0068 - Wir holten sie vom Schiff
Seine Pistole fiel ihm aus der Hand. Von seinem linken Unterarm schoss ein Blutstrahl hoch. Vielleicht hatte ich eine Ader getroffen.
Ich sprang auf und hetzte zu Phil. Meather trommelte wie ein Irrsinniger auf den halb bewusstlosen Phil ein. Ich riss ihn am Jackettkragen zurück, drehte ihn herum und setzte ihm einen Uppercut auf die Kinnspitze. Meather überschlug sich.
Der war ausgeschaltet. Ich bückte mich und stützte Phil. Er rang nach Luft und blutete aus einigen Schrammen von Faustschlägen. Hoffentlich waren keine inneren Organe verletzt worden.
Eine Flasche Whisky hätte ich bei mir haben mögen. War denn nichts zu trinken in der Nähe?
Ich blickte mich um. Ich sah gerade noch, wie Rander abdrückte. Phil fuhr zusammen, als hätte er einen Schlag mit einer Peitsche erhalten. Auf seiner linken Schulter bildete sich augenblicklich ein roter Fleck, der sich rasch vergrößerte.
Jetzt hatte ich genug. Meine Pistole flog hoch, der Schuss peitschte los. Rander schrie wie am Spieß. Er ließ seine Pistole fallen und stand mit schlaff herabhängenden Armen da. Am rechten Schlüsselbein hatte er die zweite Wunde.
Auf der Straße kreischten die Reifen einiger Wagen. Die Polizeisirene gellte so laut in unseren Ohren, dass man sein eigenes Wort nicht hätte verstehen können. Im Nu wimmelte es auf dem Hof von Cops der Stadtpolizei.
»Cotton, FBI!«, rief ich ihnen zu, als sie mit gezogenen Pistolen auf den Hof stürmten. »Zwei Mann hierher, schnell!«
Zwei Uniformierte stürmten heran.
»Verbandspäckchen!«, rief ich.
Sie rissen die Päckchen auf. Ich hatte inzwischen Phils zerschossenes Jackett mit dem Taschenmesser aufgeschlitzt, damit man besser an die Wunde herankommen konnte. Wir drückten zwei Verbandspäckchen darauf und wickelten die Binden kreuz und quer um seine Brust.
»Was soll mit den beiden geschehen, Sir?«, fragte ein anderer Cop, der zu uns herankam.
»Zum FBI-Distriktgebäude mit ihnen«, sagte ich, ohne von den Binden aufzusehen. »Unser Doc wird sich schon um sie kümmern. Sagen Sie bei der Einlieferung nur, Cotton schickte Sie.«
»Zu Befehl, Sir.«
»Protokoll in mein Office schicken zum Unterschreiben.«
»Jawohl, Sir.«
Meather und Rander wurden abgeführt. Rander wurde mehr getragen, als er gehen konnte. Auch ihn hatte man provisorisch verbunden, um wenigstens die Blutung zu stoppen.
»Mein Jaguar steht einen Häuserblock weiter rechts«, sagte ich und gab einem der beiden Cops, die mir beim Verbinden behilflich gewesen waren, den Wagenschlüssel. »Fahren Sie ihn hierher.«
»Yeah, Sir.«
Er verschwand. Ich wandte mich an den zweiten.
»Holen Sie mir eine Flasche Whisky von vorn aus der Kneipe. Hier haben Sie Geld. Aber lassen Sie sich eine gekühlte Flasche geben.«
»Zu Befehl, Sir!«
Er beeilte sich. Der Hof lag jetzt menschenleer. Nur mein Freund Phil und ich waren noch da. Aber seit die Cops gekommen waren, hingen Neugierige in allen Fenstern dieses und der benachbarten Häuser. Ich kümmerte mich nicht um sie.
***
Meine ganze Aufmerksamkeit galt Phil. Die Kugel war von hinten eingedrungen, aber vorn nicht wieder herausgekommen. Sie konnte leicht von irgendeinem Knochen abgelenkt und womöglich in die Lunge gelenkt worden sein. Es war alles andere als harmlos.
Sein Gesicht blieb bleich. Er atmete nur ganz schwach. Ich fühlte seinen Puls. Er war kaum festzustellen, so schwach ging er.
Zum Teufel, wo blieb denn der Cop mit meinem Wagen? Wie lange brauchte der Kerl, um einen Häuserblock weit zu laufen? Halt, Jerry!, sagte ich mir. Sei nicht ungerecht. Es sind mindestens sieben- bis achthundert Yards. Dazu Einsteigen, aus der Parklücke schlängeln, anfahren, die Strecke zurücklegen und in den Hof fahren - das alles braucht seine Zeit.
Aber unterdessen lag Phil bewusstlos auf dem Steinplattenpflaster des Hofs. Ob er innere Verletzungen davongetragen hatte? Ein FBI-Kollege war vor einigen Monaten buchstäblich nach innen verblutet. Man weiß nie, was eine Schusswunde für innere Verletzungen mit sich bringt.
Ich presste die Lippen fest aufeinander und starrte in das blasse Gesicht meines Freundes. Phil Decker, der Mann, der fast jeden schwierigen Fall mit mir zusammen gelöst hat, dem ich mehr als einmal mein Leben verdankte, weil er sich rücksichtslos für mich einsetzte, selbst wenn es halber Selbstmord war, dieser Phil Decker, mit dem ich zusammen gelacht und zusammen geflucht, zusammen getrunken und zusammen gekämpft und geschossen habe, dieser Mann lag
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