0062 - Wir fanden die geballte Ladung
verbiete mir Drohungen irgend…«
»Jetzt rede ich«, sagte Conder und unterbrach den aufgeregten Mann mit einer einzigen Handbewegung. »Ich habe Sie um die Erlaubnis gebeten, Ihre Kabinen und Ihr Gepäck in Ihrer Gegenwart von meinen Offizieren durchsuchen zu lassen. Glauben Sie doch um Himmels willen nicht, dass ein Kapitän gern um so etwas bittet. Wenn er es tut, hat er Gründe dafür, und zwar sehr schwerwiegende Gründe! Ich muss unter allen Umständen auf diese Durchsuchung bestehen! Unter allen Umständen! Wenn Sie mir die Erlaubnis dazu verweigern, werde ich sofort an meine Offiziere Waffen ausgeben und den Befehlsnotstand an Bord verkünden lassen. Es täte mir sehr leid, wenn einige von Ihnen mich zu diesen Maßnahmen zwingen sollten, aber ich könnte sie in diesem Fall nicht vermeiden. Die Durchsuchungen werden durchgeführt, ob Sie einverstanden sind oder nicht. Ich möchte der ganzen unerfreulichen Sache nur gern dadurch die Spitze nehmen, dass ich Sie um Ihr Einverständnis bitte.«
»Womit wollen Sie solche Unverschämtheiten eigentlich rechtfertigen?«, fragte der angebliche Journalist Luck Marvy bissig.
Conder blieb ihm die Antwort nicht schuldig.
»Ich werde selbst dafür sorgen, dass diese Geschichte vor mein zuständiges Seegericht kommt. Dort werde ich mich zu verantworten haben. Vor Ihnen nicht, Mister Marvy. Denn so leid es mir auch tut, ich kann Ihnen die Gründe für die Notwendigkeit der Durchsuchung nicht nennen. Darf ich Sie also jetzt bitten…?«
Betretenes Schweigen folgte. Dass sie gegen die Gewalt des Kapitäns nicht ernstlich Widerstand leisten konnten, musste auch den größten Hitzköpfen klar sein. Trotzdem wollte natürlich keiner als Erster seinen Widerspruch zurückziehen. Ich sprang Conder zu Hilfe.
»Wenn der Kapitän erklärt, dass ihn schwerwiegende Gründe zu dieser Maßnahme zwingen«, sagte ich im normalen Gesprächston, »dann sollten wir ihm seine verantwortungsvolle Arbeit nicht durch kleinlichen Widerstand erschweren. Selbstverständlich haben Sie hiermit mein Einverständnis, meine Kabine sowie mein gesamtes Gepäck durchsuchen zu lassen, Kapitän.«
»Das Gleiche gilt für mich«, hängte Phil sofort daran.
»Ich wüsste auch nicht, was ich dagegen haben sollte«, erklärte Juan Verez grinsend. »Die Flasche Whisky, die ich unverzollt an Bord geschmuggelt habe, wird mir wohl hoffentlich nicht das Genick brechen, was, Kapitän?«
Conder schmunzelte.
»Auf hoher See gibt es keine Zollhoheit, Mister Verez. Wie Sie die Flasche allerdings in New York durch den Zoll schmuggeln wollen, wäre ihre Sache.«
»Na also«, lachte Verez. »Ich setze mich in den Rauchsalon, während Ihre Leute bei mir Wühlmäuschen spielen, Kapitän. Sollte ich wider Erwarten einen doppelten Boden in einem meiner Koffer und darin ein beträchtliches Vermögen haben, dann wäre ich für eine umgehende Benachrichtigung dankbar, Kapitän.«
Die Tischgesellschaft lachte. Wir schlossen uns Verez an und gingen mit ihm in den Rauchsalon, der unmittelbar neben dem Speisesaal lag. Wir nahmen an einem gemütlichen kleinen Tisch Platz, ließen uns etwas zu trinken bringen und steckten zufrieden Zigaretten an.
Verez erzählte Phil bereits wieder Witze. Ich blätterte in den herumliegenden Zeitungen. Unter anderen waren auch die Flugpostausgaben einiger New Yorker Tageszeitungen auf dem üblichen Dünndruckpapier vorhanden. Als ich den Herald durchblätterte, es war die Ausgabe unseres Abfahrtstages; stieß ich plötzlich auf eine kleine Notiz, die mit einem Rotstift eingerahmt worden war. Ich blickte genauer darauf und las zu meiner Überraschung:
New Yorker Gangsterjäger kommen zurück! (Caracas, eig. Ber.) - Die bekannten New Yorker G-men Jerry Cotton und Phil Decker, die in Venezuela einen Fortbildungskurs der dortigen Polizei leiteten, werden am Wochenende nach New York zurückkehren. Wie unser Korrespondent erfuhr, sind die beiden FBI-Beamten mit großer Herzlichkeit am Vorabend ihrer Reise von ihren Kollegen in Caracas verabschiedet worden. Cotton und Decker werden die Rückreise an Bord der Santa Cruz antreten, die am Freitagmittag in New York erwartet wird.
Ich las die kleine Notiz zweimal, bis ich wirklich begriff, dass sie tatsächlich in der Zeitung stand. Nun, dass unser Reporter flinke Boys sind, wusste ich seit Langem, aber hier hatten sie sich selbst übertroffen.
Noch mehr als die Notiz selbst gab mir ein anderer Umstand zu denken: die rote Umrandung. Irgendeiner an Bord
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