0073 - Der Satansfjord
Ursprungs«, behauptete Suko.
»Ganz sicher«, erwiderte ich und drehte den Suchscheinwerfer zur Küste. Er richtete jedoch nichts aus. Wir waren noch zu weit entfernt, und die Luft war nebelig. Die feinen Wassertropfen, die vom Wind über die Wellen getrieben wurden, legten einen zusätzlichen Schleier zwischen uns und das unerklärliche Phänomen.
»Da kommt mir eine Idee«, murmelte ich mit zusammengebissenen Zähnen.
»Was ist los?« schrie Suko. Durch den Lärm hatte er mich nicht verstanden.
Ich schaltete den Suchscheinwerfer aus. Suko protestierte lautstark, doch ich kümmerte mich nicht darum. Statt dessen hielt ich mein silbernes Kreuz hoch, das wie immer an der Halskette baumelte.
Wenn diese leuchtenden Augen Dämonen gehörten, würde ihnen das Kreuz sicher unangenehm sein. Es ließ sich nie im vorhinein bestimmen, wie diese Waffe des Guten wirkte. Ich wußte nur mit Sicherheit, daß wenige Helfer der Hölle von seiner Wirkung unbeeindruckt blieben.
Jetzt schrien Suko und ich gleichzeitig erstaunt auf. Direkt vor uns ragte eine steile Klippe aus dem Wasser. Auch auf der fast senkrechten Felswand schimmerten die Teufelsaugen.
Doch dann erlosch ein Augenpaar nach dem anderen, als wäre es ausgeknipst worden. Und zwar genau in Kreuzform!
Innerhalb weniger Sekunden zeichneten sich auf der Klippe ein riesiges, von der See bis zur Spitze reichendes schwarzes Kreuz ab, während der übrige Raum von den glühenden Augen erfüllt blieb.
Probeweise ließ ich mein Kreuz unter dem Hemd und dem dicken Pullover verschwinden. Sekunden später funkelten überall die Augen auf. Das Kreuz löschte sie erneut aus.
»Das ist der Beweis!« rief Suko. »Dämonen!«
Wir waren inzwischen so nahe herangekommen, daß der Scheinwerferkegel die Küste erreichen mußte. Ich schaltete den Suchscheinwerfer ein und richtete ihn neu aus.
Mir blieb buchstäblich die Spucke weg.
Von den Felsen und Wiesen der Küste war nichts zu sehen, weil sich dicht an dicht Tierleiber drängten.
Rentiere.
Vor Überraschung vergaß ich für einen Moment, auf die anrollenden Wellen zu achten. Das rächte sich bitter.
Ein Brecher schlug über unser kleines Boot und deckte uns nicht nur mit einem neuen Schwall eiskalten Wassers ein. Er drehte das Boot auch, daß es hilflos wie eine Nussschale auf den Wellen tanzte und manövrierunfähig wurde.
Diesen Moment nutzten die Rentiere aus.
Zuerst sah ich nur, daß sich die glühenden Augen in Bewegung setzten und rasend schnell auf die Meeresoberfläche zustürzten. Dann hörte ich das ohrenbetäubende Klatschen und Rauschen, als die Tierkörper in das Wasser eintauchten. Und als der Scheinwerferkegel zufällig über die Klippe strich, erkannte ich, daß kein einziges Tier zurückblieb.
Wie die Lemminge stürzten sie sich in das Meer, das sich in eine auf und ab wogende, grün leuchtende Fläche verwandelte, grün von den glühenden Augen.
Die Rentiere griffen an!
»Wir müssen hier weg, John!«
Suko krallte sich an meiner Schulter fest und deutete aufgeregt nach vorne. Ich hatte es auch schon gesehen. Die Rentiere, in denen der Satan steckte, schnitten uns nicht nur den Rückweg sondern auch die Weiterfahrt ab. Zangenförmig schwammen sie auf die offene See hinaus, so daß wir auch dorthin nicht entkommen konnten.
Uns blieb nur noch ein Ausweg, und der gefiel mir gar nicht.
»Die Klippen!« rief ich meinem Partner zu.
»Willst du uns umbringen?« Suko packte den Suchscheinwerfer und ließ ihn kreisen.
Rings um uns schien das Wasser zu kochen. Die Rentiere hatten nun schon vollständig den Weg zum offenen Meer versperrt. Ein Ende der Körperflut war nicht abzusehen. An ein Durchkommen mit dem Boot war nicht mehr zu denken.
»Wenn sie uns einschließen, zerquetschen sie uns wie ein Papierschiff!« Meine Finger krallten sich um das Ruder. Ich zog das Boot herum und hielt genau auf die Klippen zu.
»Sie wollen doch nur, daß wir dort zerschellen!« rief Suko heiser. »Siehst du das, John? Sie formen eine richtige Gasse!«
Er hatte recht. Auf einem schmalen Streifen lag das Wasser noch frei vor uns. Sogar die Wellen wurden schwächer, donnerten aber immer noch gischtend gegen die Klippen.
»Zieh das an!« Suko half mir in eine Schwimmweste und streifte sich selbst eine über. »Und viel Glück, John!«
»Das können wir beide brauchen«, erwiderte ich heiser und starrte wie hypnotisiert auf den hellen Fleck, den der Suchscheinwerfer auf die nassen Felsen warf. Das Licht tanzte auf und ab,
Weitere Kostenlose Bücher