0072 - Ich war kein Fraß für Tiger
versuchen. Warten Sie bitte hier.«
Er nahm sich ein Injektionsetui und zwei Ampullen aus einem kleinen Karton. Ais er nach fast eine Viertelstunde zurückkam, nickte er.
»Also gut. Aber Sie müssen mir versprechen, dass Sie Ihr Verhör sofort abbrechen, wenn ich Ihnen ein entsprechendes Zeichen gebe.«
»Okay, Doc. Selbstverständlich. Übrigens, wie hieß der Mann doch gleich?«
»Jimmy Masters.«
Jimmy…! Mir fiel ein, was ich in jener Nacht gehört hatte, als wir in Hails Wohnung uns hinter Portiere und Sessel versteckt hatten… Wie war es doch gewesen?…,Jimmy, du kümmerst dich schon mal um den Safe…’!
Wir betraten auf Zehenspitzen ein Zimmer, das dicht neben dem Büro gelegen war, in dem ich mich soeben mit dem Arzt unterhalten hatte. Eine Schwester saß vor dem Bett und las.
Sie erhob sich geräuschlos und stellte sich hinter das Kopfende.
Der Doc deutete auf einen Stuhl.
»Ich habe ihm ein Stärkungsmittel injiziert«, flüsterte er. »Er muss jeden Augenblick zu sich kommen.«
Ich setzte mich. Jimmy Masters bestand augenscheinlich nur noch aus Verbänden. Vom Kopf waren nur die Augen und die Nasen-Mund-Partie freigelassen. Die Arme und Hände waren vollkommen unter den weißen Binden verborgen.
Nach einer Weile sah ich, wie er die Augen auf schlug. Ich versuchte, ihn anzulächeln. Sein Gesichtsausdruck blieb zunächst abwesend, aber dann schien er voll zu Bewusstsein zu kommen.
»Hallo, Doc…«, hauchte er grinsend. Offenbar hielt er mich für einen Arzt. Aus irgendwelchen Hygienegründen hatte ich einen weißen Kittel überziehen müssen. »Noch einmal Glück gehabt, was?«
Ich nickte.
»Das haben Sie wirklich, Jimmy. Machen Sie sich nur keine Sorgen. Wir bringen Sie schon durch…«
Er lächelte schwach.
»Kommt auch gar nicht anders infrage! So was wie ich beißt nicht so schnell ins Gras. Nicht so schnell jedenfalls, wie sich das manche Leute denken… Hören Sie, Doc, Sie müssen mir einen Gefallen tun!«
Ich nickte.
»Natürlich, Jimmy. Was ist es denn?«
Er legte seine verbundene Hand auf meinen Unterarm.
»Rufen Sie mir einen Detective.«
»Einen Detective?«, sagte ich verdutzt.
»Ja! Einen Detective der Kriminalabteilung der Stadtpolizei! Ein G-man vom FBI wäre noch besser, aber die kümmern sich ja nur um die ganz großen Sachen. Rufen Sie mir einen Detective!«
Ich griff zu einer kleinen Lüge.
»Das ist nicht notwendig, Jimmy. Ich bin Polizeiarzt. Sie sind hier im Polizeihospital. Wir haben Sie zu uns bringen lassen, damit Sie wirklich sicher sind.«
Er grinste.
»Ihr seid doch ein verdammt schlaues Volk! Seid wohl schon dahinter gekommen, dass mich jemand umlegen wollte, was? Ja, es war so. Und ich werde den Kerl verpfeifen…«
Er keuchte, und ich sagte ihm, dass er sich nicht aufregen sollte.
»Nicht aufregen!«, stieß er grimmig hervor. »Haben Sie schon mal vor einem Tiger gelegen? Verdammt, ich rieche diesen scharfen Bestiengeruch jetzt noch… Hören Sie, Doc, ich bin sonst wirklich nicht fürs Verpfeifen. Man soll euch auch nicht alle Arbeit abnehmen, nicht? Wofür werden die Detectives schließlich bezahlt? Aber hier ist das was anderes. Hören Sie zu, Doc…«
Er machte eine Pause, dann fuhr er mit schwacher Stimme fort: »Ich bin ein Mobster. Gangster sagt ihr ja wohl. Bisher habe ich für Boy Raine gearbeitet. Konnte mich nicht beklagen, er zahlte gut und war auch sonst ’n vernünftiger Kerl. Aber jetzt wollte er mich wohl loswerden. Und weil ich zu viel von ihm wusste, konnte er mich natürlich nicht einfach an der nächsten Straßenecke stehen lassen. Er wollte mich umlegen. Hat sich’s raffiniert ausgedacht, muss man schon sagen. Er bestellte mich in den Steve Private Zoo. Er sagte, ich sollte mich da und da verstecken, bis die Besuchszeiten vorbei wären. Dann sollte ich mich am Tigergehege aufhalten. An der Stelle wo ’n Kanal durch die Brüstung geht. Er hätte da was zu besprechen.«
Wieder machte Jimmy eine Pause, dann fuhr er leise fort: »Na, ich ging hin. Ich stand schon ’ne hübsche Weile und sah den Tigern zu, denn es sind wirklich prachtvolle Katzen, solange man vor ihnen durch eine solide Betonwand geschützt ist. Plötzlich hörte ich hinter mir ein Geräusch. Ich wollte mich noch umdrehen, da donnerte mir etwas auf den Schädel. Nur so auf die Seite. Wenn ich mich nicht hätte umdrehen wollen, wäre es mir mitten auf den Kopf gedonnert. Ich verlor das Gleichgewicht und stürzte über die Brüstung. Ich glaube, ich habe
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