005 - Im Reich des Todes
Taucherbrille und schob sie nach oben, und was Ronald Gwillim im nächsten Moment zu sehen bekam, entsetzte ihn so sehr, daß er vor Schreck beinahe den Verstand verlor.
Ein skelettiertes Gesicht war ihm zugewandt!
***
Gwillim prallte zurück.
Das Rot hatte Paul Fassey das Fleisch vom Gesicht gefressen!
Panik befiel den Kameramann. Er kümmerte sich nicht mehr um die Unterwasserkamera, wollte nur so schnell wie möglich nach oben gelangen. Wild schlug er mit den Flossen. Wie ein Pfeil schoß er zur Meeresoberfläche hinauf. Verstört schaute er nach unten, und er sah, daß auch Hank Miller und Harry Brad Totenfratzen hatten.
Konvulsivische Zuckungen gingen durch die Körper der Stuntmen, und Augenblicke später bewegten sie sich nicht mehr.
Wie abgestorbene Pflanzen schwebten sie in der Tiefe des Ozeans.
Ronald Gwillim raste der Meeresoberfläche entgegen. Er durchstieß sie mit dem Kopf, riß sich die Maske vom Gesicht und das Mundstück des Atemgeräts herunter, und dann brüllte er seine Angst und sein namenloses Entsetzen heraus.
Helfende Hände streckten sich ihm entgegen.
Er schlug wie von Sinnen um sich.
Man packte ihn und hievte ihn aus dem Wasser. Er brüllte weiter, war nicht zu beruhigen. Jemand setzte ihm einen Flachmann an die Lippen und flößte ihm Whisky ein. Er hustete und spuckte das meiste davon wieder aus. Noch einmal mußte er trinken.
Danach schrie er nicht mehr.
Er weinte.
***
Die Spannung war für uns unerträglich gewesen. Da kein weiteres Atemgerät vorhanden gewesen war, hatte ich nicht mit Gwillim auf den Meeresgrund gehen können. Mr. Silver hätte kein solches Gerät gebraucht. Er war kein Mensch, und so wäre er auch ohne Preßluftflaschen nicht ertrunken.
Im Nachhinein betrachtet, muß ich zugeben, daß es vernünftiger gewesen wäre, wenn wenigstens er die Filmleute begleitet hätte.
Aber der Abend ist ja immer klüger als der Morgen.
Der Ex-Dämon war auf dem Boot geblieben, und so war es zu dieser schrecklichen Unterwasserkatastrophe gekommen. Natürlich konnte niemand wissen, ob es dem Hünen gelungen wäre, das Unheil von den drei Stuntmen abzuwenden.
Wäre ihnen dieses schreckliche Schicksal erspart geblieben?
Wir würden es nie erfahren.
Wie auf glühenden Kohlen hatte ich gestanden und wie alle anderen auch ins Wasser gesehen. Wir beobachteten, wie Fassey, Miller und Brad die Regieanweisungen befolgten. Tiefer, immer tiefer sanken sie. Da das Wasser glasklar war, konnten wir fast bis auf den Grund sehen.
Was mit den Stuntmen passierte, sahen wir jedoch nicht.
Das Rot mußte sie von unseren Blicken abgeschirmt haben.
Für uns war und blieb alles in Ordnung.
Nur Mr. Silver zuckte auf einmal zusammen.
»Was ist los?« fragte ich ihn sofort.
»Ich weiß nicht, aber ich glaube, dort unten stimmt irgend etwas nicht«, murmelte der Ex-Dämon.
Sekunden später spielte der Kameramann plötzlich verrückt. Er zuckte von dem Unterwasseraufnahmegerät zurück und hatte es verdammt eilig, die Wasseroberfläche zu erreichen.
Und dann hörten wir ihn markerschütternd brüllen.
Wir halfen mit, ihn aus dem Wasser zu ziehen. Meine Nerven waren gespannt wie Klaviersaiten. Was war dort unten vorgegangen? Was hatte Ronald Gwillim so sehr entsetzt? Drohte den Tauchern Gefahr?
Endlich beruhigte sich Gwillim. Er weinte, schluchzte. Ich warf einen Blick in die Tiefe. Mein Gott, die Stuntmen regten sich nicht mehr. Waren sie tot?
»Was ist passiert, Mr. Gwillim?« schrie ich dem Kameramann ins verstörte Gesicht.
Stockend kam die Gegenfrage. »Haben Sie das Rot nicht gesehen?«
»Nein, was für ein Rot?«
»Farbe! Ein Fleck, der rasch größer wurde. Er… hüllte die … Stuntmen kurz ein … Als das Rot sie … wieder freigab, waren sie … Oh, es ist so entsetzlich …«
»Was hat das Rot mit den Stuntmen gemacht, Mr. Gwillim? Reden Sie!«
»Es… es hat ihnen das Fleisch vom Gesicht gefressen – und nun sind sie … tot!«
Ich beugte mich gehetzt über die Reling. Paul Fassey, Hank Miller und Harry Brad befanden sich in Auflösung. Arme und Beine fielen ab, die Preßluftflaschen sanken auf den Meeresgrund, während die leeren Taucheranzüge hochstiegen. Bald schwammen sie auf dem Wasser. Jemand fischte sie mit einer langen Stange heraus. Klatschend fielen die Anzüge vor uns auf das Deck.
Ich starrte Thornton Bowles an, der plötzlich sehr schweigsam geworden war.
»Ist Ihnen nun leichter?« knurrte ich, und ich hoffte, er spürte, wie sehr ich ihn und seine
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