0067 - Zwischen 1000 Tonnen Dynamit
sie Wiedersehen. Ob er ihr wohl nach der Stunde einen Drink anbieten durfte? Nicht weit von der Sportschule war eine kleine Kneipe, die erst vor kurzem renoviert worden war. Dort sah es jetzt so nett aus, daß er eine solche Frau schon in dieses Lokal führen durfte.
Er stellte sich vor den Spiegel, strich sich das Haar glatt und machte eine linkische Verbeugung.
»Darf ich Sie noch zu einem Drink einladen, Mrs. Haskvich?« murmelte er. Dann fiel ihm ein, daß sie sich ja mit ihren Vornamen anredeten. Joan hieß sie. Joan! Ein schöner Name.
Und Haskvich. Das klang sehr ausländisch. Sehr geheimnisvoll. Wie von ganz weit weg.
Er war zeit seines Lebens nicht über die Stadtgrenzen von New York hinausgekommen, ja kaum über die Grenzen seines Viertels. New York war eine Riesenstadt, aber es gibt auch in ihr Viertel, die wie eine Kleinstadt für sich erscheinen, wo jeder jeden kennt und alles nach dem engen Horizont einer tatsächlichen Kleinstadt betratscht wird.
In so einem Viertel war Hogans aufgewachsen, und ihm fehlte alles, wodurch sich Joan Haskvich auszeichnete, die eine wirkliche Dame von Welt war. Und weil er nichts von der Welt gesehen hatte, erschien ihm ihr Name auch so überaus geheimnisvoll, so an fremde Länder und Sitten erinnernd.
Haskvich. Buck Baxter hatte gesagt, das sei Tschechisch. Aber was es auch sein mochte, er hatte den Namen schon einmal gehört oder gelesen. Er konnte sich nur nicht erinnern, wo und bei welcher Gelegenheit.
Als er in die Hose fuhr, fiel ihm das Geldscheinbündel in die Hände, das er heute nacht verdient hatte. Jetzt, nachdem alles vorbei war, empfand er die ganze Sache als eine Art Sport. Eine Dynamitfabrik auszuräubern - das war noch nicht dagewesen!
Er hatte jede Einzelheit dieses lustigen Abenteuers in der Erinnerung. Zuerst die lange Anfahrt, das schwierige Zurücksetzen vom Highway auf die Zufahrtsstraße, das langsame Anschleichen im Straßengraben. Schließlich das Auftauchen der Fabrikumrisse aus dem Dunkel der Nacht. Bis man die große Firmenschrift auf dem Verwaltungsgebäude erkennen konnte.
»Gregor Haskvichs Dynamite Production.«
Das hatte in großen Buchstaben über den Fabrikgebäuden gestanden. Leuchtende Neonbuchstaben, die man weithin erkennen mußte, wenn man sie nicht genau von der Seite sah, wie es an der Abfahrt Highway-Zufahrtsstraße der Fall war.
Haskvichs Dynamite… Hogans fuhr zusammen. Jetzt wußte er, wo er den Namen schon gelesen hatte! Haskvich! Er setzte sich auf sein Bett und fuhr sich ärgerlich durch die Haare.
Ausgerechnet die Frau dieses Haskvich, den er nachts bestehlen half, mußte er kennenlernen und so ausnehmend sympathisch finden! Wenn sie es auch nicht wissen konnte, daß er einer der Diebe war, so fand er diesen Gedanken doch alles andere als erfreulich.
***
Wir ließen uns sofort zum Tatort führen. Hays rief zwei Beamte vom Spurensicherungsdienst ab und nahm außer dem Doc auch noch vier Vernehmungsbeamte mit, die notfalls für die notwendigen Absperrungen sorgen konnten.
Der Doc näherte sich als erster der Leiche, deren Kopf eine grauenhafte Wunde auf wies. Er untersuchte den Leichnam flüchtig und kam dann zu uns zurück, die wir unmittelbar an der Fabrikmauer warteten.
»Nun, Doc?« fragte Hays.
Unser alter Polizeiarzt nahm seine Brille ab, nachdem er sich die Finger mit einem Taschentuch gesäubert hatte, und putzte nun auch die Gläser der randlosen Brille, die von zwei schmalen Goldbügeln getragen wurde.
»Todesursache scheint zweifelsohne ein Schlag mit einem stumpfen Gegenstand auf die Schädelbasis zu sein. Der stumpfe Gegenstand ist sicher der Steinbrocken, der dort neben dem Toten liegt.«
»Wann ist der Tod eingetreten?«
»Vor höchstens einer Stunde.«
Wir sahen uns überrascht an.
»Ist das Ihr Ernst?« fragte Phil. »Nicht heute nacht?«
»Nein. Vor höchstens einer Stunde, das ist ganz sicher. Wahrscheinlich sogar vor noch kürzerer Zeit.«
Wir schwiegen einen Augenblick lang, dann sagte Hays: »Ben, sehen Sie mal nach, ob Sie bei dem Toten Papiere finden, ohne daß Sie seine Lage zu verändern brauchen! Ich möchte gern wissen, wie der Mann heißt.«
Einer der beiden Leute vom Spurensicherungsdienst näherte sich gebückt dem Toten, wobei er die Erde vor sich genau betrachtete, damit er nicht eine vielleicht vorhandene Spur des Täters zertrat. Als er bei der Leiche angekommen war, kniete er nieder und tastete vorsichtig die Kleidung ab. Nach einer Weile kam er mit einer ledernen
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