0072 - Ich war kein Fraß für Tiger
grundlos, nicht ohne einen bestimmten Zusammenhang zu ihm selbst, Schmalfilme aufbewahrt, die obendrein von so eigenartiger Weise sind wie die Taucherfilme. Nun, wer hebt sich denn am ehesten Fotos und Filme auf? Doch der, der die Aufnahmen selbst gemacht hat! Also sagte ich mir, dass der Besitzer der Filme vielleicht gleichzeitig der Mann gewesen sein könnte, der sie aufgenommen hat. Wenn er mit automatischen Kameras gearbeitet hat, ist es nicht ausgeschlossen, dass er selbst gelegentlich auf dem Film erscheint. Ich wusste ja aber von Jerry, woher er die Filme hatte. Ich fuhr also zum Rathaus und suchte die Ausgabestelle für Führerscheine auf. Dort ließ ich mir die doppelten Passbilder der Gebrüder Hail leihweise geben. Nun verglich ich die Führerscheinbilder mit sämtlichen Großaufnahmen aller Männer auf dem Kutter, die unsere Lichtbildstelle während der Filmvorführung aufnahm. Und diese hier stimmen doch anscheinend überein. Also darf man annehmen, dass die Brüder Hail damals bei der Tauchergeschichte mit an Bord des Kutters waren.«
Wir sahen die Bilder an. Sams Gedankengang war logisch. Und die Ähnlichkeit der Bilder war frappierend. Dass es sich um die zufällige Ähnlichkeit verschiedener Männer handeln könnte, hielt ich nach Lage der Dinge für unwahrscheinlich.
»Gut«, nickte ich. »Das war gut gearbeitet, Sam. Die Hails sahen auf den Filmaufnahmen natürlich jünger aus. Das ist klar, denn die Tauchergeschichte kann ja durchaus schon ein paar Jahre zurückliegen. Vielleicht sogar noch länger. Aber eine überzeugende Ähnlichkeit ist nicht zu bestreiten. Daraus ergibt sich für uns, wie Sam schon sagte, dass die beiden Hails an Bord des Kutters waren, als man unten auf dem Meeresgrund einen der Taucher ermordete. Die Hails waren also in eine ungewöhnliche Mordgeschichte verwickelt. Jetzt sind sie selbst auf eine so ungewöhnliche Weise ermordet worden. Das deutet meiner Meinung nach schon wieder auf einen neuen Zusammenhang. Vielleicht sind Freunde oder Angehörige des damals ermordeten Tauchers auf seine Mörder aufmerksam geworden und wollen sich jetzt rächen. Vielleicht ist diese ganze Erpressergeschichte mit den ehewidrigen Verhältnissen nichts als ein Vorwand gewesen, um die Hails in den Zoo zu locken, damit man sie dort ebenso brutal umbringen konnte, wie seinerzeit der Taucher umgebracht wurde?«
Die anderen sahen mich verblüfft an.
»Donnerwetter!«, staunte Whalt. »Das ist ein verdammt fantastischer Gedanke!«
»Aber nicht so fantastisch, dass er nicht noch von der Wirklichkeit übertroffen werden könnte!«, sagte Sam. »Ihr wisst alle, was für tolle Sachen wir schon in unserem Beruf erlebt haben. Und über eines wollen wir uns klar sein: Keine Möglichkeit darf von uns von vornherein als unwahrscheinlich ausgeschaltet werden. Ich schlage vor, wir gehen auch der von Jerry angedeuteten Möglichkeit nach. Erweist es sich als Irrtum, nun gut, dann werden wir es ja merken. Ist aber tatsächlich etwas dran, dann haben wir sie jedenfalls nicht unter den Tisch fallen lassen. Was erhoffst du dir von Washington, Jerry?«
Ich zuckte die Achseln.
»Die haben doch dort Spezialisten für alles Mögliche. Vielleicht kann man den Küstenstreifen, der einmal im Hintergrund eines Films erscheint, in Washington identifizieren. Wenn wir den Ort wüssten, von dem diese ganze Taucherexpedition ausgegangen ist, könnten wir von dorther versuchen, herauszufinden, wer alles an der Sache beteiligt war.«
»Das ist wahr«, sagte Ben. »Aber es ist ziemlich unwahrscheinlich, dass man in Washington anhand eines Fotos sagen kann, welcher Küstenstrich von insgesamt 19 000 Kilometer Küstenlänge der USA es sein könnte.«
Ich zuckte die Achseln.
»In Washington sitzt auch das Verteidigungsministerium, und die haben genaue Karten und wahrscheinlich auch Bilder von jedem Fleckchen, das sich rühmen darf, zu den USA zu gehören. So aussichtslos ist das also nicht. Aber bis die Antworten aus Washington eingehen, können wir uns schon mit den Morden im Zoo beschäftigen. Ich schlage vor, dass wir morgen früh eine Einteilung vornehmen, wer von uns sich mit was beschäftigen soll. Heute Abend können wir doch nichts mehr unternehmen. Also macht Feierabend.«
Sie waren einverstanden und verabschiedeten sich. Ich rief nach ihrem Weggang im Krankenhaus an, erhielt aber nur den Bescheid, dass es Phil etwas besser gehe, er jedoch noch keinen Besuch empfangen dürfe.
In einem Speiserestaurant in der
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