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0060 - Ich saß im Todesblock

0060 - Ich saß im Todesblock

Titel: 0060 - Ich saß im Todesblock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ich saß im Todesblock
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erbeutet.
    ***
    Die nächsten drei Tage brachten keine nennenswerten Ereignisse, außer der Tatsache, dass zwei Gnadengesuche von Todeskandidaten abgelehnt worden waren. Den Häftlingen wurde diese Mitteilung in der üblichen Form vom Direktor selbst ausgesprochen.
    Aber am viertnächsten Tag begann das ganze Theater. Sehr zu unserem Leidwesen, denn wir hatten längst nicht genug in Erfahrung bringen können, um diesen Ausbruch von vornherein wirksam unterbinden zu können. Im Grunde waren wir alle miteinander - Phil, der Direktor, das Aufseherpersonal und ich - auf Bullen Jack und die anderen Drahtzieher hereingefallen.
    Denn das Geschickteste an diesem Ausbruchsplan war, zweifellos der Umstand, dass man den Eindruck erweckte, der Ausbruch würde nicht vor Samstag gewagt werden, während er in Wirklichkeit bereits an einem Dienstag gestartet wurde.
    Dieser besagte Dienstag fing zunächst für uns alle so harmlos an wie jeder andere Tag. Wecken, Zelle fegen, Betten machen, Waschen und anschließend Frühstücken. Damit begann der Tag wie jeder andere.
    Aber eine knappe Stunde später begann der Zauber. Und er ging vom Todesblock aus, ohne dass ich etwas dagegen unternehmen konnte, denn ich war als Einziger in meiner Zelle eingeschlossen geblieben. Es begann damit, dass drei Wärter in den Flur vor unsere Zellen kamen, um uns zum allmorgendlichen Spaziergang abzuholen. Man schloss die Zellen der Reihe nach auf. Da ich in der letzten Zelle war, kam ich als Letzter an die Reihe.
    Zwei Wärter blieben im Flur stehen und überwachten das Antreten der wenigen Insassen im Todesblock. Der Dritte ging unterdessen von Zelle zu Zelle und schloss die großen Türen im Gitter auf. Jeder Sträfling musste in den Flur treten und zunächst vor seiner Zelle stehen bleiben. Die Tür im Gitter zwischen Flur und Treppenhaus war zu dieser Zeit noch abgeschlossen. Vorschriftsgemäß. Aber ebenso vorschriftsgemäß stand hinter diesem Gitter bereits der vierte Aufseher mit den Schlüsseln bereit.
    Und darauf fußte der geschickt angelegte Plan.
    Ich stand bereite wartend am Gitter, als ich hörte, dass man zum Spaziergang antreten musste. Ich konnte die Hälfte des Flures etwa überblicken. Im für mich unsichtbaren Teil hörte ich die Schritte des aufschließenden Wärters von Tür zu Tür hallen, das Klappern der Schlüssel in den Schlössern und das Quietschen der Türangeln. Sonst war es still im Block.
    Jetzt musste der Wärter vor Bullen Jacks Tür sein. Ich hörte, wie er die Tür aufschloss und hineinrief: »Komm, Jack, die Sonne wartet!«
    »Okay, okay«, brummte Bullen Jack.
    Plötzlich gab es einen überraschenden Lärm, der nur wenige Sekunden dauerte. Ich meinte, das Niederstürzen eines menschlichen Körpers zu hören. Gleich darauf beherrschte Bullen Jack lautes Organ die Szene: »Hände hoch und keine Bewegung. Auch du da vorn! Sonst knallt’s!«
    Ich drückte den Kopf fest gegen das Gitter, um so viel wie möglich von dem Theater sehen zu können. Jetzt trat Bullen Jack in meinen Gesichtskreis. Er hatte eine Pistole in der Hand.
    Bis auf den heutigen Tag konnte nicht geklärt werden, wie Bullen Jack es fertiggebracht hatte, eine Schusswaffe in seine Zelle zu schmuggeln. Aber er hatte sie.
    Die beiden Wärter an der den Gittern gegenüberliegenden Wand des Korridors waren vom bloßen Anblick der Pistole so verdattert, dass sie die Arme hoben und sich wirklich nicht zu rühren wagten. Man konnte es ihnen nicht einmal übel nehmen. Die Wärter im Todesblock durften aus Sicherheitsgründen keine Schusswaffen mit sich führen.
    Bullen Jack hatte das erkannt und sich deshalb die Pistole besorgt. Während sich die anderen Todeskandidaten in Windeseile daran machten, die beiden Wächter an der Korridorwand zu fesseln, zwang Bullen Jack den Vierten hinter dem Treppenhausgitter, die Tür aufzuschließen. Der arme Kerl hatte Angst, er könnte erschossen werden, wenn er auch nur versuchte, sich durch ein paar schnelle Sprünge hinter der nächsten Treppenecke in Sicherheit zu bringen. Diese Angst war keineswegs unberechtigt. Denn dass ein Todeskandidat schießen wird, wenn es um seine letzte Chance geht, der drohenden Hinrichtung zu entkommen, darauf können Sie einen Eid leisten.
    Gehorsam schloss er das Treppenhausgitter auf. Die Sträflinge hetzten hindurch und überwältigten ihn ebenso schnell wie seine beiden Kollegen. Um der Wahrheit die Ehre zu geben, muss dabei erwähnt werden, dass nicht einer der Wärter im Todesblock

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