0068 - Wir holten sie vom Schiff
stand so, dass ihr Licht nicht bis herab auf die Straße reichte. Trotzdem war es nicht kühler als anderswo. Das in der Luft hängende Gewitter nahm sich Zeit. Die Schwüle hing regungslos und Nerven belastend über der City.
Ich stoppte den Jaguar einen Häuserblock vor der Kneipe, deren genaue Lage wir anhand des Telefonbuches ermittelt hatten. Wir stiegen aus, schlugen die Türen zu und marschierten schweigend auf dem Bürgersteig entlang. Die Hitze saß uns mit einschläfernder Gewalt in den Gliedern und zog eine bleischwere Müdigkeit nach sich. Jede Bewegung wurde zu einer Qual. Ich verfluchte die verdammte Schwüle. Ein schwitzender Schädel reagiert nicht immer schnell genug. Und wir wollten immerhin einen Mörder mit seinem Komplizen verhaften…
Die Kneipe war ein düsteres Lokal mit Fenstern, die seit Wochen nicht mehr geputzt worden waren. Vielleicht hielt man sie absichtlich schmutzig. Denn durch blinde Scheiben kann man von der Straße her kaum etwas vom Innern des dahinterliegenden Raumes sehen, während man von innen nach draußen noch allerhand erkennen konnte.
Ich suchte vergeblich nach einem Hauseingang. Es gab keinen. Es gab nur die Tür zur Kneipe. Über der Tür stand in großen Buchstaben: Boardinghouse. Also eine Art billigstes Hotel.
Das gefiel uns gar nicht.
»Wenn sie einen Warndienst haben«, brummte Phil, »dann wissen die beiden früher, dass wir da sind, als wir sie überhaupt zu Gesicht bekommen.«
Ich nickte. Einen Augenblick überlegte ich, dann zog ich meine Krawatte halb auf die Brust herab und öffnete den obersten Hemdknopf. Phil stutzte, dann verstand er und tat es mir nach. Wir schoben die Hände bis fast zu den Ellenbogen in die Hosentaschen und drückten mit der Schulter die Tür auf. Jetzt kam es nur noch darauf an, dass man uns unsere Rolle abnahm.
In der Kneipe saßen ein paar mürrische Kartenspieler, die von der Hitze zum Ablegen ihrer Jacken bewegt worden waren. In Hemdsärmeln hockten sie an einem Tisch und starrten müde auf ihre Karten.
Bei unserem Eintritt flogen uns ruckartig ihre Köpfe entgegen.
»Hallo«, sagten wir ziemlich träge und stellten uns an die Theke. »Gibt’s hier keine Bedienung.«
»Die Bedienung bin ich«, sagte ein ungeschlachter Kerl, der aussah wie ein Schlachtergeselle. Er legte seine Spielkarten weg und kam zu uns. »Was wollt ihr?«
»Cola, eisgekühlt«, murmelte ich und schob mir den Hut ins Genick. »Verdammte Hitze, was?«
Der Keeper musterte uns misstrauisch, während er aus dem Kühlschrank zwei Cola-Flaschen angelte.
»Ja, ziemlich warm«, brummte er. »Wo kommt ihr denn her? Ich habe euch ja noch nie hier in der Gegend gesehen?«
Ich zuckte die Achseln. »New York ist groß. Man kann nicht alle die Millionen Leute kennen, die hier herumtrampeln«, sagte ich. »Drei Whiskys dabei.«
»Drei?«
»Ja«, grinste ich. »Oder trinkst du nicht?«
Der Keeper blieb reserviert.
»Danke«, sagte er. »Danke.«
Er baute drei Gläser auf und schenkte ein. Wir tranken. Phil und ich anschließend dann die Cola. Als wir das erfrischende Getränk geleert hatten, stellten wir die Gläser zurück auf die Theke.
»Wir suchen Gus und Cris«, murmelte ich. »Da ist vielleicht ein Geschäft für die beiden…«
»Was für ein Geschäft?«, wollte der misstrauische Keeper wissen.
Ich erwiderte gedehnt: »Das Geschäft ist vielleicht für Gus und Cris? Mit anderen Leuten… spricht man nicht über seine Geschäfte.«
Jetzt grinste der Keeper.
»Okay, Boys. Geht rauf! Zweite Etage. Zimmer elf. Wenn sie nicht da sind, trefft ihr sie hinten im Hof in der Garage. Manchmal basteln sie an ihrem Wagen. Sie wollen sich ihren Motor selbst auf Overdrive-Speed umbauen. Ob sie’s schaffen, ist allerdings eine Frage…«
Er deutete mit seinem vierkantigen Schädel nach einer Tür im Hintergrund. Ich legte ein Geldstück auf die Theke und tippte mit dem Finger dankend an die Hutkrempe.
Wir gingen zu der angezeigten Tür, öffneten sie und betraten einen dunklen Flur. Ich schob die Tür hinter mir zu.
***
Wir gingen leise von der Tür weg in den Flur hinein. Rechts führte eine schmale und sehr steile Treppe hinauf in die oberen Stockwerke. Links ging ein Flur weiter nach hinten zur Hoftür.
»Erst die Garage«, schlug ich vor.
Phil nickte.
Ich hatte keinen besonderen Grund dafür, erst in der Garage nachzusehen.
Es war einfach die Tatsache, dass die Garage näher war als der zweite Stock. Außerdem ist es in einer Garage meistens kühl,
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