0076 - Oase der Verfluchten
hatte Anwari einkerkern lassen. Desgleichen die Ratgeber des ermordeten Scheichs. Es gab eine Clique, die mit Anwari an die Macht kam. Anwari hatte seinen Handstreich schon lange vorher überlegt und geplant.
Ein Schritt folgte dem anderen. Sakaka, die Hauptstadt des Scheichtums Asch Schamar, wurde von einer Welle des Terrors und des Schreckens überrollt, gegen die es keinen erfolgreichen Widerstand gab. Innerhalb weniger Stunden hatte Anwari die Schlüsselpositionen mit seinen Vertrauensleuten besetzt, mit verbrecherischen, ausbeuterischen und krankhaft ehrgeizigen Männern.
Sie hätten auch die Interessen des Teufels vertreten, hätte er ihnen Machtposition und Reichtum gegeben. Anwari hatte die Schatzkammern öffnen und viel Geld verteilen lassen. Er hatte der Bevölkerung ein paar Zugeständnisse gemacht und einen allgemeinen Aufschwung versprochen.
Deshalb war es eine große Enttäuschung für ihn, als er die abweisenden Mienen der Menschen am Straßenrand sah, ihren Haß, ihre Abneigung und ihren ohnmächtigen Zorn bemerkte. Ein Panzerspähwagen fuhr vor dem Autokonvoi des neuen Scheichs her.
Dann kamen zwei Motorräder, auf denen zwei Männer mit orangeroten Sturzhelmen und mit khakibraunen Uniformen saßen. Sie trugen Shorts, schwere Pistolen und hatten Schnellfeuergewehre umgehängt.
Im vordersten Wagen saßen sechs Palastgardisten mit hellen Burnussen, bis an die Zähne bewaffnet. Es waren Überläufer. Dann folgte der Cadillac mit Anwari al Dschabir. Neben dem Chauffeur saß ein schwarzbärtiger Leibwächter.
Hinten im Wagen stand Anwari, angetan mit einem schneeweißen Burnus. Er wirkte wie ein Triumphator. Zu seiner Rechten aber saß, als Sinnbild der Macht, über die er verfügte, und als Mahnmal und Drohung für Hitzköpfe und Unverbesserliche, Samir, der Schreckliche. Die Mordmumie mit dem schwarzen Burnus starrte aus ihren leeren Augenhöhlen in die Menge.
Anwaris Cadillac folgten sechs weitere Wagen mit seinen Günstlingen und Männern, die durch den Umsturz an die Macht gekommen waren. Den Abschluß machten wieder ein Wagen mit Palastgardisten und zwei Polizisten auf schweren Motorrädern.
Sakaka war eine kleine Wüstenstadt mit nur einer Hauptstraße, die zu beiden Seiten von Palmen gesäumt war. Am Straßenrand und unter schattigen Arkaden drängten sich die Einwohner von Sakaka. Anwari hatte über den Rundfunk und durch Ausrufer verkünden lassen, daß jeder bei der Eröffnungsparade anwesend zu sein hätte.
So waren sie alle gekommen, Männer mit Burnussen und arabischen Gewändern, verschleierte Frauen und eine Menge Kinder, die meisten davon barfuß. Sehnige Beduinen betrachteten den Konvoi mit grimmigen Gesichtern, die Hand am Dolch oder Säbelknauf. Keiner von den Männern trugen sichtbar eine Schußwaffe, ein Recht, das sonst für die Beduinen selbstverständlich war.
Aber Anwari hatte es verboten, bewaffnet in der Stadt zu erscheinen. Er hatte noch mehr verboten und war auf dem besten Weg, eine Diktatur und Willkürherrschaft zu errichten. Er hatte gedacht, das Volk würde ihm zujubeln, und ihn als starken Mann feiern.
Aber da waren nur Haß, Angst und Schweigen. Lediglich ein paar bezahlte Applaudierer und einige Halunken, die sich von Anwaris Herrschaft Vorteile erhofften, schrien Beifall. Angesichts der schweigenden absoluten Mehrheit wirkte ihr Geschrei kläglich. Als er am Basarviertel vorbei fuhr, flogen Unrat und faule Früchte von zwei Flachdächern auf Anwaris Konvoi nieder.
Anwaris Gesicht verzerrte sich zur Fratze, als eine faule Apfelsine und ein Ball aus Kamelmist ihn getroffen hatten. Er ließ den Konvoi stoppen. Seine Stimme gellte über die Straße.
»Das sollt ihr bereuen, ihr Hunde und Hündinnen! Ich hatte vor, euch straff an die Kandare zu nehmen. Aber jetzt werde ich euch mit Skorpionen geißeln. Ihr werdet mir schon noch zujubeln, und wenn ich euch eigenhändig dazu peitschen muß!«
Das Schweigen und die Ablehnung war wie eine Mauer. Anwari ließ die Häuser, von deren Flachdächern der Unrat geworfen worden war, vom Panzerspähwagen mit dem Maschinengewehr beschießen. Aber die jungen Burschen, die geworfen hatten, waren längst verschwunden. Anwari schickte Männer von der Palastgarde in die beiden Häuser.
Sie fanden sie von allen Bewohnern verlassen. Da ließ Anwari wahllos zwei Männer, eine Frau und ein Kind aus der Menge greifen. Er drehte seinen Ring zweimal.
»Söhne des Windes, erscheint!« befahl Anwari.
Es zischte und brauste, die
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