0055 - Die Nacht der gelben Kutten
Shandri«, sagte er leise zu dem jungen Tamilen, der ihn fragend ansah und seine Handlungsweise nicht verstand. Was hatte der fremde Professor mit diesem Stein im Sinn?
»Frage jetzt nicht«, sagte Zamorra. »Wenn du willst, kann ich dir später alles erklären.«
Was Shandri gleich darauf sah, schien ihm ein viel größeres Wunder als die Tatsache, daß Menschen durch einen Wasserfall zu gehen schienen.
Zamorra stand mit gespreizten Beinen auf dem Felsboden, als müsse er sich damit einen festeren Stand verschaffen.
Dann preßte der Professor die Hände noch mehr um das Amulett und schloß die Augen. Die Umgebung versank um ihn. Er hatte nur Gedanken für Nicole.
Und er spürte, wie das Amulett begann, immer mehr, immer stärkere Kräfte von sich auszusenden. Es übertrug diese Kräfte auf Zamorra.
Es war dem Professor, als beginnen seine Hände unter den Strahlenkräften des Steins zu glühen. Gleichzeitig fühlte er die ungeheure Anspannung in seinem Körper.
Riesenhafte Kräfte von ungeahnter Intensität durchströmten seinen Körper. Dieser ganze Körper schien von elektrischen Strahlen von vielen tausend Volt durchschüttelt und durchglüht zu werden.
Aber das Wunderbare war, daß diese intensiven Strahlen von Kraft und Vergeltung sich nicht in Zamorras Körper festfraßen. Wie durch geheime Kanäle wurden sie weitergeleitet.
Zamorras Konzentration war so ungeheuerlich, daß die Luft um ihn zu flimmern begann. In Wirklichkeit war dieses Flimmern nichts als die Bewegung der Strahlenwellen, die aus dem Körper des Professors traten, sich gebündelt auf den Weg zu einem neuen Ziel machten.
Der junge Shandri sah, wie der Körper des Professors von diesen Strahlenbündeln umhüllt war. Die Luft flimmerte und tanzte vor seinen Augen. Ihm war, als würden sich die Konturen Zamorras auflösen.
Zamorra ließ nicht nach. Er hielt den Stein des Amuletts so fest in seinen Händen gepreßt, daß die Haut weiß wurde und alles Blut aus den Adern zu weichen schien.
Dann – ein letzter gewaltiger Stoß von Kraft, Elektrizität und Energiestrahlen, der durch den Professor fuhr.
Dann spürte er, wie der Stein in seinen Händen kühler wurde.
Bald fühlte er sich wieder ganz normal an.
Das Ganze hatte keine drei Minuten gedauert. Zamorra war überzeugt, daß er mit Hilfe des Amuletts die Strahlen dorthin gelenkt hatte, wo sie gebraucht wurden.
Sie sollten der gefangenen Nicole Duval helfen, gegen ihre Peiniger zu bestehen.
***
Wutschnaubend trat der Sklave Bahili der Gefangenen gegenüber, die ihm der Große Shuri überlassen hatte.
Es war ein gespenstisches Bild im Innern des Tempels unter den Wassern.
Fast hundert Fackeln erleuchteten den großen Raum, in dessen Mitte der Shuri auf dem Sessel Platz genommen hatte. Die Gelben Furien standen um ihn herum. Einige hatten sich kniend oder sitzend auf dem Boden niedergelassen.
Sie alle sollten erleben, wie der mächtige Bahili eine Gefangene folterte!
Nicole spürte die Erregung und Spannung in dem goldverzierten Raum fast körperlich. Gierig und lüstern nach Rache und Blut sahen sie Gelben Furien auf das Mädchen.
Der Große Shuri wartete halb belustigt und halb ingrimmig auf den Augenblick, wo Bahilis kräftige Pranken das Mädchen bearbeiten würden. Er sah, daß der Sklave auf die Peitsche verzichten wollte.
»Los, Bahili!« rief er ihm zu. »Du hast den Leopard in den Wäldern getötet. Du wirst es wohl mit diesem Milchgesicht von Mädchen aufnehmen!«
Nicoles Furcht war längst von ihr gewichen.
Seit sie das fremdartige und unbekannte Zucken und Glühen in ihren Händen spürte, war sie sicher, daß sie den Kampf gegen Bahili aufnehmen konnte.
Sie konnte sich sofort erklären, woher diese ungeheuren Kraftströme kamen, die sie immer stärker durchfluteten. Sie war eine menschliche Batterie, die von außen her mit ungeheuren Energien gespeist wurde.
Zamorra war in der Nähe! Nicole spürte es ganz sicher. Und die Kraftströme, die jetzt durch ihren ganzen Körper liefen, mußten dank seiner übermenschlichen Konzentration vom Amulett über ihn direkt zu ihr hinlaufen.
Nicole fühlte, wie ihre Hände zu stählernen Schlingen wurden.
Aber da fiel ihr noch etwas ein. Schnell griff sie in die obere Tasche ihrer Kakhijacke. Als die Hand wieder zum Vorschein kam, hielt Nicole sie dem Sklaven entgegen und öffnete sie.
Sie sah den Schreck in Bahilis Augen. Der Sklave hatte die Zähne der schweren Raubkatze erkannt und richtig gedeutet.
»Hast du –
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