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0051 - Jagd nach dem Leben

Titel: 0051 - Jagd nach dem Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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erhob sich, führte die rechte Hand zu seinem kurzen Degen und zog mit der linken seinen breitrandigen Hut. Dann kam der halbe Schritt rückwärts, dazu seine tiefe, gleitende Verbeugung und nun wieder das Aufrichten - Laury Marten und Graf Rodrigo de Berceo standen sich gegenüber!
    Wie ein kleines Mädchen starrte sie ihn an.
    Mischblut - Aztekenblut und spanisches Blut hatten sich in Graf Rodrigo zu männlicher Schönheit vereinigt. Wie seine Augen glühten! Wie herrisch sein Mund wirkte! Etwas zu groß die Nase, und gerade dieses Zuviel gab seinem männlichen Gesicht den Akzent des glühenden Kämpfers, des stolzen Mannes!
    Und jetzt lächelte der junge Mann sie an, und Laury sah das Beben seiner Nasenflügel und seinen Blick, in dem höchste Verehrung lag.
    „Wer sind Sie?" In der Sprache der Aras fragte sie ihn wie ein schüchternes Mädchen.
    „Graf Rodrigo de Berceo, Sohn der aztekischen Prinzessin Uxateixin und des spanischen Grafen Juan de Berceo, im Jahre des Heils sechzehnhundertzweiundfünfzig in Mexiko geboren und im Alter von zweiundzwanzig Jahren nach Tolimon entführt worden! - Wollen Sie noch mehr wissen?"
    Sechzehnhundertzweiundfünfzig geboren!
    Auf der Erde schrieb man inzwischen Mai zweitausendvierzig!
    Graf Rodrigo de Berceo sah nicht älter aus als dreißig Jahre!
    Vierhundert Jahre leben und wie ein Dreißigjähriger aussehen?
    Bis Laury Marten auf den Gedanken kam, ihre telepathischen Fähigkeiten auch an Graf Rodrigo zu versuchen, vergingen Minuten hastig gestellter Fragen und Antworten, die immer größeres Erstaunen bei ihr hervorriefen.
    Immer wieder mußte sie ihn betrachten, und je länger sie es tat, um so vertrauter wurde ihr seine mittelalterliche Kleidung: hüfthohe, enganliegende Stulpenstiefel mit der hautengen Hose aus samtartigem Material. Das kurze, ärmellose Wams wurde von einem breiten Gürtel geschlossen. Weich, in elegantem Schwung fiel der spitzenbesetzte Hemdkragen aus dem Ausschnitt; die weiten Ärmel des schneeweißen Hemdes liefen ebenfalls in kostbaren Spitzen aus. Das Wehrgehänge glänzte, der Degen an der silbernen Kette pendelte ständig hin und her. Breitrandig war der Hut, und der Federbusch daran wallte im Wind.
    Die schwere goldene Kette, die er am Hals trug, wirkte nicht protzig; sie gehörte zu dieser Kleidung des 17. Jahrhunderts, wie auch als Anhänger das Amulett des aztekischen Sonnengottes.
    Es kam Laury Marten wie ein Verbrechen vor, Graf Rodrigos Gedanken zu erkunden. Doch dann entsann sie sich ihres Auftrages; trotzdem tat sie es nur widerstrebend. Sie kannte sich selbst nicht wieder; sie begriff nicht, was in ihr vorging.
    Und dann lag im Bruchteil einer Sekunde alles unverhüllt vor ihr!
    Dieser dreißigjährige Mann war tatsächlich 1652 in Mexiko geboren!
    Das muß ich Marshall berichten, dachte sie dann nur noch, und während Graf Rodrigo sie aus der Distanz bewunderte, fand sie mit John Marshall in Trulan Kontakt.
    Doch er dauerte nur Sekunden! Er wollte ihren Ruf erst später hören. Aber sie mußte ihm doch von dieser Entdeckung berichten und versuchte, ihn von der Wichtigkeit dieser Entdeckung zu überzeugen.
    Aber im nächsten Moment empfing sie seine barsche Erwiderung und Zurechtweisung, und dann hatte John Marshall abgeschaltet!
    Rodrigo aber bezog Laury Martens Erschrecken auf sich und seine zur Schau getragene Bewunderung.
    Er, der Mensch aus dem 17. Jahrhundert, kniete plötzlich vor ihr, griff nach ihrer Hand, drückte seine Lippen im höfischen Handkuß darauf und bat um Verzeihung für das Feuer in seinem Herzen.
    Zu jeder anderen Stunde hätte Laury Marten, ein Kind des 21. Jahrhunderts, über seine Redeweise vielleicht mitleidig gelächelt - jetzt empfand sie darin nur die Huldigung eines Mannes, der besorgt war, in seiner Begeisterung für eine schöne, junge Frau zu weit gegangen zu sein.
    Laury Marten entzog ihm ihre Hand nicht.
     
    *
     
    In der Traumhalle traf sich John Marshall mit Egmon und Tulin, den beiden Rohun-Agenten, wie er es zuletzt mit Tulin vereinbart hatte.
    Es gab keinen unauffälligeren Treffpunkt als dieses obskure Vergnügungslokal, das für jeden Ara verboten war. Hier gab es sämtliche Rauschgifte. Was die Hölle auch erfunden hatte, den Menschen zu verderben - in der Traumhalle war jeder Wunsch zu erfüllen.
    John Marshall schloß das Strahlgitter, und wenn er sich gerade noch in einem riesigen Saal aufgehalten hatte, so war er jetzt für jeden Besucher unsichtbar geworden, und alle Neuankömmlinge

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