0057 - Finger weg von solchen Sachen
schließlich kein Betrag, mit dem sie Joe hätte helfen können, wenn er wirklich mal in der Patsche gewesen wäre.«
»Kaum«, stimmte ich zu.
»Sprechen Sie doch mal mit seinem Vater«, schlug Leccon vor.
»Das werde ich auf jeden Fall tun. Sagen Sie, gab es einen bestimmten Abend, an dem Joe nicht mit Margy ausging? Hatte er regelmäßig einen Tag, wo er vorgab, nur in Jungengesellschaft zu sein? Vielleicht Klassenzusammenkünfte oder ähnliches?«
»Nein, davon ist mir nichts bekannt. In den letzten Monaten gab es keinen einzigen Tag, soviel ich weiß, an dem Margy und Joe nicht wenigstens zwei, drei Stunden zusammen waren.«
»Hm. Na gut, das wär’s für heute. Bitte, rechnen Sie damit, daß ich noch einmal auftauchen und Fragen an Sie richten muß. Es tut mir leid, aber ich kann es nicht ändern.«
»Wenn Sie damit Joes Mörder finden können, daß Sie mir Fragen vorlegen, dann können Sie mich zu jeder Stunde anrufen. Finden Sie Joes Mörder! Mir wird dazu keine Mühe zu groß sein. Ich danke Ihnen, Mr. Cotton, daß Sie sich überhaupt um diese Sache kümmern wollen.«
»Es ist meine Pflicht.«
Er brachte uns zur Tür.
»Wenn Sie irgend etwas finden oder erfahren, wovon Sie glauben oder auch nur hoffen, daß es uns weiterhelfen könnte«, sagte ich ihm zum Abschied, »dann rufen Sie mich sofort an. Und bewahren Sie bitte vorläufig alles auf, was Ihrer Tochter gehörte. Vor allem jedes Papierstück, das nur vorhanden ist.«
Er nickte. Wir gingen. Leccon sah uns lange nach, denn ich hörte erst, als wir in den Lift stiegen, daß er die Tür hinter uns schloß.
»Die Ausbeute war sehr mager«, brummte Harper. »Damit kann man wirklich nicht viel anfangen.«
Ich nickte und mußte ihm recht geben. Und trotzdem hatte ich das unerklärliche Gefühl, als wäre ich der Lösung des Rätsels schon sehr nahe, als stünde ich eigentlich genau davor und könnte sie nur nicht sehen…
***
Um vierzig Minuten nach sechs war ich wieder in unserem Office. Ich hängte mich sofort ans Telefon und alarmierte unsere Mordkommission für den Fall Joe Backley. Leider hatte ich es im Trubel der Ereignisse bisher versäumt, diesen unbedingt notwendigen Schritt zu tun. Ich entschuldigte mich bei Tom Scenderich, dem Leiter unserer Mordkommission, für diese Unterlassungssünde. Er nahm die Enschuldigung unwirsch entgegen. Ich konnte es ihm nicht übelnehmen, daß er sich über meine Nachlässigkeit ärgerte. Es gab bei den Indianern ein altes Sprichwort, das wir bei der Polizei übernommen haben: Frische Spur, gute Spur!
Als ich mit der Mordkommission klargekommen war, machte ich mich über das Essen her, das mir Phil aus der Kantine besorgt hatte. Phil hockte inzwischen schweigend in seinem Drehstuhl und rauchte eine Zigarette nach der anderen.
Nach dem Essen trank ich drei Tassen starken Kaffee, dann fühlte ich meine Müdigkeit schwinden. Trotzdem suchte ich mir mein Handtuch aus meinem Kleiderschrank im Office und ging in den Duschraum. Eine eiskalte Dusche machte mich wieder restlos fit.
Als ich zurückkam, fragte Phil: »Was war nun eigentlich los?«
Ich erzählte ihm alles. Er kaute auf dem Daumennagel.
»Schöne Sache«, sagte er. »Starb der Junge nun, weil er rauschgiftsüchtig war und man fürchten mußte, er werde die Herkunft der Droge angeben, oder wurde er getötet, weil er etwas über Babykiller Jackson sagen wollte?«
Ich zuckte die Achseln.
»Keine Ahnung. Beide Möglichkeiten sind drin. Ich werde jetzt zu seinen Eltern fahren. Vielleicht erfahre ich dort etwas.«
»Okay. Ich soll hier weiter die Stellung halten, ja?«
»Einer muß es ja tun.«
»In Ordnung, Jerry. Wenn etwas Besonderes ist, kann ich dich bei Joes Eltern erreichen?«
»Ja. Sollte ich noch woanders hinfallen, werde ich dich vorher anrufen.«
»In Ordnung.«
Ich stülpte mir meinen Hut auf und verließ unser Dienstgebäude wieder. Die nächste Spritrechnung würde ich dem FBI vorlegen. Eine Dienstfahrt nach der anderen immer auf die private Tasche zu nehmen, war mir langsam zuviel.
Ich hatte mir vorher aus dem Telefonbuch die Adresse von Joes Eltern herausgesucht. Als ich gegen halb acht bei ihnen aufkreuzte, machte mir ein Mann die Tür auf, der einen Schädel hatte wie Vierkantholz. Rings um den kantigen Schädel saß eine dicke Löwenmähne von schlohweißer Farbe.
»Was wollen Sie?« fuhr er mich barsch an.
»Ich heiße Jerry Cotton und bin beim FBI. Ich möchte mit Mister…«
»Okay, okay. Kommen Sie ’rein.«, Er
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