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0069 - Das Gericht der Toten

0069 - Das Gericht der Toten

Titel: 0069 - Das Gericht der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Wolf Sommer
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ist es gut«, sagte der Inder. »Ich könnte es mir nie verzeihen, Sie besudelt zu haben. Sie können mir das nachfühlen, nicht wahr, Zamorra? Tomatensaft gibt nämlich sehr unangenehme Flecken. Aber das wissen Sie ja sicherlich selbst.«
    Zamorra fand es höchst grotesk, sich hier Geschwätz über verschütteten Tomatensaft anhören zu müssen. In jedem Fall mußte er dem Kerl zugestehen, daß er etwas von psychologischer Kriegsführung verstand. Seine ganze Art konnte einen schon ganz schön auf die Palme bringen.
    Der Guru fing jetzt an, mit dem Zeigefinger in dem roten Saft herumzumalen. Er tat es mit ungeheurer Konzentration, so als gäbe es nichts wichtigeres auf der Welt.
    Der Professor wollte gerade mit massiven Worten gegen diese Mißachtung seiner Person einschreiten, als er plötzlich einen stechenden Schmerz auf der Brust spürte.
    Das Amulett!
    Es brannte derartig, daß er unwillkürlich leise aufstöhnte.
    Eine ungeheure starke magische Kraftquelle war aktiv geworden, die auf ihn, Zamorra, einwirkte. Und der Talisman wurde aufs höchste beansprucht, um diesen unheimlichen Angriff abzuwehren.
    Was geschah?
    Der Professor beobachtete Madhvakrishna mit zusammengekniffenen Augen. Der aber tat nichts Auffälliges, starrte nach wie vor auf den verdammten roten Saft und malte darin herum.
    Dann wurde die Aufmerksamkeit Zamorras abgelenkt.
    Nicole sprang plötzlich hoch von ihrem Sitz, so ruckartig, daß der Stuhl hinter ihr zu Boden polterte.
    Niemals in seinem Leben hatte der Professor sie so gesehen. Ihr Gesicht war zu einer furchterregenden Grimasse verzerrt. Speichelbläschen erschienen auf ihren vollen Lippen, und der nackte Wahnsinn stand in ihren Augen. Ein heiseres Krächzen entrang sich ihrer Kehle.
    »Nicole!« rief Zamorra erschrocken und sprang ebenfalls auf. »Nicole, was ist? Was ist los mit dir?«
    Sie hörte ihn gar nicht. Das Krächzen wurde lauter, wuchs sich zu einem beinahe tierhaften Grollen aus, steigerte sich schließlich zu einem entsetzlichen, kreischenden Schrei.
    Der Professor wollte auf sie zueilen, wollte sie in die Arme nehmen, sie beruhigen. Aber er fand im Augenblick nicht die Kraft. Die brennenden Schmerzen auf seiner Brust waren jetzt so gewaltig geworden, daß er kaum noch Luft bekam. Schwarze Schleier bildeten sich vor seinen Augen. Nur mit größter Willensanstrengung schaffte er es, das Bewußtsein nicht zu verlieren.
    Nicole handelte jetzt. Immer noch mit diesem furchtbaren Schrei auf den Lippen stürzte sie auf Madhvakrishna los, mit vorgestreckten Händen, die Finger wie Vogelkrallen gebogen, mit Zähnen, die zwischen den zurückgezogenen Lippen weiß hervorstanden.
    Sie kam nicht dazu, Hand an den Guru zu legen. Madhvakrishna wich mit jener Reaktionsschnelligkeit zurück, die er vorhin schon einmal demonstriert hatte. Nicole stieß ins Leere, stolperte über den von dem Inder verlassenen Stuhl und fiel zu Boden. Mit beharrlicher Entschlossenheit kam sie wieder auf die Füße, drang abermals auf den Guru ein, der bis zur Wand geflüchtet war.
    »Hilfe, Hilfe!« schrie er. »Eine Wahnsinnige! Sie will mich umbringen.«
    Der Barmixer und der Kellner reagierten jetzt. Sie verließen die Bar und kamen mit hastigen Schritten heran.
    Deutlich sah man ihnen an, was sie dachten: Einen Skandal im Hilton – so etwas durfte es einfach nicht geben.
    Auch Zamorra hatte jetzt seine vorübergehende Lähmung überwunden.
    Das Brennen auf seiner Brust war weniger schmerzhaft geworden, schwächte sich immer weiter ab. Der Angreifer, bei dem es sich nur um Madhvakrishna handeln konnte, hatte seine magische Attacke abgeblasen.
    Der Professor hatte jetzt nicht die Zeit, über das »Wie« des rätselhaften Angriffs nachzudenken. Nicole hatte jetzt absoluten Vorrang.
    Nach wie vor gebärdete sie sich wie eine Rasende, versuchte dem immer wieder blitzschnell ausweichenden Guru ihre Fingernägel ins Gesicht zu schlagen.
    Kellner und Mixer standen jetzt unmittelbar hinter Nicole, streckten bereits ihre Hände aus, um sie festzuhalten.
    »Halt!« kommandierte Zamorra.
    Die Männer fuhren herum, blickten ihn erstaunt und fragend an.
    »Lassen Sie mich das machen«, sagte der Professor.
    Dann lief er um den Tisch herum und stürmte auf Nicole zu. Die beiden Hotelbediensteten sprangen zur Seite, um ihm den Weg freizugeben. Nicole, geduckt wie eine Pantherkatze, führte einen neuen Schlag gegen den Inder, der wie alle vorangegangenen in der Luft verpuffte.
    Energisch packte Zamorra zu. Er bekam

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