0071 - Mit der letzten Kugel
FBI-Beamten. Die begaben sich in zugewiesene Straßen und befragten die Leute nach allem möglichen Nonsens. Wie sie über die Weltraumpläne der Regierung dächten und ob sie mit dem Kaffeepreis einverstanden wären. Und wie viel Leute im Haus wohnten, wie sie hießen und wann ungefähr sie in diese Gegend zugezogen seien. Und ob die schulpflichtigen Kinder lieber privat zur Schule gingen oder Sammelbusse der Schulbehörden vorziehen würden.
Well, Sie merken es schon. Worauf es ankam, waren lediglich die Fragen nach den Leuten und seit wann sie in der Gegend lebten. Da die Amerikaner solche Meinungsforscher gewöhnt sind, kann man sicher sein, dass man seine Antworten bekommt. Wir schickten die zwanzig Leute in zehn verschiedene Straßen. Und eine davon war die Baker Street.
Mittags gegen ein Uhr hatten wir das vollständige Verzeichnis der Bewohner aus der Baker Street. Und damit begann die systematische Überprüfung der Leute. Für uns war jeder verdächtig, der in schwierigen oder schlechten finanziellen Verhältnissen lebte oder nicht länger als ein paar Monate in der Baker Street wohnte. Sechzehn Leute dieser Art gab es.
Und auf diese sechzehn Leute setzten wir unsere ersten G-men mit Dauerauftrag an. Sie sollten alles über die Leute herausfinden, was man nur herausfinden konnte.
Nachmittags um drei telefonierte ich mit Mark Hoagans. Das war einmal ein Kollege von uns, bis ihn jugendliche Gangster mit neunzehn Messerstichen so verwundeten, dass er für den FBI-Dienst zeit seines Lebens nicht mehr infrage kam. Er musste ausscheiden und erhielt seine volle Pension ausgezahlt, obgleich er noch längst nicht die Altersgrenze erreicht hatte. Mehr aus Tätigkeitsbedürfnis als aus finanziellen Gründen bewarb er sich um eine Stellung als Personalchef bei einer Woolworth-Filiale und erhielt den Job auch.
Natürlich half uns Mark noch heute, wo er konnte, wenn wir seiner Hilfe bedurften. Ich rief ihn an.
»Hoagans«, sagte seine unverkennbar straffe Stimme.
»Cotton«, brummte ich im gleichen Stil.
»Jerry!«, brüllte Hoagans erfreut. »Das ist eine Überraschung! Wie geht’s, altes Haus?«
»Mittelprächtig«, erwiderte ich lachend. »Kaum Schlaf und eine ziemlich demolierte Fassade. Hatte heute Nacht kleinere Differenzen mit einem Mann, der den schönen Namen Goliath erhielt von seinen Freunden.«
»Na, wie ich dich kenne, warst du sein David, was?«
»Ungefähr. Aber erst nachdem ich sehr intime Berührungen mit seinen Fäusten hinter mir hatte.«
»Aber du kannst noch auf den Beinen stehen?«
»Klar, und der Whisky schmeckt auch noch.«
Wir lachten wieder beide. Dann wurde ich ernst und sagte: »Mark, ich brauche heute Nachmittag gegen fünf mal deine Hilfe.«
»Klar. Mit allem, was ich bin und habe, stets zu Diensten meiner alten Freunde und meines früheren Vereins.«
»Nett von dir. Gegen fünf wird ein Ehepaar bei dir auf kreuzen. Ich übrigens auch. Wir müssen uns gemeinsam Filme einer neuerdings interessant gewordenen Straße betrachten.«
Well, wie gesagt, Mark gehörte mal zu unserem Verein. Aus der Art unserer Arbeit schloss er sofort auf das richtige Verbrechen und umschrieb es mit unserem gebräuchlichen Ausdruck: »Kapitalsache Eins, was?«
»Genau«, sagte ich.
»Au, verdammt.«
»Eben. Geht alles klar?«
»Natürlich, Jerry. Wie willst du den Vorführapparat anliefern lassen?«
»Zwei Kollegen aus Los Angeles werden mit einem Taxi und mehreren Musterkoffern bei euch Vorfahren und sich bei dir als Vertreter der Wäschefabrik Crude Brothers melden lassen. Das sind unsere Leute mit den Filmen und dem Vorführapparat.«
»Geht in Ordnung. Crude Brothers. Ich habe es mir notiert.«
»Fein, Mark. So long.«
»So long, Jerry!«
Ich legte auf. Das Zimmer, in dem ich saß, glich sehr der Einsatzzentrale einer Infanteriedivision. Nur mit dem Unterschied, dass bei uns niemand eine Uniform trug.
An einer Wand hing eine speziell von unserem Archiv angefertigte Karte mit der Gegend um die Baker Street. Darauf waren sämtliche Häuser, Garagen, Bäume, Gartenzäune, Hydranten, Kanalisationsrohre und sonstige interessante Kleinigkeiten in verschiedenen Farben eingezeichnet. Nadeln mit bunten Köpfen zeigten an, wo wir Leute postiert hatten. Rote Nadel bedeutete Mann mit Walkie-Talkie, grüne Nadel Mann mit Schusswaffen, blaue Nadel Mann mit Schusswaffen und Tränengasgranaten. Gelbe Nadeln wurden für Wagen mit Sprechfunkgeräten verwandt.
Diese Karte hing an einer Wand und nahm
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