0053 - Die Geisterhand
ab.
»Muß ich das sagen?«
»Es wäre besser.«
»Au verdammt.« Der dicke Wirt wand und drehte sich wie ein Wurm. Er wollte nicht mit der Sprache herausrücken. »Wenn das bekannt wird, daß ich rede, dann…«
»Ein Lizenzentzug wäre schlimmer.«
»Okay, Sinclair, Sie haben gewonnen. Er hat sich hier mit jemandem getroffen. Der Mann heißt – Peter Linkerton!«
Ich überlegte. »Der Name kommt mir bekannt vor.«
»Ein schwerreicher Importeur von Rohstoffen.«
Ich pfiff durch die Zähne, weil mir eingefallen war, woher ich den Namen wußte. Linkerton hatte vor etwa einem Monat seine zwanzigjährige Tochter auf mysteriöse Art und Weise verloren. Man fand sie eines Morgens tot im Hydepark.
Selbstmord, hieß es.
Aber daran wollte ich nun nicht mehr glauben.
»Sonst weißt du nichts?« fragte ich den Wirt.
Nose Farrit legte seine Pranke auf die Brust. »Bei meiner Ehre, Sinclair. Ich schwöre Ihnen…«
Ich winkte ab. »Nein, lieber nicht.«
»Aber sagen Sie mal, Herr Oberinspektor, weshalb interessieren Sie sich für den Fall. Ich dachte immer, Sie befassen sich nur mit Geistern und solchem Kram.«
Ich lächelte milde. »Was Sie also solchen Kram bezeichnen, hat bereits mehr als einmal zu einer Bedrohung der Menschheit geführt.«
»Und Sie haben die abgewendet?«
»Ja.«
»Bescheiden sind Sie gar nicht.«
Ich stand auf. »Nein, ich bin Realist.«
Suko erhob sich ebenfalls, und ich sah, wie der dicke Wirt erlöst aufatmete. Er war froh, uns endlich loszuwerden. Aus seiner Sicht konnte man das verstehen.
Während unserer Unterhaltung hatte niemand das Lokal verlassen. Aber irgendwie mußten die Gäste ahnen, daß sie es bei mir mit einem Polizisten zu tun hatten. Die feindlichen Blicke sagten genug. Als wir den Ausgang ansteuerten, drehte sich die Mannschaft an der Theke wie auf Kommando herum. Ich spürte die Blicke in meinem Rücken brennen und verspürte ein unangenehmes Kribbeln im Nacken.
Aber ich mußte froh sein, die Whisper Hell gesund verlassen zu können.
Doch man soll den Tag nicht vor dem Abend loben.
Kurz bevor wir die Garderobe erreichten, hörten wir ein Poltern und dann ein dumpfes Stöhnen.
Sofort schlug die Alarmglocke in meinem Gehirn an. Ich rannte los, tauchte durch den offenen Vorhang, und Suko folgte mir.
Da sah ich den Portier.
Die Garderobiere stand schreckensstarr neben ihm. Sie hatte den Mund zu einem Schrei geöffnet, doch kein Laut drang über ihre Lippen.
Der Portier ließ die Hände sinken.
Ich schaute in ein blutüberströmtes Gesicht.
»Die Hand«, gurgelte er, »die Hand…«
Dann fiel er um.
Ich aber jagte mit Riesensätzen nach draußen, und was ich dort zu sehen bekam, ließ mir das Blut in den Adern gefrieren…
***
Jane Collins paßte es natürlich nicht, daß sie in dem Fall nur eine passive Rolle spielte. Sie hockte im Wagen, drückte sich tief in die Polster und schaute hin und wieder zur Whisper Hell hinüber.
Eine halbe Stunde sollte sie warten. Verdammt lange Zeit, fand die Detektivin.
Sie zündete sich eine Zigarette an und stellte das Radio ein. Die Musik gefiel ihr überhaupt nicht. Sie war nicht in der Stimmung, um harten Rock zu hören. Jane drehte weiter am Knopf, bis sie leise Tanzmusik hörte.
Das paßte schon besser.
Nach zehn Minuten merkte sie, daß es ganz interessant sein konnte, die Vorgänge auf der Straße zu beobachten. Langweilige Typen gab es nicht.
Ein paar leichte Mädchen versuchten vergeblich, etwas aufzureißen, und die Schimpfworte, die sie den entgangenen Freiern hinterherschickten, hatte Jane noch nie gehört.
Betrunkene marschierten Arm in Arm über die Gehsteige. Wenn solche Typen in die Whisper Hell wollten, machte ihnen der Portier meist auf sehr drastische Weise klar, daß sie dort nichts zu suchen hatten. Einmal kroch jemand auf allen vieren davon.
Hin und wieder fuhren auch Wagen durch die Straße. Polizisten sah Jane nicht. Sie war froh, daß sie von einigen Typen, die an den Häusern herumlungerten, noch nicht entdeckt worden war.
Doch der Wagen fiel auf. Ein Bentley ist ein schickes Auto, und dafür hat so mancher Interesse.
Drei Lederjackentypen, die von unten die Straße hochkamen, blieben stehen, als sie den silbermetallicfarbenen Wagen sahen. Sie stießen sich an.
Jane beobachtete die Kerle mit Mißtrauen. Die schienen nichts Gutes im Sinn zu haben.
Sie waren fast gleich angezogen. Auf ihren Jacken klimperten Orden und Anhänger. Einer von ihnen trug eine Wollmütze.
Langsam
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