0055 - Wir, Mr. Unbekannt und das Gold der Diane
waren auch zwei dieser Lippenstifthüllen.«
»Interessant!« sagte ich, ohne die Miene zu verziehen. »Sie haben, die Dinger sicher en gros eingekauft und weitervermittelt, ja?«
Mr. Dish lächelte etwas überlegen.
»Nein, Mr. Cotton«, meinte er belehrend, »so war das nicht! Man hatte mir zwar das Alleinverkaufsrecht eingeräumt, aber bevor es zu einem Abschluss kommen konnte, war die Firma in Konkurs gegangen. Aus dem Geschäft wurde nichts - ganz abgesehen davon, dass ich die Hülsen nicht gekauft hätte!«
»Ach! Und warum nicht?« fragte ich.
Er wedelte mit der Hand und rieb dann Daumen und Zeigefinger aneinander, was wohl in der ganzen Welt als Begriff für das Geldzählen aufgefasst wird.
»Zu teuer!« sagte er lakonisch. »Sehen Sie den Rubin? Das Stück müsste mindestens 1000 Dollar kosten - im Verkauf, versteht sich! Das ist nichts für die gewöhnliche Kundschaft - also schon gar nichts für mich, da ich mich mit Einzelstücken nicht abgeben kann. Unsere Waren liegen ungefähr…«
Er hielt mir einen Vortrag über die allgemeine Marktlage und über die in seiner Branche im Besonderen. Ich ließ ihn ausreden, bevor ich meine nächste Frage stellte.
»Sie haben also die Stücke wieder zurückgeschickt?«
Er schüttelte zu meiner freudigen Überraschung heftig den Kopf. Das hätte er ganz und gar nicht, sondern er habe die Auswahlsendung bezahlt und an einige gute Geschäfte aufgeteilt.
»Wir müssen ja unseren ständigen Kunden zu Weihnachten immer ein kleines Präsent machen!« meinte er und kniff ein Auge zu. »Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft, wissen Sie?Vor allen Dingen die Einkäufer größerer Firmen werden mit solchen Kleinigkeiten versehen. Das wirkt sich günstig aufs Geschäft aus!«
»Eine vornehme Art von Bestechung«, sagte ich und lachte. »Können Sie mir nun auch verraten, an wen Sie diese bei den Lippenstifte verschenkten?«
»Das kann ich!« sagte er, merklich reserviert. »Warum aber müssen Sie das wissen? Ich spreche nicht gerne über geschäftliche Dinge wie diese…«
Ich hielt den Lippenstift hoch.
»Dieser Lippenstift hat seine eigene Geschichte, Mr. Dish!« sagte ich ernst. »Er wurde in der Hand einer Toten gefunden - eines Mädchens, das man brutal und hemmungslos mit einer Maschinenpistole ermordet hat! Es liegt mir also sehr viel daran, zu wissen, wer ihr den Lippenstift geschenkt hat, mit dem sie unter Aufbietung der letzten Kraft noch eine Nachricht geschrieben hat!«
Mr. Dishs Gesicht war aschgrau geworden. Seine Augen waren weit auf gerissen.
»So ist das?« sagte er stockend und wischte sich über die Stirn. »Also… dann muss ich es Ihnen ja sagen! Ich will nicht in den-Verdacht kommen, so etwas decken zu wollen!« Er holte tief Luft. »Well… einen Lippenstift hat meine einzige Tochter bekommen… ebenfalls zu Weihnachten. Den anderen Lippenstift habe ich an Mister Wynen weitergegeben. Mister Wynen ist der Einkäufer von ›Droodles‹, wenn Sie die Firma kennen!«
Und ob ich die Firma kannte! »Droodles« war einer der teuersten und bekanntesten Juweliere in der 5th Avenue! Ein mächtig vornehmer Laden mit Auslagen, an denen nicht einmal Preisschilder angebracht waren, so teuer war da alles, was man kaufte!
»Ich kenne Droodles!« gab ich zu und erhob mich. »Vielen Dank, Mr. Dish! Vielleicht haben Sie uns mehr geholfen, als wir beide jetzt schon wissen!«
»Ich möchte nur nicht…« begann der Inhaber der Großhandlung, und ich beruhigte ihn, dass ich so viel Diskretion walten lassen würde, wie nur angängig war. Dann fiel mir noch etwas ein.
»Ihre Tochter besitzt den Lippenstift noch?«
Er sah mich erstaunt und erschrocken an.
Ohne ein weiteres Wort drehte er sich um und griff nach dem Telefon.
»Verbinden Sie mich mit meiner Wohnung!« befahl er. Es dauerte eine Weile, dann fragte er aufgeregt:
»Sag mal, Mae, hast du eigentlich noch den Lippenstift, den ich dir zu Weihnachten geschenkt habe?«
Er lauschte, und dann sagte er etwas verlegen:
»Nein, es handelt sich lediglich um eine Frage! Es ist ein ähnlicher verloren worden, und da dachte ich an dich! Hast du ihn noch? Ja! Das weißt du bestimmt?« Er zuckte zusammen, als die Stimme am anderen Ende der Leitung etwas schriller wurde. »Fein!« meinte er hastig und sah entschuldigend zu mir herüber. »Es ist schon gut, Darling!«. Er legte auf.
»Uff!« stöhnte er. »Man hat, schon seine Last als Vater! Doch meine Tochter kann beschwören, dass sie den Lippenstift noch
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