0050 - Der Gelbe Satan
Mechanik außer Kraft. Suko, Li-Shen und Kai-tak waren gerettet.
Vorerst wenigstens.
Eine letzte Holzplatte zerplatzte. Das Geräusch hörte sich an wie das Startzeichen ins neue Leben.
Geschafft.
Suko schaute Li-Shen und Kai-tak an. Und zum erstenmal sah er ein Lächeln über die Mundwinkel seines Lehrmeisters huschen.
Er hatte also doch Gefühle!
Suko atmete tief ein. Er legte den Kopf in den Nacken und schaute nach oben. Ein schmaler Spalt war geblieben.
Das Licht der Lampe stach hinein. Ein paar Zoll weiter, und die Lampe wäre ebenfalls zertrümmert worden. Was spielte das alles noch für eine Rolle. Sie lebten, und nur das zählte.
Noch waren sie nicht in Sicherheit. Wenn die Frau Helfer hatte und diese wiederum am Rand der schmalen Luke auftauchten, würde es für die drei Männer lebensgefährlich.
Deshalb mußten sie aus dem Gefängnis heraus, koste es, was es wolle. Li-Shen deutete hoch. »Schaffen wir es?« fragte er.
Kai-tak schaute erst Suko an, dann seinen Meister und nickte. »Es müßte gehen.«
Li-Shen wandte sich an Suko. »Du weißt, was wir vorhaben?«
Mein Freund und Partner lächelte. »Wir müßten wohl eine Pyramide bauen.«
»Genau.«
Kai-tak machte die Stütze. Es war gar nicht einfach für Suko bei der herrschenden Enge auf dessen Schultern zu steigen. Er mußte sich drehen und wenden, bis er es geschafft hatte.
Den Rand konnte er noch längst nicht erreichen.
»Schaffst du es?« fragte Suko schweratmend.
»Sicher!«
Li-Shen, der Alte, der Weise, aber auch der Sportliche, machte den Schluß. Gewandt wie eine Katze kletterte er an den beiden stärkeren Männern hoch und stellte sich auf Sukos Schulter.
Dann streckte er die Arme aus.
Zu knapp!
Zwei Handbreiten fehlten dem alten Chinesen vom Rand der Mauer. Eine lächerliche Distanz – aber entscheidend.
An Aufgabe dachte Li-Shen nicht. Er stieg kurzerhand auf Sukos Kopf.
Mein Freund spürte das Gewicht auf seinem Schädel. Noch immer bedeckte das Pflaster die Platzwunde, die er sich bei seinem Fall gegen die Mauer zugezogen hatte. Explosionsartig breiteten sich die Schmerzen in seinem Kopf aus, doch Suko war ungeheuer hart. Er verzog keine Miene, denn er wußte, daß es keine andere Möglichkeit für seinen Lehrmeister gab, wenn sie hier herauskommen wollten.
Und Li-Shen schaffte es.
Seine Fingerspitzen krallten sich um den Mauerrand. Eine Sekunde blieb er noch stehen, konzentrierte sich und zog sich dann nur an den Fingern hängend hoch.
Der Druck auf Sukos Kopf verschwand.
Mein Freund atmete auf. Er verdrehte die Augen schaute nach oben und sah, wie Li-Shen sein linkes Bein auf die Wand schwang. Flach blieb er liegen.
Das mußte er, denn zwischen der Mauer und der Decke befand sich ein winziger Zwischenraum, in dem nur ein schmaler Mann wie Li-Shen Platz hatte.
Noch waren sie nicht gerettet. Die Männer hofften darauf, daß Shao zurückkam, um sich davon zu überzeugen, daß die drei tot waren.
Suko sprang wieder von Kai-taks Schulter. Er hatte kaum den Boden erreicht, als die Mechanik wieder in Bewegung geriet. Aber jetzt zur entgegengesetzten Seite.
Die Mauern öffneten sich.
Langsam fuhren die beiden Wände auseinander. Auf, der rechten Krone lag Li-Shen. Die Falltür klappte zur gegenüberliegenden Seite auf. Noch war Li-Shen nicht gerettet. Wenn die Frau wirklich nachschaute und sah, daß den Gefangenen nichts geschehen war und sie zudem noch eine Waffe bei sich trug, konnte es verdammt gefährlich werden.
Die Wände ruckten noch einmal und standen dann still. Sie hatten nicht die gesamte Distanz überwunden, sondern nur einen Teil, der ausreichte, um die Falltür nach unten klappen zu lassen.
Und sie fiel.
Dann tauchte Shao am Rand der Luke auf. Sie kniete sich hin, warf einen Blick in die Tiefe und zuckte im nächsten Moment mit einem heiseren Schrei zurück.
Aus der Tiefe wirbelte die Eisenstange hervor, überschlug sich einige Male und traf ihr Ziel genau.
Shaos Kopf.
Kai-tak hatte geworfen. Und zwar mit solch dosierter Wucht, daß der Treffer ausreichte, um die Frau ins Reich der Träume zu schicken. Sie fiel zur Seite und blieb neben der Falltür liegen.
Von seinem Standort aus konnte Li-Shen bequem den Rand der Luke erreichen.
Er kletterte hinaus und blieb neben der Bewußtlosen stehen. Damit sie ihm nicht im Weg lag, zog er sie zur Seite. Hastig schaute sich der alte Chinese um. Er suchte nach einem Seil, das er in die Tiefe lassen konnte, damit die anderen beiden Männer daran
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