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0050 - Der Stein des Satans

0050 - Der Stein des Satans

Titel: 0050 - Der Stein des Satans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Wiemer
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Schatztruhe befestigt. Bill und Nicole erkannten sie sofort – und schweigend starrten sie den Rittern nach, die in wilder Jagd hinaus in die Wüste preschten.
    »Und jetzt?«, fragte Nicole.
    »Wir müssen ihnen folgen. Der Teufel mag wissen, was mit der Hauptstreitmacht der Kreuzritter passiert ist – ihr Heerlager jedenfalls dürften wir kaum mehr am alten Platz finden.«
    »Leonardo reitet in die Wüste. Ob das eine Abkürzung ist?«
    »Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass ich keine Lust habe, mich ohne Wasser und ohne Hilfsmittel auf seine Fährte zu setzen. Wir nehmen den Weg durch die Hügel genau wie vorher.«
    Nicole ließ die Schultern sinken und nickte.
    Ihr Blick glitt über den brennenden Palast, über die weite Sandfläche, die sich im dunstig roten Halbdämmer verlor. Nur noch Minuten, dann würde die Nacht kommen. Eine Nacht am Rande der Wüste, in einem fremden Land und einer anderen Zeit. Gab es überhaupt eine Chance, je wieder hier herauszufinden? Selbst wenn sie es schafften, den Willen des Dämons zu erfüllen und den ›Stern des Morgenlandes‹ wieder an seinen Platz zu bringen – würde es einen Weg zurück geben? Hatte jene schreckliche Gestalt auf dem Bild im Kellergewölbe von Château Montagne dann überhaupt noch einen Grund, ihnen zu helfen, oder…
    Ihre Gedanken stockten.
    Es war sinnlos, zu grübeln, sie wusste es. Genauso wie sie wusste, dass Bill und sie allein auf sich gestellt verloren waren. Nicoles ganze Hoffnung richtete sich auf Zamorra. Er würde das Buch am Kamin finden, wenn er zurückkam. Er würde das geheime Verlies, die Schatztruhe und das Bild entdecken – und vielleicht gelang es ihm, den in das Gemälde verbannten Dämon Leonardo de Montagnes zu bezwingen.
    Nicole richtete sich auf, folgte Bill den Hang hinunter.
    Sie schlugen einen Bogen um den immer noch brennenden Palast.
    Ein flacher Hügelrücken deckte sie, zu ihrer Linken dehnten sich die Ausläufer der Wüste. Tiefrot sank der Sonnenball im Westen, tauchte eine wirbelnde Staubwolke in feurige Glut und…
    Hufschlag!
    Erst viel zu spät nahmen sie ihn wahr, da der Wind von Osten wehte. Förmlich von einer Sekunde zur anderen schien die Erde zu dröhnen unter dem stampfenden Tritt unzähliger Pferde. Fackelschein flackerte auf, wie ein Orkan brauste es heran – und Bill Fleming blieb stehen, als sei er gegen eine unsichtbare Mauer gelaufen.
    »Das Heer des Kalifen!«, stieß er hervor. »Verdammt, wir müssen uns verstecken, wir…«
    »Zu spät!«, flüsterte Nicole.
    Sie hatte gesehen, wie die ersten Reiter ihre Pferde zurückrissen.
    Stimmen schrien, ein paar knappe Befehle flogen hin und her – und dann löste sich ein halbes Dutzend einzelner Krieger aus der Horde, die in voller Karriere in Richtung auf den Palast weiterpreschte.
    »Weg!«, zischte Bill. »In die Felsen! Vielleicht haben wir eine Chance, wenn wir sie zwingen, die Pferde zurückzulassen…«
    Er packte Nicole am Arm. Mit wenigen Sprüngen liefen sie den Hang hinauf, tauchten in den tiefen Schatten zwischen hochragenden Felsen – aber sie wussten nur zu gut, dass ihnen das auf die Dauer nicht viel nützen würde…
    ***
    Dunkelheit…
    Eine lange Reise durch endlose Räume, durch Dimensionen, in denen das Bewusstsein auf sich selbst zurückgeworfen war, in denen es nichts gab, was die Sinne wahrnehmen konnten. Zamorra sah nicht, hörte nicht, fühlte nicht. Er wusste, dass er unterwegs war, dass er noch existierte, obwohl ihm jede Verbindung zur Wirklichkeit zu entgleiten drohte. Verzweifelt klammerte er sich an die Erinnerung. Nicole! Bill! Leonardo! Er glaubte die Namen zu schreien, wieder und wieder, und doch kam kein Laut über seine Lippen und schlug kein Geräusch an sein Ohr.
    Verrann Zeit?
    Minuten oder Ewigkeiten? Jahrhunderte?
    Zeit bedeutete nichts. Die Schranke war aufgehoben, das Bewusstsein taumelte ohne Halt durch jene Dimension, die das Gegenteil des Seins war und dennoch existierte. Einen Schwindel erregenden Augenblick lang tauchte Zamorras Geist in eine Art Sog, in wirbelnde Schwärze – und als die Woge zurückwich, schien sich die Welt um ihn ganz langsam wieder zusammenzufügen wie ein Mosaik aus winzigen Steinchen.
    Leichter Wind kühlte seine Haut.
    Er nahm Brandgeruch wahr, fernes Prasseln wie von vielen Hufen, und er hörte ein helles Klirren von Metall auf Stein, das er nicht zu deuten vermochte. Als er die Augen öffnete, sah er das Blinken von Sternen über sich. Mondlicht übergoss das Land mit einem

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