0076 - Oase der Verfluchten
das Amulett und palaverten in ihrem Dialekt. Dann hängten sie Zamorra, Nicole und auch Bill Fleming ein Tuch um und führten sie zur Oase zurück.
»Was soll denn der Unsinn?« fragte Bill Fleming ärgerlich. »Erst raus aus den Kartoffeln, dann rein in die Kartoffeln. Eben wollten sie uns noch den Garaus machen, jetzt behandeln sie uns wie rohe Eier.«
Zamorra antwortete nichts, und auch Nicole schwieg. Kinder und kläffende Hunde liefen hinter der Gruppe her, die Zamorra, Nicole und Bill zum Zelt des Scheichs führte. Zwei Beduinen führten Zamorra unter das Sonnendach. Ohne die vorher praktizierte Prominentenwartezeit eilte der Scheich herbei.
Er schaute Zamorras Amulett an, befühlte es und wandte sich aufs Höchste erstaunt an den Professor. Nabila, die im Hintergrund beim Zelteingang stand, dolmetschte.
»Warum hast du nicht gleich gesagt, daß du der Träger des Siegels Salomos bist, Effendi?« fragte Nabila. »Abd el Bakr ist bestürzt, daß er dich dem Tod überantworten wollte. Der Träger des Siegels ist ein Auserwählter. Wer die Hand gegen ihn erhebt, auf den fällt ein Fluch.«
Zamorra war es jetzt, der staunte. Er wußte nichts Genaues über die Herkunft seines Amuletts. Leonardo de Montagne, sein fluchbeladener Vorfahr, hatte es als Kreuzfahrer im Nahen Osten erbeutet. Der Ursprung des Amuletts blieb im Dunkeln. Eine Zeitlang hatte Zamorra geglaubt, der sagenhafte Zauberer und Magier Merlin habe es hergestellt.
Doch das Amulett stammte mit Bestimmtheit aus einer Zeit, die weit vor der Merlins lag. Ob es wirklich vom König Salomo herrührte, der ein mächtiger Magier und Dämonenbanner gewesen sein sollte?
»Du kennst dieses Amulett?« fragte Zamorra den Scheich, und Nabila übersetzte die Frage und die Antwort.
»In alten Legenden und Überlieferungen ist vom silbernen Talisman die Rede«, sagte der Scheich. »Sein Träger ist immer ein Auserwählter, ein Kämpfer gegen die Mächte der Finsternis. Aber es soll auch schon vorgekommen sein, daß ein Träger des Amuletts den bösen Kräften unterlag und selber ein Dämon wurde.«
Er hatte recht. Genauso war es Leonardo de Montagne ergangen. Scheich Ad el Bakr wußte auch nichts Bestimmtes über das Amulett. Sein Ursprung würde weiter unbekannt und rätselhaft bleiben. Aber immerhin hatten die alten Legenden, die sich um den Talisman rankten, Zamorra und seinen beiden Begleitern das Leben gerettet.
Zamorra richtete sich kerzengerade auf.
»Ich trage das Amulett, das du das Siegel Salomos nennst, zu Recht, Scheich«, sagte er. »Ich sagte bereits, daß ich gegen die Mächte der Finsternis kämpfe, aber du hast mir anscheinend nicht geglaubt. Bist du jetzt bereit, mich zu unterstützen?«
Der Scheich antwortete durch Nabila.
»Ihr seid meine Gäste. Aber helfen kann ich euch nicht, ich muß unparteiisch bleiben. Der Waffenstillstand zwischen dem Schwarzen Fakir und den Ben Nafud ist feierlich besiegelt. Ich würde meine Ehre und mein Ansehen verlieren, wenn ich ihn verletzte. Immerhin will ich euch Reittiere und Proviant zur Verfügung stellen und euch ziehen lassen. Ein Träger des Siegels Salomos wird nicht auf die Hilfe der Ben Nafud angewiesen sein, die nichts als einfache Wüstensöhne sind.«
Das war eine diplomatisch verpackte Zurückweisung, mit der Zamorra sich vorerst zufriedengeben mußte. Er wurde ins große Zelt des Scheichs gebeten, Nicole und Bill Fleming desgleichen. Waschwasser wurde angeschleppt, dann erhielten die drei arabische Gewänder. Zamorra und Bill Fleming kleideten sich in lange Dschellabas, Nicole in ein nabelfreies Haremskostüm, bestehend aus weiten Hosen, einem Brustjäckchen und einem Gesichtsschleier.
Gewaschen und wegen der grellen Sonne, des Sandes und der Hitze gesalbt, sah sie hinreißend aus. Eine Sklavin des Scheichs hatte ihr geholfen, sich zu waschen und herzurichten, ein Sklave Zamorra und Bill Fleming.
Als die drei fertig waren, stand bereits eine reichgedeckte Tafel bereit. Abd el Bakr, seine beiden Söhne und seine Tochter Nabila sowie ein halbes Dutzend der führenden Männer vom Stamm der Ben Nafud erwarteten die drei ausländischen Gäste.
Hinter einer Tuchwand spielte schrille arabische Musik. Zwei von den Frauen des Scheichs lugten hin und wieder neugierig hinter dem Vorhang hervor. Zamorra, Nicole und Bill ließen sich nicht lange bitten und langten kräftig zu.
Immer neue Gänge wurden von zwei Sklavinnen und einem Sklaven aufgetragen. Das Essen zu verweigern, wäre unhöflich
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