0053 - Eine Frau, ein Mörder und ich
ihn groß an.
»Machen Sie schon!« zischte er bösartig. »Wir haben keine andere Wahl. Es ist die letzte Chance für ihn.«
Ich lief mit drei Cops ins nächste Haus. Einer raste die Straße hinunter in den nächsten Drugstore, um Spiritus zu kaufen. Hywood hatte ihm einen Zwanzigdollarschein in die Hand gedrückt. Wieder ein anderer jagte mit einem Streifenwagen zum nächsten Kaufhaus, das sich vier Häuserblocks weiter befand, um einen Spirituskocher zu besorgen.
Endlich konnte man wenigstens etwas tun. Der Arzt stieß mich an.
»Sorgen Sie dafür, daß ich innerhalb von kürzestmöglicher Zeit hier starke Scheinwerfer habe.«
Ich lief zu Phil. Ich wollte zu ihm laufen. Aber er stand bereits hinter mir.
»Er braucht starke Scheinwerfer!« sagte ich.
Phil drehte sich um und hetzte die Einfahrt zu den Wagen hinaus. Ich wußte, was er vorhatte: Er würde unsere Mordkommission alarmieren. Im Einsatzwagen befindet sich ein Aggregat, das vom Wagen des Motors gespeist wird. Und Scheinwerfer hat jede Mordkommission massenweise.
Die Mordkommissionen trafen nach vier und nach sieben Minuten ein. Phil hätte gleich zwei alarmiert, um genug Strom zu bekommen. Eine kam vom FBI, die andere von der City Police.
Inzwischen waren Wassereimer gebracht worden. Der Cop mit dem Spirituskocher kam. Der andere brachte ein riesiges Paket mit Hartspiritus.
Ich weiß nicht mehr, wie alles ging.
Es war ein lautloses, aber fieberhaftes Wettrennen mit dem Tod.
»Waschen Sie sich Ihre Hände!« befahl der Arzt.
Die Schwester hielt mir schon ein Stück desinfizierender Seife hin. Ich benutzte sie gründlich. Mit einem keimfreien Handtuch aus dem Medikamentenschrank mußte ich mich abtrocknen, Hände hochhalten und in die Gummihandschuhe schlüpfen, die mir die Schwester mit einer chromblitzenden Zange aus kochendem Wasser fischte.
»Sie tun genau, was ich sage«, sagte der Arzt. »Nicht mehr, nicht weniger. Ihr kümmert euch darum, daß ständig kochendes Wasser vorhanden ist. Sie sorgen dafür, daß in der Zwischenzeit ein Krankenwagen kommt. Sie haben sich nur um den Spiritus zu kümmern. Sie rufen im Marmaduke-Hospital an. Verlangen Sie Dr. Crues. Sagen Sie, daß Sie im Auftrag von Dr. Heel sprechen. Er soll alles mitbringen, was zu einer Herzoperation nötig ist. Lassen Sie ihn mit einem Streifenwagen abholen, damit es schneller geht. Klar?«
Seine Stimme war kühl und leidenschaftslos gewesen. Ich bewunderte im stillen die gesammelte Ruhe, mit der er an alles dachte, ohne sich bei irgend etwas lange aufzuhalten.
»Setzen Sie Ihren Hut auf, damit Ihnen die Haare nicht in die Stirn fallen können!« befahl der Arzt.
Ich gehorchte sofort.
»Aber ziehen Sie den Rock aus. Sie werden ins Schwitzen kommen, lieber Freund.«
Mein Rock flog beiseite.
Und dann ging es los. Vier Mann hockten zusammengepreßt auf den Rücksitzen und hielten die Scheinwerfer. Kurz vor Beginn der Operation gelang ae den Boys noch, den Verbindungssteg zwischen den beiden Türen auf einer Seite herauszuschweißen, so daß sich der Arzt besser bewegen konnte.
»Können Sie mich hören?« fragte er den. Verletzten. »Antworten Sie nur mit den Augen! Ich sehe am Ausdruck Ihrer Augen, was Sie meinen.«
Einen Augenblick lang blieb alles still.
Dann fuhr der Arzt fort: »Ich muß Sie jetzt sofort operieren. Ich denke, daß wir es schaffen werden. Aber es kann schiefgehen. Operiere ich nicht, geht es innerhalb einer halben Stunde garantiert schief. Was soll ich tun? Wenn ich operiere, stehen Ihre Chancen dreißig zu siebzig für Sie, das sage ich Ihnen ehrlich. Wenn ich nicht operiere, haben Sie eine Chance von eins gegen tausend. Sollen wir es versuchen?«
Wieder war eine kurze Pause, kaum länger als zwei Herzschläge, dann hörten wir in der lähmenden Stille, die sich ausgebreitet hatte, wieder die sanfte Stimme des Arztes: »Gut, wir versuchen es also. Haben Sie noch irgendeine Bitte?«
Mir wurde eiskalt, als plötzlich durch die Totenstille Browns unwirkliche, heisere leise Stimme drang.
»Mei-mein Junge… so-soll zur Po-li… zei… gehen… wenn — wenn er… gr-groß ist…«
»Wir werden dafür sorgen, daß es Ihrem Sohn bestellt wird«, sagte der Arzt »Ich werde Sie jetzt betäuben. Sie werden keine Schmerzen fühlen. Denken Sie jetzt bitte sehr stark an etwas Gutes, an etwas, was Sie nicht aufregt. Vielleicht an Ihren Sohn oder Ihre Frau…«
Der Arzt hob die rechte Hand, ohne sich umzudrehen. Die Schwester drückte ihm eine
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