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0057 - Finger weg von solchen Sachen

0057 - Finger weg von solchen Sachen

Titel: 0057 - Finger weg von solchen Sachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Kobusch
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war unverkennbar Ire. Man hörte es noch am Akzent, und man merkte es an seiner ganzen Art.
    Er führte mich in ein sehr großes Wohnzimmer, bot mir einen Sessel an und brachte eine Whiskyflasche angeschleppt.
    »Da!« sagte er und schob mir wie selbstverständlich das Glas hin.
    Ich nahm einen Schluck. Dabei beachtete ich ihn aus den Augenwinkeln. Sein Gesicht war hart und kantig. Die Augen hatten eine stahlgraue Farbe und blickten kühl und scharf in die Umgebung. Der Mann war sicher gut seine zweihundert Pfund schwer, und er war einer von den Typen, die sich nie etwas anmerken lassen, gleichgültig, was sie auch immer bewegen mag.
    Nun, es war mir lieber, als wenn ich ihn jetzt hätte trösten müssen.
    »Ich komme wegen Joe«, fing ich an.
    »Natürlich«, knurrte er. »Daß Sie als G-man vom FBI nicht wegen der Eisschränke oder der Gasleitung kommen, kann ich mir denken. Kommen Sie zur Sache.«
    Der Bursche war aber eine verdammt harte Nuß.
    »Joe war rauschgiftsüchtig«, sagte Ich jetzt genauso hart, wie er mich behandelte.
    Seine Lippen preßten sich aufeinander, bis sie zwei blutleere Striche waren. Plötzlich sprang er auf und ging auf mich los. Ich mußte ihm einen Schlag in die Brustgrube setzen, der ihm die Luft nahm und in seinen Sessel zurückwarf, sonst hätte mich der Bulle kurz und klein gemacht.
    »Benehmen Sie sich nicht wie ein Stier, der irgendwo was Rotes schimmern sieht!« fauchte ich ihn an. »Ich bin nicht gekommen, um Ihrem Sohn irgend etwas Schlechtes nachzusagen. Ich komme, weil ich etwas herauskriegen will!«
    »Und was ist das?«
    »Wer die Pistole abdrückte, mit der Ihr Sohn erschossen wurde. Das habe ich herauszufinden. Und dabei muß ich allen Spuren nachgehen, die sich für mich abzeichnen.«
    Er kippte sich selbst einen Whisky ein und trank ihn in einem Zug.
    »Okay«, sagte er dann und knallte das Glas auf den Tisch, daß ich mich wundern mußte, weil es trotzdem ganz blieb. »Okay, also Joe war rauschgiftsüchtig. Ich kriege heute einen Brocken nach dem anderen serviert. Und alles verdammt harte Brocken.«
    »Sie wußten also nichts davon?«
    »Wenn ich es gewußt hätte, mein lieber G-man, dann wäre Joe von dem Tag an nicht mehr süchtig gewesen. Darauf können Sie sich verlassen.«
    »Hat Ihr Sohn ein gutes Verhältnis mit Ihnen gehabt? Entschudligen Sie schon, aber ich muß ganz objektiv wissen, ob er unter dem Eindruck stand, daß er mit Ihnen alles besprechen könnte, oder ob er Sie vielleicht in irgendeiner Hinsicht für zu streng oder was weiß ich hielt, als daß er Ihnen alles hätte sagen können.«
    »Diese Frage hätte vor vier oder fünf Jahren noch einen Sinn gehabt, Mister. Wenn ein Backley erwachsen wird, und Joe war ein Junge wie ich, erwachsen mit sechzehn, dann macht er die meisten Dinge mit sich selbst ab. Joe war jetzt neunzehn. Er brauchte mich nicht mehr sehr viel. Und das ist gut so. Jungen sollen Männer werden und nicht immer nur der verhätschelte Sprößling ihrer Familie bleiben.«
    »Sie wollen damit sagen, daß Joe die meisten Dinge, die ihn bewegten, wahrscheinlich für sich behielt?«
    »Darauf können Sie Gift nehmen. Die Backleys sind nie geschwätzig gewesen.«
    »Leider, könnte ich dann nur noch sagen.«
    »Ich halte es für gut.«
    »Zum Teufel!« knurrte ich. »Wenn sich nirgends ein gescheiter Anhaltspunkt finden läßt, wie soll ich dann den Mörder finden und überführen können?«
    Er sah mich groß an.
    »Ach so«, sagte er. »Jetzt verstehe ich Sie.«
    Er stand auf. Breit und mächtig schritt er durch das Zimmer. Und doch stimmte an diesem Riesen irgend etwas nicht. All seine Schroffheit konnte nicht darüber hinwegtäuschen, daß etwas in ihm zei’brochen war. Dieser Mann gehörte zu denen, die kerzengerade aussehen und immer unbeugbar. Und energisch durch die Welt gehen, und plötzlich brechen sie zusammen. Und erst in diesem Augenblick würde man merken, daß ihre Kraft schon längst verbraucht war.
    Backley suchte einen Schlüssel aus seiner Hosentasche und schloß einen Safe hinter einem Bild auf. Er kam mit einem schmalen Heft zurück.
    »Das ist Joes Tagebuch«, sagte er, und seine Stimme klang auf einmal sehr sanft. »Ich habe es aus seinem Zimmer geholt und weggeschlossen, gleich als ich vom Krankenhaus Bescheid bekam, daß er nicht mehr lebte.«
    »Warum haben Sie es weggeschlossen?«
    Er sah mich an. Erst nach einer langen Pause sagte er: »Was man einem Tagebuch anvertraut, geht keinen etwas an. Ich wollte Mutter und

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