006 - Ende eines Quellherren
metallenen Kiefer polterten herein, um ihr Zerstörungswerk fortzusetzen.
Tritar stieß sich von dem Sitz ab, sobald die Kabine zur Ruhe kam, vergrößerte mit dem Ellenbogen das Loch am Bug, streifte eins der metallenen Mordwerkzeuge von seinem Handrücken und rannte los. Doch die Maschinenmörder nahmen sofort die Verfolgung auf.
Ein wilder Schmerz durchzuckte seinen Unterschenkel. Ein Maschinenelement hatte ihn eingeholt und angesprungen; Tritar schüttelte es ab und sah sich gehetzt um.
Er war umzingelt. Der Strom seiner Verfolger hatte sich zweigeteilt, ihn überholt und eingekesselt. Es waren nicht so viele, wie er anfangs vermutet hatte, doch reichte ihre Zahl vollauf.
Erst jetzt begriff Tritar entsetzt, dass die mörderischen Elemente aus einer Maschine hervor gekrochen waren, mit der er sich jahrzehntelang vertraut gefühlt hatte. Der Schaufler, der ihn angegriffen hatte, war eine der gewöhnlichen Erntemaschinen, die jeden Morgen die Quellgrasfelder aufsuchten. Noch nie hatte solch eine Maschine den Shabranern ihr tödliches Geheimnis offenbart. Wieso handelte diese hier so ungewöhnlich? Und was würde geschehen, wenn unwissende Shabraner die ungeheuerlichen Erntemaschinen einmal ernsthaft reizen würden?
Die nur aus Kiefern und Zähnen bestehende Maschinenhorde zog immer engere Kreise um den Quellherren.
»Was wollt ihr von mir?«, schrie Tritan. »Was habe ich euch getan? Weshalb greift ihr mich an?«
Er hatte gar keine Antwort erwartet und erhielt auch keine. In Erwartung ihrer tödlichen Bisse krümmte er sich auf der nackten Erde zusammen.
Wie lange wollten sie das grausame Spiel noch ausdehnen? Warum fielen sie nicht über ihn her, bissen sich nicht durch seine Haut, sein Fleisch, seine Knochen?
Ungläubig öffnete er wieder die Augen und blickte hoch. Die metallenen Kiefer hatten sich auf ihren Rollen zurückgezogen und eilten zur Muttermaschine zurück. Eins der Ringsegmente öffnete sich und der silberne Schwarm verschwand in ihrem Bauch.
Irgend jemand musste die Mördermaschinen aufgehalten haben. Aber wer? Und warum? Wem konnte so viel am Leben eines ehemaligen Quellherren liegen?
Misstrauisch beäugte er die große Erntemaschine; sie verharrte unbeweglich und machte keinerlei Anzeichen zu einem neuen Angriff.
Tritar kam wieder zu Atem. Notdürftig verband er den verletzten Unterschenkel mit einem Stoffstreifen, den er aus seiner Kutte riss und humpelte zu seinem Fahrzeug zurück. Von dem Schlepper war lediglich ein mit Metallfetzen behangenes Gestell übrig geblieben; nichts von dem, was er im Wagen mit sich geführt hatte, konnte er noch gebrauchen. Die Wasservorräte waren ausgelaufen, die Quellgraskuchen mit Metallsplittern durchsetzt.
Mit einem leisen Summen setzte sich draußen die Erntemaschine in Bewegung. Schnell war sie am Horizont verschwunden.
Tritar war allein.
Allein mit der Sonne, dem wagenradgroßen Brutofen, die mittlerweile fast im Zenit schwebte und die Ebene in ihr brennendes Licht tauchte. Nichts war da, das Schatten spenden konnte, kein Luftzug kühlte den glühenden Boden ab. Hell und trügerisch flimmerte die Luft. Die Grint-Sträucher krümmten sich unter den Strahlen und ihre Blätter hatten sich eng zusammengerollt, um die letzten Wasservorräte zu speichern.
Der ehemalige Quellherr erkletterte die Überreste des Schleppers und richtete sich auf, behutsam auf den schwankenden Verstrebungen balancierend. Jetzt sah er über dem Bodendunst ein zartgliedriges Gespinst am Horizont. Dort lag sein Ziel, mitten in den abgestorbenen Zeborwäldern, den versteinerten Riesenbäumen.
Ihm blieb keine Wahl. Er musste den Rest des Weges zu Fuß zurücklegen.
*
Ken Randall fuhr zusammen, als sich eine der Türen mit einem leise knirschenden Geräusch öffnete.
Nach der völligen Lautlosigkeit, die nur durch ihre Atemgeräusche unterbrochen worden war, wirkte dieser Laut auf ihn wie ein Donnerschlag.
Er sprang auf.
Tanya tat es ihm gleich; sie stand in Kampfstellung da, leicht gebückt, den Oberkörper etwas vorgeneigt, die Beine gespreizt, die Arme angewinkelt.
Ihre Waffen hatte man ihnen auf dem Dschungelplaneten Vetusta genommen; sollte es zu einer Konfrontation mit den Beherrschern dieser Station kommen, würden sie sie unbewaffnet durchstehen müssen. Sie konnten sich nur auf ihre Körperkraft verlassen … und auf ihre Intelligenz.
Und vielleicht auf den guten Willen ihrer Gastgeber … wenngleich Ken sich nicht auf diese Hoffnung verlassen
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