0051 - Horror-Kreuzfahrt
Rattenteppich, wanderte an der Bordwand hoch und erhellte die zweite Hälfte des Decks.
Noch immer sprangen die Ratten umher.
Gordon Gray sah noch etwas anderes.
Einen Mann, der hinter dem Heck des Schiffes an einem Tau hing.
»Was hat das zu bedeuten?« fragte Sandra mit kaum zu verstehender Stimme. Sie bekam keine Antwort.
Gordon Gray dachte nur an die Karten und an die Folgen.
»Die Ratten sind bereits an der Jacht, Käpt’n!« gellte eine Stimme über das Deck. Gordon Gray riß den Kopf herum. Ein Mann der Besatzung lief zum Heck. Er schrie: »Verdammt, sie kommen aufs Schiff. Was sollen wir machen?«
Plötzlich war die Panik da. Die unzähligen Ratten hatten die Jacht eingekreist. Es war unerklärlich, wie sie es schafften, die Bordwand hochzuklettern.
Jetzt noch die Flucht zu ergreifen, dazu war es zu spät.
Gordon Gray schaute sich um. Noch waren keine Ratten in der Nähe. Ein Gedanke zuckte durch seinen Kopf. Gray riß Sandra an der Schulter herum.
»Komm!« rief er, »unter Deck!« Das schwarzhaarige Mädchen folgte ihm. Sie liefen zur Treppe und stolperten die Stufen hinab. Gordon Gray drückte als erster die Schwingtür auf und erreichte den schmalen Kabinengang.
Sandra knickte um. Sie trug hochhackige Schuhe und konnte darin kaum laufen. Gordon Gray packte sie am Arm. »Los, reiß dich zusammen. In meine Kabine.« Er sprach abgehackt und schnell. Auch ihm saß die Angst im Nacken, vielleicht noch mehr als dem Mädchen, denn er hatte die Todeskarte aufgedeckt.
Vor ihnen sprang die Tür auf. Plötzlich verbaute ihnen Falco Faretti den Weg. Sein Gesicht war gerötet.
»Was ist da oben los?« knurrte er.
Gordon Gray gelang es, einen Blick über die Schulter des Schiffseigners zu werfen. Frou Frou, das Girl aus Costa Rica, saß auf dem Bett. Sie trug nicht einen Faden am Leib.
»Die Hölle«, erwiderte Gray hastig. »Ratten greifen unser Schiff an. Ich habe dir doch gesagt, die Karten…«
»Iiihhh – Ratten!« schrie Frou Frou und wickelte sich in die Bettdecke.
»Spinnst du?« fuhr Faretti seinen Freund an. »Wo sollen die denn herkommen?«
»Von einem anderen Schiff. Bleib in deiner Kabine und schließ die Tür.«
Gordon Gray drückte sich an Faretti vorbei. Er zog die humpelnde Sandra hinter sich her.
Der Modekönig sah ihm fassungslos nach. Gray kümmerte sich nicht darum, was sein Freund machte. Er riß die Kabinentür auf und schlüpfte in den Raum.
Sofort eilte er zu dem kleinen Fenster, starrte durch die dicke Scheibe und fuhr unwillkürlich zurück.
Dicht vor sich – und nur durch die Scheibe getrennt – sah er das aufgerissene Maul einer Ratte.
Gordon Gray war mit seinen Nerven am Ende.
***
Auf dem Deck war der Teufel los!
Die Ratten hatten einen Großteil des Schiffes erobert. Backbord, Steuerbord, am Heck, am Bug, überall quollen die Tiere über die Reling und verteilten sich blitzschnell. Ihre Füße trappelten über die blankgescheuerten Planken. Sie drangen in jeden Spalt, in jede Ritze ein, besessen von dem dämonischen Auftrag, das Schiff in Besitz zu nehmen.
Britt, die hellblonde Schwedin mit den kurzgeschnittenen Haaren, erwischte es zuerst.
Sie hatte sich mit dem Steuermann heimlich getroffen. Zusammen waren sie in die Kabine des Mannes gegangen und verließen sie erst wieder, als die Unruhe immer größer wurde.
Sie trennten sich, weil sie nicht zusammen gesehen werden wollten.
Britt machte einen Fehler. Anstatt in ihre Kabine zu laufen, ging sie hoch zum Deck. Falls man sie sah, konnte sie die Ausrede eines Spaziergangs benutzen.
Plötzlich sah sie die Ratten.
Die Woge aus Leibern bewegte sich vor ihr. Sie schrie. Gellend und markerschütternd. Ihr Schrei hallte über das Deck, wurde zwar gehört, doch niemand reagierte. Jeder hatte mit sich selbst genug zu tun.
Ein halbes Dutzend Ratten sprangen sie auf einmal an.
Die Schwedin versuchte zu fliehen, sie drehte sich um, spürte das Gewicht der Tiere in ihrem Rücken und taumelte auf die Reling zu. Sie hatte die Arme erhoben, den Mund weit aufgerissen, und aus ihren Augen leuchtete die Panik.
Die Angst trieb sie weiter.
Britt prallte gegen das Geländer, starrte in die Tiefe, sah die anderen Ratten, die am Bootsrumpf hochkletterten, und ihr Schrei erstickte in einem Wimmern.
Dann fiel sie vornüber.
Die Schwedin klatschte ins Wasser. Augenblicklich schlugen die Wellen über ihr zusammen.
***
Harry van Dyck wurde das zweite Opfer der Ratten. Er hatte viel getrunken, taumelte durch seine Kabine
Weitere Kostenlose Bücher