresgrund verfolgen.
Die Kamera lief.
Fassey, Miller und Brad fielen ins Meer. Brad hielt die Harpune in seiner Rechten. Sie wußten, was sie zu tun hatten, und sie kannten den Kamerabereich, in dem sie sich bewegen mußten.
Gwillim beobachtete die Stuntmen gespannt. Alles schien mit ihnen okay zu sein. Nichts veränderte sich an ihnen. Vielleicht hatten sie Glück. Vielleicht hatte sich der Namenlose schon genug Menschen geholt und legte auf die drei Männer keinen Wert mehr.
Möglicherweise befanden auch sie sich weit genug vom personifizierten Grauen entfernt.
Sie schwammen heran. Schlanke Körper. Fischen gleich. Laut Drehbuch wußten sie nicht genau, wo sich die Schatztruhe befand.
Sie mußten sie suchen. Paul Fassey drehte sich, er schraubte sich herum und gab seinen Begleitern mittels Handzeichen zu verstehen, wo sie suchen sollten.
In wenigen Augenblicken sollte Fassey dann auf die Kamera zuund an ihr vorbeischwimmen. Er sollte zehn Sekunden aus dem Bild bleiben und dann zurückkehren, so lautete die Regieanweisung.
Gwillim drehte, drehte, drehte.
Plötzlich erschrak er.
Hinter den Stuntmen bildete sich ein roter Fleck im Wasser. Er wurde rasch größer, strömte auf die Taucher zu. Eine Attacke des Bösen? Gwillim drehte weiter. Die Stuntmen verschwanden in einem wirbelnden Rot. Ein Tintenfisch stößt schwarze Farbe aus, wenn ihm Gefahr droht. Hier war rote Farbe ausgestoßen worden.
Viel mehr, als ein Tintenfisch produzieren konnte. Wer hatte sie geschickt? Der Namenlose?
Gwillim war ratlos.
Was sollte er tun? Die Kamera abstellen? Fliehen? Würde die rote Farbe sich auch auf ihn stürzen?
Lebte sie?
Aus dem Rot stach ein Menschenarm heraus. Ein Bein. Die Farbe wurde durchsichtig, zog sich zurück, gab die Stuntmen wieder frei.
Sie wurde kleiner und kleiner, entfernte sich. Ronald Gwillim fiel ein Stein vom Herzen. Fassey, Miller und Brad schien nichts passiert zu sein. Sie setzten ihre Action fort. Paul Fassey schwamm, wie es ihm aufgetragen war, auf die Kamera zu. Aber er schwamm nicht an ihr vorbei.
Was sollte das?
Die Kamera erfaßte seinen Kopf in Großaufnahme. Er nahm das Mundstück des Atemgeräts ab, griff mit beiden Händen nach der
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