0054 - Der Zweikampf
gefragt, wie ich wohl zu dieser Verbindung käme.
Ich hatte ihm das Schreiben gezeigt. Meine Erklärung über den Schulfreund war einleuchtend gewesen.
Warum sollte es hier nicht jemand geben, der schon lange vor mir zur Venus ausgewandert war!
Nun saß ich in dem Einschienen-Triebwagen, der den oberen Verwaltungsbezirk des Raumhafens mit dem Stadtzentrum verband. Trotz der laufenden Klimaanlage begann mein Körper zu transpirieren. Das hautenge Bioplast-Skelett verhinderte eine einwandfreie Porenatmung. Es wurde langsam Zeit, das Erzeugnis meiner Robotwerkstatt abzulegen. Bisher war ich nicht erneut durchleuchtet worden.
Mein Extrasinn warnte mich immer wieder vor diesem allzu neugierigen Feldwebel des S-Dienstes.
Warum hatte er sich so sehr für den harmlosen Brief interessiert?
Ich mußte schleunigst herausfinden, ob die Fahndung nach mir auch auf Venus lief. Unter Umständen konnte der Kontrolloffizier von Nevada Space Port nachträglich doch noch mißtrauisch geworden sein.
Vielleicht hatte er über Funk eine Warnmeldung abgegeben.
Ich brach meine krampfhaften Überlegungen ab. Wenn Marlis gut gearbeitet hatte, brauchte ich keine Sorgen zu haben. Ich konnte als Siedler in den Dschungel gehen und dort in Ruhe abwarten, bis sich eine für mich günstige Fluggelegenheit ergab. Unter Umständen konnte ich auch schon auf Venus eine überlichtschnelle Gazelle finden, die mich zum Arkon-System brachte. Die neuesten Modelle dieser Raumboote hatten einen Aktionsradius, der nur durch die erforderlichen Überholungsintervalle der Triebwerke eingeengt wurde.
Ich verließ den Zug im Untergrundbahnhof und fuhr mit der Rolltreppe nach oben. Selten zuvor hatte ich so viele unterschiedlich gekleidete Terraner auf einem Fleck gesehen.
Der Tomisenkow-Platz, benannt nach jenem russischen Divisionskommandeur, der vor vielen Jahren versucht hatte, Venus für sein Land zu erobern, war das Zentrum von Port Venus.
Hier lagen die breitflächigen, äußerst stabil gebauten Verwaltungsgebäude der venusischen Kolonialregierung. Die New-Yorker-Straße zerschnitt die moderne Stadt praktisch in zwei Hälften. An ihr lagen die Büros und Kaufhäuser der Verwaltung.
Man konnte alles kaufen, auf dieser feuchtheißen Welt, von der man so lange angenommen hatte, ihre Atmosphäre enthielte keinen Sauerstoff. Es ließ sich aber ganz gut atmen auf dem zweiten Sol-Planeten, der sich unter seiner dichten Wolkendecke vor dem Muttergestirn zu verstecken schien.
Unmittelbar vor dem Bahnsteig hatte es Streit gegeben. Zwei bärtige, blaßhäutige Kerls, die seit Jahren keinen Sonnenstrahl mehr erblickt hatten, prügelten sich wegen einer anscheinend nichtigen Angelegenheit.
Herbeieilende Polizisten griffen recht hart ein. Sie drohten mit ihren elektrischen Schockgewehren und gaben anschließend zwei blinde Schüsse ab. Das brachte die Streithähne zu sich.
Es schien ein rauhes Volk zu sein; ein Pioniervolk, das sehr wohl mit der Waffe umzugehen verstand.
Ich sah viele Siedler, die mit umgehängten Energiestrahlern durch die Straßen schritten. Wenn ich an die Raubbestien dachte, die im kurz hinter der Stadt beginnenden Urwald ihr Unwesen trieben, ahnte ich, warum die von draußen kommenden Besucher so schwer bewaffnet waren.
Ein etwas altertümliches Taxi mit Gasturbinen-Antrieb brachte mich durch das Menschengewimmel in eine ruhigere Gegend. Ich prägte mir die einzelnen Straßen gut ein, bis wir vor dem beachtlich großen Bau des Erdmuseums hielten.
Ehe ich ausstieg, tastete ich nach den Gegenständen meiner Spezialausrüstung.. Ich hatte alles an mich genommen, was ich vorher so sorgfältig versteckt hatte. Wenn ich zur plötzlichen Flucht gezwungen wurde, konnte ich nicht mehr in das Auswanderercamp zurückkehren.
Es war gefährlich, die Waffen am Körper zu tragen. Ich hatte noch keine Lizenz erhalten.
Auf meiner Brust hing wieder der lebensnotwendige Zellaktivator. In der großen Blusentasche der schmucklosen Siedlerkombi trug ich einen starken Lichtwellenumlenker, dessen Energieversorgung diesmal von einem Miniaturwerk abhängig war.
Mein Psychostrahler hatte eine Reichweite von zwei Kilometern. Die stabförmige Nervenwaffe steckte in der rechten Beintasche. Mehr hatte ich nicht mitnehmen können.
Ich zahlte und verließ den Wagen. Langsam schritt ich auf die breiten Panzerplasttüren des Museums zu. Hier wollte mich mein „alter Freund" erwarten.
Zahlreiche Leute gingen aus und ein. Ich bemerkte besonders viele Siedler, deren
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