007 - Das Grauen von Blackwood Castle
Schloss und Larry konnte die Tür aufdrücken.
Er erreichte einen mit breitem Teppich ausgelegten Korridor. Links und
rechts Türen – Geräusche, Stimmen. Jemand sang. Larry kam an einem großen
Aufenthaltsraum vorüber, in dem eine Gruppe geistig behinderter Jungen und
Mädchen in einem großen Halbkreis beisammensaß. In der Mitte eine Schwester mit
einem Tamburin, mit dem sie rhythmisch den Takt zum Singsang der Gruppe schlug.
Er rannte vorüber, ohne dass ihn jemand bemerkte und wollte nur noch raus
aus diesem Haus. Es war kaum anzunehmen, dass es Dr. Free riskierte, sich hier
irgendwo zu verstecken. Für ihn war kein Blumentopf mehr zu gewinnen. Nur die
Flucht konnte ihm jetzt noch die Möglichkeit geben, seine Schäfchen ins
Trockene zu bringen.
Da hörte er ein Geräusch – ein Motor heulte auf.
Sofort war Larry neben der breiten, halb offenstehenden Balkontür.
Er sah den dunkelblauen Rolls-Royce aus der Garage außerhalb des
Heckenzauns schießen. Wie der Blitz schoss der Amerikaner über die breite Mauer
des Balkons, kam federnd auf die Beine und stürmte zu dem Tor zwischen den
mannshohen Hecken. Er sah den Wagen um die Wegbiegung verschwinden. Es war ihm,
als befände sich außer dem Arzt eine zweite Person im Wagen. Eine große,
massige Gestalt – James! Offenbar war es ihm gelungen, seinem Herrn zu folgen.
Larry Brent beeilte sich. Er musste den Lotus erreichen und die Flüchtigen
verfolgen! Der rote Wagen wurde von zahllosen Kindern belagert. Es kostete
Larry einige Minuten, ehe er sich einen Weg dahin gebahnt hatte und den Kindern
plausibel machen konnte, dass sie zur Seite gehen sollten.
Er nahm hinter dem Steuer Platz, startete und konnte nur langsam fahren,
weil die Kinder neben dem Wagen herrannten. Eine Schwester rief sie zurück.
Wertvolle Zeit ging verloren. Das Tor schloss sich gerade langsam automatisch,
da gab Larry Gas, und wie ein roter Pfeil flog der Lotus durch den verbliebenen
Spalt. Mit weit aufgerissenen Augen und schreckensbleichem Gesicht verfolgte
der hagere Portier das waghalsige Manöver.
X-RAY-3 ging scharf in die Kurve. In der Ferne sah er den dunklen
Rolls-Royce, winzig klein, auf der grauen, regenfeuchten und kerzengeraden
Fahrbahn verschwinden. Larry trat das Gaspedal durch. Der Lotus machte einen
Satz nach vorn und beschleunigte. Der Rolls-Royce entfernte sich von der
Küstenstraße und fuhr in Richtung Berge. Minutenlang war er nicht mehr zu sehen
und befand sich hinter einer hohen Bodenwelle. Die Straße machte eine große
Kurve, über die Larry keinen Überblick hatte. Langsam konnte er sich an den
Rolls-Royce heranschieben, doch dessen Vorsprung war beachtlich. Larry hatte zu
viel Zeit verloren.
Es dauerte eine knappe Viertelstunde, bis er das dunkelblaue Auto ständig
in seinem Blickfeld hatte.
Meter für Meter kam er näher.
Doch die Überholmanöver waren nicht einfach. Die Straße war nass und glatt,
der Verkehr auf der Gegenseite beachtlich.
Larry fragte sich, woher die vielen Autos um die Lunchzeit kamen. Er musste
höllisch aufpassen, um den Rolls-Royce nicht wieder aus den Augen zu verlieren.
Dann kam es ihm so vor, als würde sich nur eine Person im Auto befinden. Er sah
James hinter dem Steuer. Wo war Dr. Free? Duckte er sich, glaubte er, damit den
Agenten zu täuschen, wollte er damit bezwecken, dass Larry ins Heim zurückfuhr,
um dort nach ihm zu suchen, während er in Wirklichkeit doch die Flucht
fortsetzte?
James, der die Rolle des Chauffeurs übernommen hatte, lenkte den Wagen
wenig später an einer Abzweigung nach links, um noch weiter in die Berge zu
kommen.
Steil, in vielen Serpentinen, führte der Weg in die Höhe. Die Sicht war schlecht.
Der Himmel fast schwarz. Larry musste die Scheinwerfer einschalten. Links die
bizarren dunklen Felswände, rechts die hohen, aus der Tiefe des Abgrundes
emporwachsenden Bäume.
X-RAY-3 fuhr aufmerksam, aber noch immer mit ungeheurem Tempo.
Da, ein Schatten vor ihm!
Er erkannte im letzten Augenblick, dass es sich um den Rolls handelte.
Deutlich sah er jetzt, dass nur James im Wagen hinter dem Steuer saß und in
diesem Augenblick zum Überholen ansetzte. Vor ihm ratterte ein riesiger
Sattelschlepper bergauf.
James riss den Rolls herum. Mit halsbrecherischer Geschwindigkeit sauste er
an dem Schlepper vorbei. Da tauchten die verschwommenen Scheinwerfer
entgegenkommender Autos vor ihm auf.
Larry erfasste die Situation geistesgegenwärtig. Schon zum Überholen
angesetzt, nahm er den Fuß vom
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